Namensschilder in der Garderobe einer Schule
APA/HANS KLAUS TECHT
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Chronik

Wenn Schüler in Wien nicht Deutsch sprechen

Mehr als die Hälfte der Wiener Schülerinnen und Schüler spricht abseits des Klassenzimmers nicht Deutsch. Das zeigen aktuelle Daten des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF). In einzelnen Bezirken ist der Anteil noch höher.

Im vergangenen Jahr hatte mehr als jeder zweite Schüler (52,5 Prozent) in Wien eine nichtdeutsche Umgangssprache. Das ist mit Abstand der höchste Wert im Bundesländervergleich, den zweithöchsten Wert verzeichnet Vorarlberg mit 26 Prozent, der Österreich-Durchschnitt liegt bei 26,5 Prozent.

Am Höchsten ist der Anteil in Favoriten mit 72,7 Prozent, darauf folgen Ottakring mit 69 Prozent und die Brigittenau mit 68 Prozent. Am niedrigsten ist der Anteil in der Inneren Stadt mit 25,3 Prozent.

„Sags Multi“: Mehrsprachigkeit in Wien

Mehr als die Hälfte der Wiener Schülerinnen und Schüler spricht abseits des Klassenzimmers nicht Deutsch. Das zeigen aktuelle Daten des österreichischen Integrationsfonds.

„Andere Sprachen haben sehr viel größeren Stellenwert“

Die Zahlen des Integrationsfonds würden aber nicht belegen, dass die Schülerinnen und Schüler kein Deutsch können, sagt Oliver Gruber von der Abteilung Bildungspolitik in der Arbeiterkammer. „Aber das andere Sprachen einen sehr viel größeren Stellenwert haben und deswegen ist ja auch die Empfehlung seitens der Sprachwissenschaft, diese Erstsprachen mitzunehmen“, sagt Gruber gegenüber „Wien heute“.

Häufiger ohne Pflichtschulabschluss

Jugendliche mit nichtdeutscher Umgangssprache, so die aktuellen Daten weiter, haben häufiger keinen Pflichtschulabschluss. 77,0 Prozent der Schüler an Polytechnischen Schulen und 75,6 Prozent an Neuen Mittelschulen (NMS) stammten aus einer Familie mit nichtdeutscher Umgangssprache. Im Vergleich dazu hatten 39,6 Prozent der Schüler an Allgemeinbildenden Höheren Schulen (AHS) und 38,3 Prozent der Schüler an Berufsbildenden Höheren Schulen (BHS) eine andere Umgangssprache als Deutsch.

„Weil wir sehen, dass die soziale Lage der Familie, welchen Bildungsstand haben die Eltern, welche finanziellen Möglichkeiten der Unterstützung haben die Eltern, dass das sehr viel stärker auf den Bildungserfolg der Schülerinnen und Schüler einwirkt, als die Umgangssprache“, sagt Gruber. Wenn Mehrsprachigkeit frühzeitig und gleichzeitig gefördert wird, werde Deutsch auch nicht zur Hürde für den Bildungserfolg der Schüler.

Auch der Blick auf die Kinder unter sechs Jahren ergibt ein ähnliches Bild, wie jenes der Schülerinnen und Schüler. 2017/18 stammten circa 60 Prozent der Kinder in Wiener Kinderbetreuungseinrichtungen aus nichtdeutschsprachigen Familien, in Gesamtösterreich lag dieser Wert bei 33 Prozent. Besonders hoch war der Anteil der Kinder mit nichtdeutscher Umgangssprache in Wien mit 66,1 Prozent in Krippen und Kleinkindbetreuungseinrichtungen und mit 61,7 Prozent in Kindergärten.