Impfpass und Spritze
APA/Barbara Gindl
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GESUNDHEIT

Kritik an Impflücken bei Jugendlichen

Bei einzelnen Impfungen gibt es bei Wiener Jugendlichen Aufholbedarf. Etwa bei der Masernimpfung sind laut Technischer Universität (TU) 30 Prozent der Impfungen nicht vollständig. Grund dafür sind laut Medizinern etwa auslaufende Mutter-Kind-Pässe.

Die Technische Universität führt für das Gesundheitsministerium Untersuchungen durch, bei denen österreichweit Impfungsraten ausgewertet werden. Einmal im Jahr wird die Durchführung der Masern-, Röteln-, Mumps- und Polioimpfungen unter die Lupe genommen. Unzufriedenstellende Ergebnisse aus Sicht des Ministeriums erzielte etwa die Masernimpfung: Bei dieser gibt es zwei Teilimpfungen. Die zweite nehmen viele junge Menschen allerdings nicht wahr.

Nur knapp 70 Prozent der zwischen 19- bis 30-Jährigen verfügen über den kompletten Impfschutz. Das liegt vor allem daran, dass erst seit 1997 eine zweite Impfdosis verabreicht wird. Das bedeutet, dass etwa 350.000 Personen zwischen 19 und 30 Jahren eine zweite Dosis einer Masernimpfung benötigen.

Nach Mutter-Kind-Pass: Eltern sollen nachlässiger werden

Der Grund für unvollständige und versäumte Impfungen ist laut Wolfgang Mückstein von der Wiener Ärztekammer ein
auslaufender Mutter-Kind-Pass. Eltern versäumen Auffrischungstermine und werden nachlässiger, da prinzipiell davon ausgegangen wird, dass Jugendliche keine gesundheitlichen Probleme haben, so der Allgemeinmediziner. „Und ich glaube nicht, dass bei Jugendlichen Impfskepsis der Grund für fehlende Impfungen ist“, so Mückstein.

Die Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz fordert generell mehr Gesundheitskompetenz für Jugendliche und kritisiert etwa Hebammen, die Impfskepsis an den Tag legen: „Das halte ich für unerträglich, denn die jungen Eltern sollten wirklich motiviert werden, dass sie die Kinder impfen.“ Sie ist außerdem der Meinung, dass schon in der Schwangerschaft auf die Wichtigkeit einzelner Impfungen hingewiesen werden müsste.

Elektronischer Impfpass als Lösung

Der Allgemeinmediziner Wolfgang Mückstein sieht in einem elektronischen Impfpass eine mögliche Lösung: „Wo man die ganzen Impfungen einmal einträgt und die App dann den Arzt als auch den Patienten daran erinnert, dass die Auffrischung für Impfungen fällig ist.“ Die Vorbereitungen für einen elektronischen Impfpass laufen gerade. Ab Herbst soll die Pilotphase dafür starten. Getestet wird der E-Impfpass in Wien, Niederösterreich und der Steiermark. Ab 2021 wird dann die Testphase auf ganz Österreich ausgeweitet.

ÖGK sieht keine Probleme

Aus Sicht der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) ist die Gesundheitsvorsorge in Wien gut organisiert, auch in Bezug auf das Impfwesen. Allerdings haben die Einschränkungen durch das Coronavirus, durch den Lockdown und Schulschließungen möglicherweise zu Verzögerungen bei Regelimpfungen für Kinder und Jugendliche geführt: „Wir empfehlen daher, gemeinsam mit der Kinderärztin oder dem Kinderarzt den Impfpass der Kinder und Jugendlichen mit dem nationalen Impfplan abzugleichen“, heißt es von der ÖGK.

Das Impfservice der Stadt Wien bereitet gerade die Grippeimpfaktion für den Herbst vor. Die Impfung wird gratis angeboten. Der Schwerpunkt liegt bei älteren Personen und Kindern. 400.000 Impfstoffe sind dafür gekauft worden. Mit der Gratis-Grippeimpfung will die Stadt die Impfrate von derzeit acht auf 25 Prozent anheben.