Theater- und Opernregisseur, Theaterdirektor, Schauspieler, Komiker, Menschendarsteller, Vorleser und Publikumsliebling: Es sind zahlreiche Funktionen, in denen Schenk tätig ist, aber noch viel mehr Rollen, die er im Laufe seines Bühnenlebens gespielt hat: vom Gendarmen in Karl Schönherrs „Karrnerleut“ beim Debüt 1947 über den Zauberkönig in „Geschichten aus dem Wiener Wald“ (1994) bis hin zu einer Hauptrolle im Fernsehfilm „Vier Saiten“, in der er erst kürzlich einen grantigen, ehemaligen Starcellisten spielt, der sich für einen jungen, talentierten Syrer einsetzt.
Der alte Kammerdiener Firs in Amelie Niermeyers unkonventioneller Tschechow-Inszenierung ist die vielleicht letzte große Rolle des Josefstadt-Doyens an dem Theater, das er von 1988 bis 1997 geleitet hat. Als Relikt vergangener Zeiten irrt er dabei immer wieder verloren durch das hektische Bühnentreiben, ein Gespenst, das im Begriff ist, sich zu entmaterialisieren. Coronavirusbedingt ist die Festvorstellung von „Der Kirschgarten“ samt Feier im Theater in der Josefstadt jedoch abgesagt. Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger versprach, die Inszenierung im September wieder aufzunehmen.
Debüt als Gendarm im Theater der Jugend
Geboren wurde Otto Schenk am 12. Juni 1930 in Wien als Sohn eines Notars und einer aus Triest stammenden Verkäuferin und Geschäftsleiterin. Sein Bühnendebüt feierte er bereits 1947 als Gendarm in Karl Schönherrs „Karrnerleut“ im Theater der Jugend, das damals in der Urania untergebracht war. Beim Vorsprechen am Max-Reinhardt-Seminar als Zettel überzeugte er u. a. die große Helene Thimig. Mit einer Gruppe gleichgesinnter Theaterenthusiasten übernahm er in dieser Zeit auch das Parkring-Theater und landete mit Erich Neubergs Inszenierung von Becketts „Warten auf Godot“ einen großen Erfolg.
Aus den Kellertheatern wechselte er Mitte der 50er Jahre über das Volkstheater ans Theater in der Josefstadt. Den Durchbruch als Regisseur feierte er 1960 mit seiner Josefstadt-Inszenierung von Eugene O’Neills „O Wildnis!“. Es folgten Horváth-Inszenierungen an den Münchner Kammerspielen („Geschichten aus dem Wiener Wald“, 1966), Regiearbeiten am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, bei den Salzburger Festspielen – u. a. Shakespeares „Was ihr wollt“ (1972) und „Der Zerrissene“ (1982, mit sich selbst als Gluthammer) – und an der Burg. Sein Schauspieldebüt am Burgtheater gab er erst 1996 als Hohes Alter in Raimunds Zaubermärchen „Der Bauer als Millionär“.
Publikumsliebling Otto Schenk wird 90
Mit Otto Schenk wird eine Institution des österreichischen Kulturlebens am heutigen Freitag 90 Jahre alt. Mehr als 70 Jahre davon hat Otto Schenk auf der Bühne verbracht. Der Schauspieler, Regisseur, Komiker und ehemaliger Theaterdirektor ist trotz eines Sturzes wohlauf und will im Herbst wieder mit Lesungen auf der Bühne auftreten.
Weltkarriere als Opernregisseur
„Ich bin ein schwerer, träger Mühlstein, und immer wieder hat es Leute gegeben, die dieses Mühlrad bewegt haben“, kokettierte Schenk einmal mit der eigenen Trägheit, die so schlimm nicht sein konnte, wenn er im Rückblick auf rund 170 Inszenierungen kommt, die er im Laufe seiner langen Karriere geschaffen hat. Als Opern-Regisseur gelang ihm sogar eine Weltkarriere. Die führte ihn vom Salzburger Landestheater über die Staatsoper und die Salzburger Festspiele bis an die New Yorker Met. Dort debütierte Schenk 1970 mit „Fidelio“ und brachte 2009 noch einmal seinen „Ring des Nibelungen“ (1986-88) auf die Bühne.
An der Met, seiner zweiten Heimat, brach er für eine Zusammenarbeit mit Anna Netrebko 2006 auch seinen Eid, sich endgültig von der Regie zurückzuziehen, und inszenierte Donizettis „Don Pasquale“. In Wien behält der neue Staatsoperndirektor Bodgan Roscic die legendäre „Rosenkavalier“-Inszenierung Schenks aus dem Jahr 1968 im Repertoire und lässt sie lediglich musikalisch auffrischen.
Auf der Bühne und vor der Kamera überzeugend
Schenk spielte auf der Bühne den „Bockerer“ (1984 im Münchner Volkstheater bzw. 1993 in der Josefstadt), überzeugte als Fortunatus Wurzel in „Der Bauer als Millionär“ (Salzburger Festspiele, 1987), als Volpone (1989), als Salieri in Shaffers „Amadeus“ (1991), als Zauberkönig in „Geschichten aus dem Wiener Wald“ (1994), als Molieres Geiziger (1995), als Rappelkopf in Raimunds „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ (Salzburger Festspiele, 1996), in Turrinis „Josef und Maria“ (1999) und als Thomas Bernhards Theatermacher (2006).

