Eine Kundgebung von kurdischen und linken Aktivisten am Samstag, 27. Juni 2020, in Wien-Favoriten.
APA/Florian Schrötter
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Chronik

Demo in Favoriten: Verdächtige ausgeforscht

Im Vorfeld einer neuen Demonstration in Favoriten wurde am Freitag bekanntgegeben, dass bereits erste Tatverdächtige der vergangenen Unruhen ausgeforscht wurden. Bei acht Personen wurden Straftaten eindeutig zugeordnet.

Das haben Innenminister Karl Nehammer, Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) und der Wiener Landespolizeivizepräsident Franz Eigner bei einer gemeinsamen Pressekonferenz verkündet. Auch vier bis fünf Rädelsführer sind so gut wie identifiziert. Viele andere würden als Verdächtige geführt.

Acht Personen nach Unruhen in Favoriten ausgeforscht

Nach den Unruhen bei Demonstrationen in Favoriten zwischen Türken und Kurden hat die Polizei acht mutmaßliche Gewalttäter ausgeforscht.

Verdacht auf Spähaktion

Insgesamt gab es 30 Anzeigen gegen Unbekannt, ein Drittel sei nun ausgeforscht und man werde auch die anderen identifizieren, zeigten sich Nehammer und Eigner überzeugt. Zu dem vermuteten Einfluss des türkischen Geheimdienstes auf die Demonstrationen hielt sich Nehammer noch bedeckt. Es gebe den Verdacht, dass die Versammlung kurdischer und linker Aktivisten „ausgespäht und dokumentiert“ wurde. „Das macht in Österreich normal nur die Polizei. Hier sind wir mitten in den Ermittlungen.“

Kundgebung der Antifa in Wien-Favoriten am Freitag, 26. Juni 2020.
APA/Georg Hochmuth
Nach gewalttätigen Übergriffen bei einer Demonstration geht die Polizei von gezielten Aktionen aus

Als gesichert gelte, dass es Rädelsführer gegeben habe, die die Gewaltausbrüche bewusst gesteuert hätten. Bei allen Tatverdächtigen handle es sich um ausländische Staatsbürger oder österreichische Staatsbürger mit Migrationshintergrund. Laut Eigner waren neben der Hauptgruppe von Türken auch Afghanen und Syrer dabei. Ausgeforscht werden konnten auch drei Tatverdächtige mit türkischem Hintergrund, die einen kurdischen Journalisten krankenhausreif geprügelt haben.

Massive Polizeipräsenz bei neuerlicher Demonstration

„Wir sind überzeugt, dass die Demonstrationen bewusst von außen gestört und gelenkt wurden. Die Rädelsführer werden von uns sicher ausgeforscht werden“, sagte Eigner. Er erklärte weiters, dass die Tatverdächtigen ihre Gewaltausbrüche mit Frustration, dem türkisch-kurdischen Konflikt und Revierkämpfen vor der Polizei begründet hätten.

Nehammer und Eigner kündigten im Vorfeld der Versammlung am Freitagabend massive Polizeipräsenz an. „Die Versammlungsfreiheit ist für uns ein wichtiges Gut“ und deswegen werde man diese auch mit allen Mitteln schützen, so Nehammer. „Wir tolerieren keine Gefährdung.“ Es würden bei diesem „schwierigen Einsatz“ Hunderte Polizisten vor Ort sein und das werde auch „erhebliche Kosten“ verursachen, so der Innenminister.

Raab sieht „ausgeprägte Parallelstrukturen“

Integrationsministerin Raab will die Geschehnisse gesellschaftspolitisch aufarbeiten und hinterfragen, was Migranten der zweiten und dritten Generation dazu bewege, sich vom Ausland beeinflussen zu lassen. Man müsse die Rolle von Vereinen und Organisationen überprüfen. Sie sah die Gewaltausbrüche „nur als Spitze des Eisbergs“. Die Probleme darunter seien noch viel größer. „Wir haben bereits ausgeprägte gesellschaftliche Parallelstrukturen“.

Das zeige sich auch daran, dass die türkischen und kurdischen Vereinen das Gespräch verweigern und sich nicht gemeinsam an einen Tisch setzen wollen. Nehammer zeigte sich verärgert und enttäuscht darüber, dass die Vereine den Dialog verweigern.

Ludwig will mit aller Härte vorgehen

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sagte im Ö1-Mittagsjournal, man müsse mit aller Härte gegen Personen vorgehen, die durch Krawalle das friedliche Miteinander stören. Versäumnisse bei der Integration sieht er nur bedingt. „Man kann immer etwas besser machen, aber wenn man die Situation in Wien mit anderen Großstädten vergleicht, muss man sagen, haben wir doch sehr vieles richtig gemacht, das heißt aber nicht, dass es nicht Verbesserungsmöglichkeiten gibt.“

Die Grünen betonten unterdessen in einer Aussendung, dass sie eine Einflussnahme der Türkei auf Migranten in Österreich ablehnen. „Sollte sich der Verdacht weiter erhärten, dass der türkische Geheimdienst in den Angriff auf friedliche Demonstranten involviert war, müssen wir diese Einmischungsversuche in österreichische Angelegenheiten mit allen Mitteln unterbinden“, sagt die außenpolitische Sprecherin und Vize-Klubobfrau, Ewa Ernst-Dziedzic.