Wenn also Bundespräsident Alexander Van der Bellen länger als 23.00 Uhr im Schanigarten eines Restaurants bleibt, oder Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bei einem medienwirksamen Auftritt im Kleinwalsertal zahlreiche Personen anlockt, die dann die Abstandsregelungen missachten, dann zehrt das an der Akzeptanz für die Coronavirus-Maßnahmen.
Vorbildfunktion von Politikern
„Was wir in unseren Analysen beobachten konnten, war, dass sich die Leute sehr stark am Verhalten anderer orientieren, wenn sie unsicher sind und keine Fehler machen wollen“, sagte Quinz, die mit einem Team unter dem Namen Aucoras die Auswirkungen der Coronavirus-Krise auf die Bevölkerung erforscht, im „Wien heute“-Interview. Eine besondere Vorbildfunktion haben dabei natürlich Personen, die in der Öffentlichkeit stehen.
Soziologisch betrachtet, ist es für die Einhaltung der Maßnahmen zentral, „dass sie den Menschen gerechtfertigt erscheinen. Das ist schwierig, wenn die Botschaften widersprüchlich sind.“ Aber auch grundsätzlich würde das Einhalten der Maßnahmen immer schwieriger. In ihren Untersuchungen hab sich gezeigt, „dass im Verlauf der Zeit die Maßnahmen und deren Verhältnismäßigkeit zunehmend infrage gestellt wurden“.
Kritik an Jungen nicht unbedingt gerechtfertig
Das liege vor allem daran, dass es Menschen generell schwerfällt, soziale Kontakte einzuschränken. In ihrer Analyse hat Quinz Interviews geführt und Tagebucheinträge ausgewertet. Dabei sei aufgefallen, „dass sich die Menschen in Österreich zu Beginn sehr strikt an die Maßnahmen gehalten haben und das, obwohl das mit sehr starken Einschränkungen und auch Belastungen verbunden war“.
Doch bald sei klar gewesen, dass es nicht bei den Videochats bleiben würde. Aktuell wird regelmäßig von Menschenmassen am Donaukanal, Karlsplatz oder anderen öffentlichen Plätzen berichtet. In der Kritik stehen häufig die Jungen. Quinz relativiert diese Kritik: „Natürlich spielt das Alter da auch eine Rolle, derzeit wird sehr viel über die Jungen gesprochen, weil sie im öffentlichen Raum sichtbarer sind. Das heißt aber nicht, dass es eine Frage des Alters ist.“