Seine Popularität in Österreich verdankt Schenk, der seit 1956 mit seiner Frau Renee verheiratet ist und mit ihr einen Sohn (den Dirigenten Konstantin, geb. 1957) hat, aber auch seiner regen Bildschirmpräsenz und seinen zahlreichen Lesungen und Soloabenden, die nach der derzeitigen Coronavirus-Zwangspause erst im Herbst fortgesetzt werden. Mit Kabinettstücken wie „Die Sternstunde des Josef Bieder“ (seit 1992) und „Othello darf nicht platzen“ (ab 1990) hat er sich vor allem als Komiker ins kollektive Gedächtnis eingeschrieben.
„Angst vor dem Tod? – Fragt mich das später!“
„Otti“ Schenk ist ebenso Kammerschauspieler wie Ehrenmitglied von Wiener Staatsoper und Theater in der Josefstadt, zum 80er wurde er auch „Bürger von Wien“. „Die Kunst, zum Lachen zu bringen, ist Otto Schenk wie kaum einem anderen gegeben. Weil dieses Lachen aber mit dem geheimen Erkennen menschlicher Fehlbarkeit verbunden ist, lieben ihn die Menschen“, hieß es 2000 in der Begründung für den Lebenswerk-Nestroy. „Otto Schenk hilft ihnen, im Lachen für Augenblicke ihre Ängste aufzulösen. Und tröstet sie damit über eigenes Missgeschick, eigene Schwächen hinweg. So ist er zum populärsten Schauspieler Österreichs geworden.“
„Es war nicht immer komisch“, hat er dagegen ein Erinnerungsbuch genannt, „Ich war nie darauf aus, dass es komisch wird. Ich war darauf aus, dass man mir glaubt.“ Zum Geburtstag ist ein weiteres Buch über Schenk erschienen. „Schenk – Das Buch“ zeichnet anhand vieler Fotos von Michael Horowitz „ein intimes Lebensbild“, wie es im Untertitel heißt. Schenk outet sich in dem Buch als „Menschenfresser“ und schließt mit einem Ausblick auf das unweigerlich kommende Lebensfinale: „Würde man mich fragen, ob ich Angst vor dem Tode habe, so würde ich antworten: Fragt mich das später!“
Publikumsliebling Otto Schenk ist 90
Eines der größten Genies der Wiener Kulturszene feiert heute Freitag seinen 90.Geburtstag: Otto Schenk. Er ist legendär als Komiker, etwa als Frosch in der Fledermaus, oder als Partner von Helmut Lohner; aber auch als ernster Schauspieler. Dazu war er Theaterdirektor und hat an den größten Häusern der Welt, wie der New Yorker Met, Opern inszeniert.
ORF gratuliert Otto Schenk
Der ORF würdigt Otto Schenk in zahlreichen Sendungen in Fernsehen, Radio und Online. In „Literatur am Feiertag“ in Ö1 sind zum Beispiel Ausschnitte aus Leseabenden, die unter dem Titel: „Sachen zum Lachen“, „Hoffnungslos heiter“ und „Nicht ernst zu nehmen“ Ende der 1960er Jahre auf Langspielplatte veröffentlicht wurden – mehr dazu in Ein Leseabend mit Otto Schenk, 1969.
Am Samstag, 13. Juni, ist in ORF III der „Höhepunkt der Otto-Schenk-Festspiele zum 90. Geburtstag“ zu sehen. Spielfilme, Theater, Oper, Operette, Sketches, ein Porträt und die Geburtstagsgala mit Michael Niavarani gehören dazu. Tagsüber gibt es Anekdoten und Spielfilme, im Hauptabend präsentiert „ORF III Spezial“ die „Lacherfolge mit Otto Schenk und Helmuth Lohner“ von den Festspielen Reichenau 2005.
Am Sonntag, 14. Juni, steht das umfangreiche Opern- und Theaterschaffen des Doyens der österreichischen Bühnenszene im Vordergrund.Ausklingen lässt ORF III den mehrtägigen Schwerpunkt im Hauptabend mit der Geburtstagsgala mit Michael Niavarani aus dem Jahr 2018 – mehr dazu in Alles Gute zum 90. Geburtstag Otto Schenk (ORF III).
Bundespräsident und Staatssekretärin gratulieren
Hochkarätige Glückwünsche kamen von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, auch Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) wünschte Schenk „das Allerbeste zum heutigen Geburtstag“.
Seit mehr als siebzig Jahren begeistere Schenk „als die prägendste Bühnenpersönlichkeit unseres Landes“ sein Publikum, und „das Publikum liebt Sie. Ihre Anziehungskraft ist ungebrochen. Und auch Ihr Wille zur Unterhaltung scheint das zu sein. Die Natürlichkeit und Authentizität Ihrer Auftritte und Ihre Ernsthaftigkeit im Humoristischen sind einzigartig“, so der Bundespräsident in einer Aussendung.
„Otto Schenk hat sich nicht nur als Schauspieler in die Theatergeschichte geschrieben, sondern besonders durch seine Inszenierungen an internationalen Bühnen. Er gehört seit sieben Jahrzehnten zu den prägendsten Gestalten der deutschsprachigen Bühnenwelt“, so Staatssekretärin Mayer über den Jubilar, als dessen Fan sie sich outete. „Otto Schenk hat den Geschmack ganzer Generationen sowohl gebildet als auch getroffen.“