Wien von oben mit Votivkirche
ORF.at/Sonja Ryzienski
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Politik

Pläne für „autofreie City“ mit vielen Ausnahmen

So ganz autofrei, wie ursprünglich medial verbreitet, wird die Innere Stadt wohl doch nicht. Der Hebein-Figl-Plan sieht derzeit bis zu 27 Ausnahmen vor. Über die Details verhandeln die Grünen noch mit der Bezirks-ÖVP.

Laut Straßenverkehrszählung fahren täglich rund 17.000 Autos in die Innenstadt. Fahrverbote für die Innere Stadt gibt es bereits jetzt. So müssen etwa Reisebusse und LKW, länger als 12 Meter, draußen bleiben. Viele weitere könnten bald folgen.

Im Büro der grünen Verkehrsstadträtin Birgit Hebein und in jenem des Bezirksvorstehers der Inneren Stadt, Markus Figl (ÖVP), bestätigt man jedenfalls: Ja, man wolle das Zentrum Wiens „weitgehend zur autofreien Zone“ machen. Einige Details müssten aber noch geklärt werden, vor allem was die Ausnahmen betrifft. Ein weiterer Gesprächstermin ist für Dienstag angesetzt.

Innenstadt
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In die Wiener Innenstadt fahren täglich laut Verkehrszählungen rund 17.000 Autos

Es soll bis zu 27 solcher Ausnahmen geben. Etwa für die Anrainer mit rund 7.000 privaten Stellplätzen, Unternehmer mit Betriebsstandort City, Beschäftigte mit sehr frühen oder langen Dienstzeiten, Taxis, Hotels, Personen mit Behindertenausweis, Pflege- und Service-Dienste, Lieferverkehr sowie Zu- und Abfahrten zu Tiefgaragen. Klar ist mittlerweile auch: das Zufahren innerhalb des Rings soll weitestgehend beschränkt und von der Polizei überwacht werden.

Ludwig über Pläne von autofreier City verwundert

Verwundert über das Vorhaben, die Wiener Innenstadt weitgehend autofrei zu gestalten, ist man im Büro von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Man habe von Detailplänen nur aus der Zeitung erfahren.

Plan mit Bürgermeister nicht abgesprochen

Verwundert über das Vorhaben, den Autoverkehr aus der Innenstadt zu verdrängen, ist man im Büro von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Man habe von den Detailplänen des grünen Koalitionspartners aus der Zeitung erfahren.

Formal sei man auch nicht zuständig, heißt es aus dem Bürgermeisterbüro. Man hoffe aber, dass es keine Schnellschüsse gibt und sämtliche Betroffene – zum Beispiel auch Wirtschaftskammer und Tiefgaragenbetreiber – in die Verhandlungen eingebunden werden. Erst wenn die konkreten Pläne auf dem Tisch liegen, wolle man sich dazu äußern. Die Wiener Freiheitlichen schäumen und sprechen von Verrat an allen Autofahrern.

Vor oder nach der Wien-Wahl?

Unterschiedliche Auffassungen gibt es allerdings über den Zeitplan: Während es im Büro Figl heißt, man wolle das Projekt ordentlich aufsetzen und sich bis nach der Wien-Wahl im Herbst Zeit lassen, heißt es im Büro Hebein, man wolle das Projekt so schnell wie möglich, wenn geht noch im Sommer umsetzen.

Der Handelsverband fürchtet negative Folgen einer autofreien Wiener Innenstadt für Handel und Gastronomen. Um die Kunden nicht zu vergraulen, plädiert der Verband für eine Begegnungszone statt für eine autofreie Zone. Einmal mehr plädiert der Verband, der insbesondere die großen Handelsunternehmen vertritt, für eine Tourismuszone. Damit einher ginge auch die Sonntagsöffnung.

„Überraschend“ nannte den Hebein-Figl-Vorstoß der Wiener Wirtschaftskammerpräsident Walter Ruck. Ihm sei jedenfalls wichtig, dass auch die Kundenzufahrt und die Kundenabfahrt in den ersten Bezirk möglich ist, so Ruck.

VCÖ will auch auf Ring weniger Verkehr

Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) begrüßte die Pläne für eine Autoreduktion in der City am Montag ausdrücklich. VCÖ-Experte Michael Schwendinger forderte bei der Gelegenheit allerdings, den Verkehr auch gleich auf der Ringstraße deutlich zu reduzieren.

Weniger Parkplätze als Ziel

Verkehrsplaner Ulrich Leth von der Technischen Universität Wien ist mit der Beurteilung der Pläne noch vorsichtig. „Das hört sich gut an, aber es kommt auf die Umsetzung an, ob das auch als autofrei wahrgenommen wird“, gab der Experte zu bedenken. Als Schlüssel zur Verkehrsberuhigung sieht er die Parkplatzreduktion.

„Die Stellschraube ist der Parkraum“, sagte Leth. Denn dieser sei „Quelle und Ziel“ des Autoverkehrs. Würden Dauerparkplätze im 1. Bezirk reduziert, würde auch der motorisierte Verkehr zurückgehen. „Ziel müsste es also sein, das Parken – auch von Anrainern – so weit wie möglich zurückzudrängen bzw. in Garagen zu verlagern“, meinte der Verkehrsplaner: „Denn wenn der öffentliche Raum danach immer noch so ausschaut wie jetzt, hat man von autofrei nicht viel.“

Dass der Ring vom Ziel der autoreduzierten Innenstadt vorerst ausgeklammert werden dürfte, stört Leth nicht: „Ich sehe das unabhängig davon.“ Wobei man in nächster Zeit schon einmal darüber diskutieren sollte, „ob es noch zeitgemäß ist, um einen historischen Stadtkern eine drei- bis fünfspurige hochrangige Straße zu führen“.