Exiltschetschenen demonstrieren vor russischer Botschaft in Wien
APA/Hans Punz
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Chronik

Gerasdorf: Tschetschenen-Demo gegen Russland

Dutzende Tschetschenen haben am Dienstag friedlich vor der Botschaft Russlands demonstriert. Sie forderten Konsequenzen nach dem Mord an einem Exiltschetschenen in Gerasdorf. Russlands Präsident Putin wurde unter anderem als „Kriegsverbrecher“ bezeichnet.

Transparente mit Aufschriften wie „Russland ist kein sicheres Land für Tschetschenien“ und „Putin Mörder nach Den Haag“ wurden für die zahlreich erschienenen Medienvertreter in die Kameras gehalten. Mehrere Frauen skandierten minutenlang „Putin Terrorist“ und „Russland Terrorist“. „Die tschetschenische Community hat den Tod von Mamichan U. vorausgeahnt“, sagte eine Rednerin. Es habe sich um einen „politischen Mord“ gehandelt.

Der 43-Jährige hatte in den vergangenen Monaten auf seinem Videoblog den tschetschenischen Regionalpräsidenten Ramsan Kadyrow in regelmäßigen Beiträgen kritisiert und teilweise wüst beschimpft. Dafür habe er mit dem Leben bezahlt, mutmaßten die erschienenen Manifestanten, wobei sie die Letztverantwortung bei Russland und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sahen, der Kadyrow stütze.

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Exiltschetschenen demonstrieren vor russischer Botschaft in Wien
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18 Tschetschenen im Exil ermordet

Freie Meinungsäußerung müsse auch für Kadyrow- und Putin-Kritiker gelten, hieß es auf der Demo. Dieses Grundrecht komme auch Tschetschenen zu. 18 tschetschenischstämmige Flüchtlinge seien seit 2001 von „russischen Sonderdiensten“ im europäischen Exil erschossen worden. Nach dem jüngsten Mord verlangten die Demonstranten die Bestrafung der Täter bzw. Tatbeteiligten sowie Sicherheit für die Verwandten des Opfers.

Außerdem sollten Ermittlungen hinsichtlich einer möglichen Verwicklung der russischen Botschaft in Wien in die Bluttat begonnen werden. Darüber hinaus appellierten die Kundgebungsteilnehmer, die Abschiebung von Tschetschenen in ihre ursprüngliche Heimat müsse beendet werden, weil sie dort nicht sicher seien. Schon zuvor hatte auch der schwedische Ex-Regierungschef Carl Bildt eine „europäische Antwort“ auf Morde an Tschetschenen durch russische Agenten gefordert. Bildt sprach davon, dass russische Agenten hinter mehreren Mordanschlägen, wie zuletzt jenem in Gerasdorf, stecken.

Tschetschenen demonstrieren

Vor der Botschaft Russlands haben rund 60 Personen der tschetschenischen Gemeinschaft in Wien gegen Präsident Putin protestiert. Er stütze den Machthaber Kadyrow.

Mutmaßliche Mörder schweigen

Die beiden mutmaßlichen Mörder wurden gefasst. Sie sollen den Exiltschetschenen mit fünf Schüssen getötet haben. Sie sind polizeibekannt, schweigen zu der Bluttat aber beharrlich. Vor 15 Jahren suchten die beiden tatverdächtigen Tschetschenen in Österreich um politisches Asyl an. Wegen Betrugs, betrügerischer Krida, Diebstahls und Körperverletzung sind die Männer jedoch vorbestraft.

Wegen ihrer Vorstrafen läuft ein Aberkennungsverfahren. Der ältere der beiden mutmaßlichen Täter lebte zuletzt in Ansfelden in Oberösterreich. Der zweite, ein 37-jähriger Mann, ist im 2. Bezirk in Wien gemeldet. Gegenüber der Polizei schweigen beide, machen auch keine Angaben zu ihren Auftragsgebern.

WEGA bewachte Wohnung des Mordopfers

Fest steht bisher, dass auf das Mordopfer ein Kopfgeld ausgesetzt war. Der 43-jährige Ex-Polizist hat eine Haftstrafe wegen Schlepperei und falscher Zeugenaussage verbüßt. Nach seiner Entlassung hat er den tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow, der von Wladimir Putin unterstützt wird, mit seinem Videoblog wiederholt wüst beschimpft. Die WEGA hat seine Wohnung im 22. Bezirk bewacht. Personenschutz lehnte der Mann ab. In Österreich leben rund 35.000 Tschetschenen, die meisten sind als Flüchtlinge ins Land gekommen. Dem Vernehmen nach werden Kritiker von Kadyrow und seinem Netzwerk immer wieder bedroht.