Mutmaßlicher Wiener IS-Käpfer Azad G.
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Chronik

IS-Kämpfer behält Staatsbürgerschaft

Der mutmaßliche Wiener IS-Kämpfer Azad G. behält die österreichische Staatsbürgerschaft. Die Stadt Wien wollte sie aberkennen, doch das Verwaltungsgericht Wien hat das nun abgelehnt, da Azad G. ansonsten staatenlos würde.

Azad G. hatte mehrfach für Schlagzeilen gesorgt: Ein Jahr nach seiner Ausreise 2013 nach Syrien kehrte er in seine Heimatstadt Wien zurück, um sich eine Schussverletzung mehrfach ambulant behandeln zu lassen. Während dieses Fronturlaubes kassierte er 14-mal 885,47 Euro Mindestsicherung. Dann reiste er wieder nach Syrien.

Nach Bekanntwerden des Falls wollte ihm die MA 35 die österreichische Staatsbürgerschaft aberkennen. Doch das Verwaltungsgericht Wien hat den Bescheid nun am 20. April aufgehoben, wie Beatrix Hornschall, die Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichtes Wien gegenüber „Wien heute“ bestätigte. Denn die Aberkennung der österreichischen Staatsbürgerschaft wäre nur möglich, wenn eine Doppelstaatsbürgerschaft vorliegt.

Azad G. kein türkischer Staatsbürger

Die MA 35 war davon ausgegangen, dass Azad G. österreichisch-türkischer Doppelstaatsbürger ist. „Wir haben unser Wissen aus den damaligen Einbürgerungsakten“, hieß es noch im Februar aus der MA 35 zu den laufenden Aberkennungsverfahren gegen mehrere mutmaßliche IS-Kämpfer.

Im Fall von Azad G. „gab erst im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien die Botschaft der Republik Türkei im Rechtshilfeweg bekannt, dass der Beschwerdeführer kein türkischer Staatsbürger ist. Anhaltspunkte für eine weitere Staatsbürgerschaft liegen nicht vor. Weil der Beschwerdeführer somit nur im Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft ist, kann ihm diese nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 33 Abs. 2 Staatsbürgerschaftsgesetz nicht entzogen werden, da er dadurch staatenlos werden würde“, so Hornschall.

Aufenthaltsort derzeit unbekannt

Laut Außenministerium ist der derzeitige „Aufenthaltsort von Azad G. nicht bekannt“. Er soll von kurdischen Soldaten gefangen genommen worden sein. Im Vorjahr war ein Video aufgetaucht, in dem er sagte: „Ich hoffe, Sie erkennen, dass ich reumütig bin.“

Im Fall einer Einreise droht Azad G. die Festnahme. Die Staatsanwaltschaft hat zahlreiche Festnahmeanordnungen gegen mutmaßliche IS-Kämpfer erlassen, hieß es aus dem Innenministerium. Aus dem Justizministerium heißt es dazu nur, dass „der Fall den österreichischen Strafverfolgungsbehörden seit Langem bekannt ist. Weitere Informationen können im derzeitigen Verfahrensstadium leider nicht erteilt werden.“

IS-Kämpfer Azad G. bleibt Österreicher

Vier mutmaßlichen IS-Kämpfern ist die österreichische Staatsbürgerschaft bisher entzogen worden. Beim prominentesten Fall jedoch, dem mutmaßlichen IS-Kämpfer Azad G., hat das Verwaltungsgericht Wien einer Aberkennung der Staatsbürgerschaft nicht zugestimmt. Der Mann bleibt Österreicher.

Stadt prüft weitere zehn Fälle

Bisher hat die MA 35 vier mutmaßlichen IS-Kämpfern rechtskräftig die Staatsbürgerschaft entzogen, teilte die Behörde auf Anfrage mit. Die Männer dürfen nun nicht mehr nach Österreich einreisen. Zwei Verfahren sind noch beim Verwaltungsgericht anhängig. „Es wurde den Beschwerdeführern jeweils aufgetragen, inhaltliche Mängel der Beschwerden zu beheben“, so Hornschall. Und weiters „prüft die MA 35 derzeit in zehn weiteren Fällen, ob die Voraussetzungen für eine Entziehung der Staatsbürgerschaft vorliegen“, so ein Sprecher.

Laut dem Verfassungsschutzbericht für 2018, der im Vorjahr präsentiert worden ist, hat sich die „Zahl der Dschihad-Reisenden aus Österreich im Vergleich zu 2017 nur unwesentlich geändert – und es gab weniger Rückkehrer als angenommen“, hieß es. Laut Verfassungsschutzbericht befanden sich Ende 2018 noch 107 ausländische Terrorkämpfer im Kriegsgebiet. Der Verfassungsschutzbericht für 2019 liegt noch nicht vor.