Zug fährt in die U4-Station Karlsplatz ein.
Wiener Linien / Johannes Zinner
Wiener Linien / Johannes Zinner
Verkehr

Wiener Linien vermissen ihre Fahrgäste

Erwachsene wechseln vom Homeoffice ins Büro, Schülerinnen und Schüler der Oberstufe kehren in ihre Schulen zurück: Bei der Auslastung der öffentlichen Verkehrsmittel macht sich das aber kaum bemerkbar. Millionenverluste werden erwartet.

Zu 60 Prozent sind U-Bahnen, Busse und Straßenbahnen derzeit ausgelastet. Daran änderte auch das Öffnen der Oberstufen an den Wiener Schulen nichts, sagte Wiener-Linien-Sprecher Daniel Amman: „In den letzten Tagen haben wir jetzt keine zusätzlich großen Sprünge feststellen können, im Vergleich zu den vergangenen Wochen, wo es kontinuierlich immer ein bisschen aufwärts gegangen ist mit den Zahlen.“

Der letzte größere Sprung sei mit der Öffnung der Pflichtschulen vor zwei Wochen passiert. Um Engpässe in der Früh zu vermeiden, habe man mit den Schulen auch die Beginnzeiten abgesprochen. Noch dichtere Intervalle sind laut Amann jedenfalls nicht möglich. Die Wiener Linien verfügen nur über eine bestimmte Anzahl an Fahrzeugen. Wenn die Wiener Linien mit den dichtesten Intervallen fahren – „was wir derzeit tun“ – sind auch alle unterwegs. Sitzplätze seien noch sehr gut zu finden. Ein Mindestabstand gelte aber in „Öffis“ nicht, dafür ist aber ein Mund-Nasen-Schutz verpflichtend.

Info- und Ticketstelle in der U-Bahn-Station Stephansplatz
Wiener Linien / Manfred Helmer
Die Ticketshops der Wiener Linien könnten noch mehr Fahrscheine verkaufen

Zweistellige Millionenverluste erwartet

Für die Wiener Linien bedeuten weniger Fahrgäste natürlich auch weniger Einnahmen. Sie appellieren daher an die Wienerinnen und Wiener, das Auto stehen zu lassen und wieder mehr mit U-Bahn, Bus und Straßenbahn zu fahren – nicht zuletzt auch wegen der Klimakrise. Vor der Pandemie waren immer neue Rekorde bei den Fahrgastzahlen üblich, „von dieser Spitze sind wir dann plötzlich heruntergefallen“, sagte Wiener-Linien-Geschäftsführerin Alexandra Reinagl. In Zeiten der strengen Ausgangsbeschränkungen wurden in den „Öffis“ nur 20 Prozent der üblichen Auslastung gezählt.

Derzeit fahren laut Reinagl im Vergleich zu Zeiten vor dem Coronavirus rund die Hälfte der Leute mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Dass weniger Tickets verkauft würden, mache sich in „empfindlichen Einbußen“ bemerkbar. Sie rechnet mit einem Minus im zweistelligen Millionenbereich bis Jahresende. Dass die „Öffis“ allzu schnell wieder in gewohnter Intensität genutzt werden, glaubt Verkehrswissenschaftler Michael Cik von der TU Graz nicht. „Den Peak, den wir vorher hatten, werden wir so schnell nicht wieder erreichen“, prophezeite er einen „langwierigen Prozess“. Die Menschen hätten nach wie vor Angst vor dem Virus. Man könne nur mit laufender Information dagegenhalten.

Risiko nicht größer als anderswo

Um den Trend wieder umzukehren, bemüht sich das Unternehmen, die Angst vor einer Ansteckung bei den Fahrgästen zu nehmen. Einerseits verweist man auf die am 6. Mai präsentierte Studie der AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit), wonach bisher kein einziger Infektionscluster – also das Auftreten gehäufter Fälle – in „Öffis“ aufgetreten sei.

Andererseits holt man sich mit dem Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der MedUni Wien argumentative Schützenhilfe aus der Wissenschaft: „Natürlich gibt es keine Garantie für ein Nullrisiko.“ Aber die bekannten Sicherheitsmaßnahmen wie Maskenpflicht, regelmäßige Desinfektion der Fahrzeuge und Abstandhalten würden dazu beitragen, dass die Ansteckungsgefahr in „Öffis“ nicht größer sei als an anderen öffentlichen Orten. Die durchschnittliche Fahrzeit eines Passagiers beträgt zehn Minuten. Ein verstärktes Infektionsrisiko gilt derzeit ab einer Aufenthaltsdauer von 15 Minuten mit denselben Menschen in einem geschlossenen Raum.