Schild mit Text: „Bitte Abstand halten“
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Gesundheit

Mediziner warnt: Händeschütteln „noch zu früh“

Die Menschen in Österreich haben immer weniger Angst vor dem Coronavirus, zeigt eine Untersuchung der Uni Wien. Der Mediziner Hans Peter-Hutter befürchtet einen weiter zunehmenden „Schlendrian“ und warnt: Für Dinge wie Händeschütteln sei es noch zu früh.

Nur noch 8,4 Prozent der Menschen in Österreich sehen das Coronavirus derzeit als große oder sehr große gesundheitliche Gefahr für sich selbst an. Ende März waren es noch 26,5 Prozent – und seit damals sind die Zahlen kontinuierlich gesunken. Das ist eines der Ergebnisse der großangelegten Untersuchung der Universität Wien. Für dieses „Austrian Corona Panel“ wurden rund 1.500 Österreicherinnen und Österreichern wiederkehrend online befragt.

„Die subjektive Wahrnehmung einer Gefährdung ist einfach sehr weit unten. Das ist fast schon ein Alltagsrisiko geworden“, erklärt Untersuchungsleiter Bernhard Kittel vom Institut für Wirtschaftssoziologie an der Uni Wien. Daher sind viele Menschen auch bereit Vorsichtsmaßnahmen zu ignorieren, wie etwa Mindestabstände. Eine interessante Beobachtung in der Untersuchung: In Wien schätzen die Menschen die gesundheitliche Gefahr des Virus tendenziell noch niedriger ein als in den anderen Bundesländern.

Corona-Studie: Angst vor Virus sinkt

Die Menschen in Österreich haben immer weniger Angst vor dem Corona Virus und schützen sich daher auch immer weniger. Diese Annahme bestätigt eine großangelegte Studie der Uni Wien: Online wurden 1500 Personen seit Ende März immer wieder dazu befragt.

Regierung setzte laut Forscher zu sehr auf Verbote

Mitschuld am sorglosen Umgang der Bevölkerung ist aus Sicht von Kittel auch die Regierung, die stark auf Verbote und Strafen – weniger aber auf das Erreichen von Verständnis gesetzt habe. „Es wäre aus meiner Sicht besser gewesen, in einen viel stärkeren Dialog einzutreten und es als eine gemeinsame Sichtweise der Bevölkerung, die in Österreich lebt, zu entwickeln“, meinte der Wirtschaftssoziologie im Interview mit „Wien heute“. Das wäre nachhaltiger gewesen.

Hutter empfiehlt Maske in Geschäften „sehr dringend“

Sorgen macht die Entwicklung auch Hans-Peter Hutter, Facharzt für Hygiene an der Medizinischen Universität Wien. Es könne sein, dass die Lockerheit der Menschen im Umgang mit dem Virus weiter zunehme – und man diese Gefahr dann letztendlich völlig außer Acht lasse, befürchtet er im „Wien heute“-Interview.

Umweltmediziner Hans Peter Hutter zur Corona-Studie

Wird die Zahl der Infektionen wieder steigen? Dazu ist jetzt der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter zu Gast im „Wien heute“-Studio.

Nach wie vor sei es wichtig, Abstand zu halten und in bestimmten Situationen eine Maske zu tragen, betonte der Mediziner. „Das müssen wir automatisieren.“ Für Dinge wie Händeschütteln sei es noch zu früh. Hutter empfiehlt das Tragen eines Maske bzw. eines Mund-Nasen-Schutzes derzeit nicht nur dort, wo es Pflicht ist, also in den öffentlichen Verkehrsmitteln und im Gesundheitsbereich: „Wo wir sie freiwillig noch immer sehr dringend empfehlen ist schlichtweg in den Supermärkten, in den Geschäften. Warum? Es halten sich dort Risikogruppen auf – und wenn ich eine Maske anhabe, dann schütze ich diejenigen, die dort einkaufen.“

Einschätzung zu zweiter Welle vielleicht schon bald

Eine schwierige Gratwanderung sind für Hutter die angekündigten Lockerungen für Sportveranstaltungen mit bis zu 10.000 Zuschauern, etwa bei Fußballspielen. Es brauche dafür sehr gute organisatorische Konzepte, um die Sicherheit für so viele Menschen zu gewährleisten. Hier sei die Kreativität der Veranstalter gefragt.

Ob eine zweite Welle kommt, werde man möglicherweise schon bald sehen, meinte Hutter – durch die aktuellen Lockerungen, den zunehmenden Reiseverkehr und den eingekehrten „Schlendrian“. „Das alles wird in den nächsten Wochen zeigen, wie die Zahlen sich verändern.“