Integration
APA/Herbert Neubauer
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Politik

Integrationsarbeit „wird nie getan sein“

Gewalttätige Zusammenstöße bei Demonstrationen in Wien haben Bürger und Politiker aufgeschreckt. Im „Wien heute“-Studiogespräch hat Integrationsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) unter anderem geschildert, wie sozialer Frieden in Wien erhalten bleiben soll.

Es sei ganz eindeutig, dass es in Wien unterschiedliche Problemstellungen gebe, für die alle man Lösungen finden müsse. Das bekannte Integrationsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) Freitagabend im „Wien heute“-Studiogespräch. Es gebe ganz offensichtlich das außenpolitische Thema, es gebe aber auch ein großes sicherheitspolitisches Thema, etwa durch organisierte Kriminalität und gewaltbereite Rechtsextreme, verwies Czernohorszky auf Innenminister Karl Nehammer (ÖVP).

Man müsse alles dafür tun, dass man die 99,9 Prozent an Menschen, die in Wien leben, völlig egal, woher sie kommen, vor solchen Extremisten schütze, sagte Czernohorszky. Nicht zuletzt gelte es auch für diese 99,9 Prozent zu arbeiten, „wenn wir in Wien darauf stolz sind, dass wir hier in Frieden miteinander leben“.

Integrations-Stadtrat Czernohorszky zu Kulturkämpfen in Wien

Im Studio-Gespräch nimmt Integrationsstadtrat Jürgen Czernohorszky zu den tagelangen Unruhen zwischen Türken und Kurden in Wien-Favoriten Stellung.

„Wien kein 500-Einwohner-Dorf“

Entgegen anderen Aussagen ignoriere Wien das Problem Parallegesellschaften nicht, ganz im Gegenteil. Wien sei eine Millionenstadt und habe Herausforderungen wie eine Weltstadt. Dem Einwand, dass auf der Donauinsel türkische Gruppen unter sich bleiben, dass in der Mariahilfer Straße türkische und österreichische Gruppen streng getrennt und nicht gemeinsam sitzen würden, hielt Czernohorszky entgegen, Wien sei kein 500-Einwohner-Dorf. Wer das glaube und sich wünsche, dass alle gleich ausschauen, alle die gleiche Blasmusik lieben und alle am gleichen Tag das gleiche Fest feiern, der habe als Integrationspolitiker den Beruf verfehlt.

Wichtig sei der soziale Frieden, „und an dem arbeiten wir“. Czernohorszky verwies auf das in Wien am dichtesten ausgebaute Netz an Jugendarbeit in ganz Europa und auf elf Millionen Euro, die für Deutsch- und Orientierungskurse für Jugendliche ausgegeben würden. Dazu kämen etwa außerschulische Jugendarbeit, Präventionsprogramme in Schulen. In einer Stadt, in der es normalerweise unterschiedliche Herkünfte, unterschiedliche Träume und Meinungen gibt, da gebe es auch Konfllikte: „Wir sind stolz darauf, dass wir daran arbeiten, diese Konflikte in Frieden zu lösen. Das verteidigen wir mit Zähnen und Klauen. Wer diesen Frieden gefährdet, der hat uns als Feind.“

Mehrsprachigkeit kein Indiz für Parallelgesellschaft

Auf die Frage von ORF-Wien-Chefredakteur Paul Tesarek, ob es gelungene Integration sei, wenn laut einer Studie fast 73 Prozent der Schüler Deutsch nur in der Schule sprechen, gestand Czernohorszky zwar ein, dass es da noch viel zu tun gäbe, die Arbeit sei da nie getan. Aber er betonte auch, dass es im Grunde ein Schatz sei, wenn Kinder mehrsprachig sind, „wenn wir als Gesellschaft verstehen, das zu fördern“ und sicherstellen, dass die Kinder ein gutes Deutsch sprechen. Die Anzahl der mehrsprachigen Kinder als Indikator für eine Parallelgesellschaft herzunehmen, diene nur dazu, die Gesellschaft zu vergiften.

Czernohorsky betonte, es sei das zentrale Thema, dass 100 Prozent Deutsch sprechen. Dafür gebe die Stadt elf Millionen aus, er würde sich wünschen, dass hier auch der Bund mehr tue. Wien unternehme viel, um Menschen so schnell wie möglich auf die eigenen Beine zu stellen, und damit der soziale Frieden gewahrt bleibe. Aber, die Herausforderungen seien groß, „wir haben da noch viel zu tun“, schloss Czernohorszky.