Wahlurne
APA/dpa/Monika Skolimowska
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Politik

Die Lage drei Monate vor der Gemeinderatswahl

Am Samstag sind es genau drei Monate bis zur Wiener Gemeinderatswahl am 11. Oktober. Das Ende des roten Wien durch eine Koalition aus ÖVP, Grünen und NEOS sorgt als Gerücht für Hochspannung. Doch rechnerisch geht sich das derzeit nicht aus.

Viele Wählerinnen und Wähler in Wien sind unentschlossen, wem sie ihre Stimme im Herbst geben wollen. Aktuelle Umfragen zeigen vor allem eines: Es gibt deutliche Zugewinne und deutliche Verluste bei den Parteien in Wien. Die SPÖ liegt laut den Umfragen stabil etwas unter dem Wahlergebnis von 2015 zwischen 37 und 38 Prozent. Sie ist zuletzt vor allem durch Maßnahmen gegen die Coronavirus-Pandemie aufgefallen, Stichwort Gastrogutschein. Die SPÖ fährt einen kantigeren Kurs gegen den grünen Koalitionspartner, zu merken etwa beim Verkehr wie Pop-up-Radwegen und autofreier City.

Die Grünen gehen ebenfalls immer mehr auf Konfrontation mit dem roten Koalitionspartner. Mit Kernthemen will Vizebürgermeisterin Birgit Hebein punkten, etwa beim Klima mit Gratis-„Öffis“ oder beim Sozialen mit der 35-Stunden-Woche. Laut Umfragen würden sie derzeit deutlich dazugewinnen und von zwölf auf 17 Prozent steigen. Das größte Plus laut aktuellen Umfragen könnte die ÖVP verbuchen, mit einem Sprung von neun auf 24 Prozent. Sie spielt in der Coronavirus-Zeit ein Doppelspiel. Lob und finanzieller Hilfe durch Spitzenkandidat und Finanzminister Gernot Blümel folgt Tadel durch Innenminister Karl Nehammer, etwa wenn es um polizeiliche Unterstützung in der Pandemie geht.

Drei Monate vor der Wien-Wahl

Am Samstag sind es noch genau drei Monate bis zur Wien-Wahl am 11. Oktober. Manche sagen, dass dann eine Koalition aus ÖVP, Grünen und NEOS kommen könnte. Das wäre nach mehr als 100 Jahren das Ende des roten Wien.

FPÖ um die zehn Prozent, Team Strache rund fünf Prozent

Für die FPÖ sehen die Umfragen nicht besonders gut aus, teilweise sogar nicht einmal zweistellig. Sie würde von rund 31 auf rund zehn Prozent abstürzen. Die FPÖ versucht unter anderem durch eine Plakatkampagne, den niedrigen Bekanntheitsgrad des Spitzenkandidaten Dominik Nepp zu steigern.

Ein ähnliches Problem hat NEOS, das mit jetzigem Stand den Wiedereinzug ins Rathaus mit sechs Prozent schaffen würde. Das Zünglein an der Waage könnte das Team Strache werden. Ob es der Ex-FPÖ-Chef ins Rathaus schafft, ist völlig offen, das Team wird bei rund fünf Prozent gesehen. Doch es sind nur Umfragen, und es ist auch ungewiss, wie sich die weitere Entwicklung der Coronavirus-Pandemie auf das Wahlergebnis auswirkt.

Koalition ÖVP, Grüne, NEOS bloß ein Gerücht?

Im Vorfeld der Wiener Gemeinderatswahl taucht immer wieder eine Dreierkoalition ÖVP, Grüne und NEOS auf. Diese Koalition käme nach den aktuellen Umfragen auf 47 Prozent. Eine absolute Mehrheit wäre das nicht, die wäre aber für den Politikwissenschaftler Peter Filzmaier rechnerisch wohl möglich. Er hält das aber für nicht sehr wahrscheinlich, „denn wenn alle Parteien in den Umfragen noch steigen, woher nehmen sie dann die Stimmen?“ Es würden sich die drei Koalitionäre wohl auch gegenseitig Stimmen wegnehmen. Abgesehen davon sieht Filzmaier auch tiefe Klüfte zwischen Grünen und NEOS bei Wirtschaftsthemen.

Gespräch mit Peter Filzmaier

Politologe Peter Filzmaier analysiert die in drei Monaten anstehende Wien-Wahl.

Dennoch sei das Gerücht für alle zumindest willkommen: Die betroffenen drei Parteien könnten ihren Wählern eine Regierungsperspektive aufzeigen. Und die SPÖ würde einen Gegner haben, denn die FPÖ ist nicht mehr der Gegner wie 2015, sagte Filzmaier im „Wien heute“-Studiogespräch. Und das Schreckgespenst einer Dreierkoalition verbunden mit dem damit verbundenen Ende des roten Wien könnte der SPÖ auch helfen, ihre Wähler zu mobilisieren. Eine stabile Dreierkoalition sollte laut Filzmaier nicht 51, sondern ein paar Mandate mehr haben. Je mehr Mandate aber das Team Strache erringen kann, desto schwieriger werde wohl die Bildung einer Dreierkoalition.