Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) im „Wien heute“-Studio
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Politik

Hacker will eigene CoV-Labore an Grenze

Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hat sich für eine Diskussion über eigene Coronavirus-Labore an der österreichischen Grenze ausgesprochen. Das CoV-Betreuungszentrum in der Messe Wien, das am Freitag schließt und in dem nur 294 Personen betreut wurden, verteidigte er indessen.

„Ich bin auch dafür, dass wir darüber nachdenken, an den Grenzen ordentliche qualitätszertifizierte Labore selbst aufzustellen, damit wir auch die Sicherheit haben, dass die Tests, die gemacht werden, auch dem Standard entsprechen, den wir in Österreich gewohnt sind“, sagte Hacker gegenüber „Wien heute“. Denn man sollte sich nicht auf „Testergebnisse von irgendwelchen Labors in irgendwelchen Ländern verlassen, die keiner kennt, wo man nicht einmal weiß, gibt es das Labor überhaupt oder nicht“.

In der „Presse“ ging Hacker dann einen Schritt weiter und forderte kostenlose Tests für alle Urlaubsrückkehrer – unabhängig von ihrer Nationalität und davon, ob sie aus Ländern mit Reisewarnung kommen oder nicht. Der Vorstoß nach Tests an der Grenze oder am Flughafen orientiert sich an Deutschland, wo vergangene Woche ein entsprechender Beschluss gefasst wurde.

Unterstützung von Kaiser – Absage von Anschober

„Ich verstehe zwar, dass es merkwürdig klingt, wenn die Allgemeinheit für Leute zahlen soll, die sich einen Urlaub leisten können, aber nach ihrer Rückkehr keine 100 Euro für einen Test aufbringen wollen“, wird Hacker zitiert. „Aber im Vordergrund steht hier nicht die Kostenfrage, sondern das individuelle sowie das Allgemeinwohl.“ Rückendeckung bekommt Hacker vom Kärntner Landeshauptmann und Parteikollegen, Peter Kaiser. „Wir befürworten kostenlose und freiwillige Tests für Reiserückkehrer wie in Deutschland“, wird er in der Zeitung zitiert. Die Finanzierung habe aber die Bundesregierung „sicherzustellen“.

Doch von dieser kommt eine Absage. „Kostenlose Tests für alle Urlaubsrückkehrer sind derzeit nicht geplant", sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) auf „Presse“-Nachfrage. „Wir beobachten jedoch die Entwicklung der Planungen in Deutschland genau und stehen auch in Kontakt mit den Behörden der Nachbarn.“ Österreich habe das Testsystem umfangreich erweitert – „wir testen so viel wie noch nie zuvor“, so Anschober.

Studiogespräch mit Gesundheitsstadtrat Peter Hacker

Gesundheitsstadtrat Peter Hacker spricht im Studio u. a. über die geplante „Coronavirus-Ampel“ ab August.

Kritik an Innenministerium

Seit Donnerstag sind die Rückreisebestimmungen aus 32 Risikoländern weiter verschärft. Schon in den vergangenen Wochen mussten aber Rückkehrer aus diesen Ländern Formulare zur freiwilligen Selbstisolation ausfüllen, die dann an die Gesundheitsbehörde des Wohnortes geschickt wurden. Allerdings waren diese teilweise unleserlich, wie im Büro von Hacker kritisiert wird.

„Ich glaube, dass da das Innenministerium noch in die Prozesse reingehen muss. Wir bekommen im Augenblick nur Zetteln. So können wir keine Krise bewältigen, in dem wir uns gegenseitig Zettel fotografieren und uns dann übermitteln. Da braucht es ordentliche Datenbanken“, kritisierte Hacker gegenüber „Wien heute“.

Auch das vom Bund beschlossene Coronavirus-Ampelsystem sieht der Gesundheitsstadtrat weiterhin kritisch. Er geht davon aus, dass eine Ampel für ganz Wien kommt und nicht nach Bezirken unterschieden wird. „Die Logik einer Stadt ist einfach eine andere als im flachen Land mit kleinen Gemeinden, wo natürlich die regionale Betrachtung nach Gemeinden einen Sinn macht“, so Hacker.

Betreuungszentrum in Messe schließt am Freitag

Die Messe Wien war Mitte März in ein Betreuungszentrum für Covid-19-Fälle mit leichtem Verlauf umfunktioniert worden. Der Standort sollte im Fall rasant steigender Coronavirus-Fälle leicht Erkrankte aufnehmen und somit die Wiener Spitäler entlasten.

In den Hallen A und C wurden je 880 Betten – angeordnet in Zweierkojen – gestellt, in die Halle D kamen noch einmal 480 Betten. Bei Bedarf hätte die Kapazität noch einmal um 880 auf dann in Summe 3.100 Betten gesteigert werden können. Tatsächlich war die Messe aber zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd ausgelastet. Die ersten Patientinnen und Patienten wurden Mitte April dort versorgt.

