Demonstration #BLACKLIVESMATTERVIENNA gegen Polizeigewalt am Freitag, 05. Juni 2020, vor der US-Botschaft in Wien.
APA/Hans Punz
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Chronik

Erneut Tausende bei Anti-Rassismus-Demo

Auch am Freitag haben wieder tausende Menschen in Wien gegen Rassismus und Polizeigewalt protestiert. Laut einer Schätzung der Polizei nahmen 8.500 Menschen an „#BLACKLIVESMATTERVIENNA“ teil. Zu einer kurzen Störung kam es durch Rechtsextreme.

Das von den rechtsextremen Aktivisten am Dach eines angrenzenden Studentenwohnheims angebrachte Plakat wurde schließlich von Bewohnern des Studentenheims unter dem großem Jubel der Demonstranten entfernt. Als die Rechtsextremen das Haus verließen, kam es zu einem kurzem Handgemenge. Dabei wurde laut Polizei eine Person leicht verletzt. Außerdem wurden am Rande der Versammlung Polizeikräfte mit Flaschen beworfen. Im Großen und Ganzen verlief die Demonstration aber friedlich.

„Irgendwas muss passieren“

Viele Leute hielten Schilder in die Höhe, so war neben „Black Lives Matter“ etwa „A change is coming“, „Kann nicht atmen“ oder „Wir sind auch Wien“ zu lesen. „Wir schwarzen Menschen sind solidarisch, egal wo wir sind“, sagte Imoan Kinshasa, eine der Organisatorinnen, zur APA. „Der Tod von George Floyd hätte uns alle treffen können. Wir demonstrieren aber auch dagegen, wie kürzlich ein Aktivist von der Polizei behandelt wurde.“

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Demonstration #BLACKLIVESMATTERVIENNA gegen Polizeigewalt am Freitag, 05. Juni 2020, vor der US-Botschaft in Wien.
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„Irgendwas muss passieren“, sagte Damien Agbogbe, der als erster Redner vor der US-Botschaft auftrat. „Ich habe den Traum gehabt, dass wir die Polizei als Freund und Helfer sehen werden. Fünf Wochen später hat man unseren Bruder Marcus (Omofuma, Anm.) umgebracht. Man hat ihm das Atmen verweigert und seine Peiniger waren drei österreichische Polizisten“, erzählte Agbogbe, der schon 1999 nach dem Tod des Asylwerbers während einer Flugzeugabschiebung aus Österreich Demonstrationen organisiert hatte. Seine Hoffnung sei gewesen, dass Abgeordnete der „sogenannten Großen Koalition“ aufstehen und etwas dagegen tun, so Agbogbe weiter. „Meine Hoffnungen wurden enttäuscht.“

Von der Botschaft setzte sich der Demonstrationszug in Richtung Votivpark in Bewegung. Auf der Währinger Straße, die von der Polizei aufgrund des großen Andrangs kurzfristig gesperrt worden war, knieten Tausende nieder, um ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen. Über dem Demonstrationszug kreiste ein Polizeihubschrauber. Auch bei der Abschlusskundgebung kam es dann noch zu einer kurzfristigen Störaktion. Die Polizei entfernte einen Mann, der die Redner lautstark beschimpfte, aber umgehend. Zum Ausklang traten unter anderem der Reggae-Musiker Anthony B und die Rapperin Soulcat E-Phife auf.

US-Botschaft dankt „für das Zeichen der Solidarität“

Schon im Vorfeld hatte die US-Botschaft in Wien in einer Aussendung den Demonstranten „für das Zeichen der Solidarität mit der amerikanischen Zivilgesellschaft“ gedankt. Die friedliche Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung sei eines der wichtigsten Freiheitsrechte und eine Österreich und die USA. „Wir stehen gemeinsam gegen Rassismus und Diskriminierung, nicht nur in den Vereinigten Staaten und Österreich, sondern weltweit. Die Vereinigten Staaten sind nicht perfekt, aber wir stehen immer für freie Meinungsäußerung und Bürgerrechte ein“, hieß es in der Stellungnahme der US-Botschaft.

Bereits am Donnerstag kamen 50.000

Bereits am donnerstag hatten rund 50.000 Menschen an einer Anti-Rassismus-Demo in der Wiener Innenstadt teilgenommen. Angemeldet waren zunächst 3.000 Personen, laut Polizei seien schließlich rund 50.000 Menschen gekommen. Die Demonstration stand ebenfalls unter dem Motto „#Blacklivesmatter“ – also „Schwarze Leben zählen“. Die geltende Ein-Meter-Abstands-Regel wurde dabei nicht immer eingehalten. Über die Einhaltung von CoV-Schutzmaßnahmen und deren Sinnhaftigkeit debattieren jetzt Politik und Behörden. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) kündigte dazu sogar einen runden Tisch am Montag an.

Günther Mayr (ORF) zu Verstößen gegen Abstandsvorschriften

Der Zeit-im-Bild-Wissenschaftsabteilung-Ressortleiter kommentiert die zehntausenden Verstöße gegen die Corona-Abstandsvorschriften bei der Black-Lives-Matter-Demonstration am Donnerstag in Wien.

Auf die Gefahr von Ansteckungen angesprochen, meinte Günther Mayr, Leiter der ZIB-Wissenschaftsredaktion, dass es zwei Faktoren gebe, die das Risiko minimieren. „Es hat im Freien stattgefunden auf einer doch großen Fläche“. Aber: "Insgesamt war es sicher ein unfreiwilliger Feldversuch, wichtig wäre jetzt, dass sich, wenn Menschen auf Demonstrationen waren und Symptome spüren, dass die sich schnell melden, ansonsten wird man sich die Daten ansehen und abwarten und hoffen darauf, dass möglichst wenige ihren Schlachtruf nächste Woche ändern müssen aus „Sars zwei, ich war dabei“.

Gast im Studio: Hans-Peter Hutter

Für den Umweltmediziner ist eine Demo mit tausenden Teilnehmern und Teilnehmerinnen keine wünschenswerte Situation. Es brauche auch für derartige Versammlungen Regeln und Konzepte, wie sie eben etwa für den Kulturbereich ausgearbeitet sind. Die Eigenverantwortung sei aber in jedem Fall auch gefragt.

Umweltmediziner Hans-Peter Hutter sieht die Demo als „Lehrbeispiel“, das man sich jetzt anschauen wird. „Dass es zu so großen Menschenansammlungen kommt, wünscht man sich als Epidemologe natürlich nicht“. Aber Hutter fordert im „Wien heute“-Interview keine neuen Einschränkungen, sondern „die üblichen Maßnahmen stringent einzuhalten“.