FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer am Dienstag, 16. Juni 2020, im Rahmen der FPÖ Wien-Kundgebung „Wir sind das Gegengewicht“ in Wien
APA/Herbert Neubauer
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Politik

„Corona“ vs. Koran: Anzeigen gegen Hofer

Norbert Hofers Aussagen über den Koran könnten bald die Ermittlungsbehörden beschäftigen. Gegen den FPÖ-Chef wurden zwei Sachverhaltsdarstellungen wegen des Verdachts der Herabwürdigung religiöser Lehren sowie der Verhetzung eingebracht.

Eine Sachverhaltsdarstellung stammt von der neuen Partei der ehemaligen Nationalratsabgeordneten Martha Bißmann, die Liste Soziales Österreich der Zukunft (SÖZ). Grund seien Hofers Aussage vom Dienstag, wonach der Koran gefährlicher als „Corona“ sei, teilte Bißmann am Mittwoch via Aussendung mit. SÖZ habe am Mittwoch eine entsprechende Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Wien übermittelt. Dort konnte man die Anzeige gegenüber der APA vorerst nicht bestätigen.

Norbert Hofer und Dominik Nepp am Dienstag im Rahmen einer FPÖ-Wien-Kundgebung
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Norbert Hofer und Dominik Nepp am Dienstag bei der FPÖ-Wien-Kundgebung

„Unglaubliche Entgleisung“

Hofer hatte vor Anhängern auf dem Viktor-Adler-Markt im zehnten Bezirk gesagt: „Ich fürchte mich nicht vor Corona, Corona ist nicht gefährlich. Da ist der Koran gefährlicher, meine Lieben, als Corona“ – mehr dazu in religion.ORF.at. Das sei eine „unglaubliche Entgleisung“, so der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), Ümit Vural. Hofer beleidige die gesamte muslimische Bevölkerung. Die Staatsanwaltschaft Wien solle die Aussagen prüfen.

Auch die „Initiative muslimischer Österreicher-innen“ (IMÖ) zeigte Hofer an. In einer Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Wien, die der APA vorliegt, ist vom Verdacht der Verhetzung sowie der Herabwürdigung religiöser Lehren die Rede. Nicht nur Hofer sieht die Initiative als Verdächtigen, sondern auch die FPÖ als Veranstalter.

Muslime kein „Spielball der hetzerischen Politik der FPÖ“

Die designierte SÖZ-Spitzenkandidatin für die Wien-Wahl Bißmann sagte dazu, Hofers Aussagen seien „schlichtweg nicht die Art von Miteinander, wie wir in einer pluralen und solidarischen Gesellschaft zusammenleben möchten“. Auch SÖZ-Parteichef Hakan Gördü kritisierte, dass die FPÖ hier andauernd versuche „mit dem religiösen bzw. gesellschaftlichen Frieden zu spielen. Die österreichischen Muslime wollen sich hier nicht dauernd zum Spielball der hetzerischen Politik der FPÖ machen lassen.“

Scharfe Kritik übte am Mittwoch auch die SPÖ. „Hofers herabwürdigende Aussagen und skandalösen Vergleiche gegenüber der islamischen Religionsgemeinschaft sind vollkommen inakzeptabel“, sagte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch. Eine Entschuldigung Hofers erwartet sich der türkische Verband Atib, die Aussagen seien gegenüber muslimischen Mitbürgern „mehr als verantwortungslos“.

Nepp: „Vor eigener Tür kehren“

Zur Verteidigung Hofers rückte Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp aus, der sich derzeit im Wahlkampf befindet. Er richtete der IGGÖ, Atib „und den weiteren überflüssigen Gruppierungen“ aus, „vor ihrer eigenen Türe zu kehren“. Die Vereine steckten „tief im Islamistensumpf und ignorieren jegliche westliche Grundwerte wie Meinungsfreiheit oder Gleichberechtigung von Mann und Frau“. Ein Verbot solle daher „angedacht und geprüft werden“, so Nepp in einer Aussendung am Mittwochnachmittag.