Ursprünglich war geplant, am Standort nur positiv getestete Personen unterzubringen. Diese Strategie wurde aber im Mai abgeändert, „da wir beobachtet haben, dass für die Versorgung und Unterbringung von Verdachtsfällen und Kontaktpersonen der Stufe eins ein weit höherer Bedarf bestand als von positiven Personen“, heißt es dazu aus dem Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ).

Vor allem Kontaktpersonen untergebracht

Somit hatten von den in Summe 294 betreuten Personen laut Hacker-Büro lediglich 27 eine bestätigte Infektion. Der überwiegende Großteil – 267 Menschen – wurde als Kontaktpersonen zwar negativ getestet. Diese mussten aber trotzdem in Heimquarantäne geschickt werden, was allerdings in ihrem tatsächlichen Zuhause nicht möglich war.

CoV-Zentrum in Messe Wien schließt

Das Coronavirus-Betreuungszentrum in der Messe Wien wird am Freitag endgültig abgebaut und aufgelassen. Denn mit Ende Juli endet der Vertrag mit der Messe Wien. 2.240 Betten standen zur Verfügung. Es wurden aber nur 294 Personen darin betreut.

Ein medial ausgiebig beleuchtetes Beispiel waren die Einwohner jenes Asylwerberquartiers in Erdberg, das Anfang Mai nach Auftreten einiger Fälle gänzlich evakuiert werden musste, da die Einrichtung per se nicht für eine Quarantäne geeignet war. Auch die Höchstzahl der gleichzeitig in der Messe untergebrachten Menschen – das waren 256 – hängt mit dieser Maßnahme zusammen.

Für Hacker dennoch „gut bewährt“

Für Gesundheitsstadtrat Hacker hat sich die Einrichtung trotz der niedrigen Belagszahl „gut bewährt“: „Dank dieser Betreuungseinrichtung hatten wir die nötigen Kapazitäten und die nötige Flexibilität, rasch auf Cluster zu reagieren. So wie im ‚Haus Erdberg‘, das nur dank der Einrichtung in der Messe über Nacht vollständig evakuiert und die Verbreitung des Virus so effektiv wie möglich eingedämmt werden konnte“, sagte der Ressortchef.

In den letzten Wochen war die Halle allerdings schon wieder vollständig CoV-frei. Da der Nutzungsvertrag noch bestand, richtete die Stadt dort kurzerhand Impfstraßen ein, damit Wienerinnen und Wiener verschobene Zeckenimpfungen nachholen konnten. Die Aktion sollte auch als Probelauf für groß angelegte Grippeimpfkampagnen im Herbst dienen.

Budgetrahmen von 66 Mio. Euro

Was die Kosten anbelangt, gab es für das Covid-Zentrum einen beschlossenen Budgetrahmen von 66 Mio. Euro – 55 Mio. davon als Betriebsvertrag mit dem Samariterbund, der die Versorgung, Pflege und medizinische Betreuung innehatte. Die restlichen elf Mio. Euro waren im Rahmen eines Bestandsvertrags mit dem Hallenbetreiber Reed Messe für Miete, Betriebskosten, Reinigung sowie Auf- und Abbau vorgesehen.

Die tatsächlichen Kosten sind noch nicht gänzlich bekannt, da der Juli noch nicht abgerechnet ist. Bis inklusive Juni waren jedenfalls rund 19 Mio. Euro angefallen. In Summe werde man also deutlich unter dem Gesamtbudgetrahmen bleiben.

Auch wenn weniger Menschen als befürchtet die Betreuungseinrichtung benötigt haben, sei das zu Beginn der Coronavirus-Krise nicht abschätzbar gewesen, so Hacker. „Wenn man eine Vorsorge trifft und man braucht sie nicht, ist das so wie bei der Gesundheitsvorsorge immer die beste aller Varianten, und so ist es hier auch.“

Reaktivierung im Herbst nicht geplant

Was den Herbst anbelangt, ist eine Reaktivierung des Betreuungszentrums Messe vorerst ausgeschlossen. Denn inzwischen hat die Stadt bzw. der Krisenstab 30 Einrichtungen in der Stadt gescreent, die bei Bedarf als Notquartiere dienen können. „Es sind Hotels, einfache Wohnhäuser, ganz unterschiedliche Arten von Gebäuden“, so Hacker.

Damit könnten rund 6.000 Betten aktiviert werden. Über den Sommer werden die schon bisher genutzten Covid-19-Pavillons (Geriatriezentrum Wien, Otto-Wagner-Spital, ehemaliges Krankenhaus Nord) mit insgesamt 130 Plätzen weiterhin als Betreuungsstandorte genutzt.