Bernhard Görg im „Wien heute“-Studio
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Politik

Görg sieht bei Blau Rot

„Die FPÖ ist sicherlich die Partei, der gegenüber ich nie gelassen sein werde“, so der ehemalige Wiener ÖVP-Obmann Bernhard Görg am Samstag in „Wien heute“. „Sie macht so viele Blödheiten. Die haben einfach ein Gen in sich, dass sie nicht regierungsfähig macht.“

Die FPÖ rege ihn einfach auf, so der 78-Jährige. Milder geht der Altpoltiker im „Wien heute“-Studiogespräch mit den anderen Rathausparteien ins Gericht. Nach fast 20 Jahren Pause von der Politik verspüre er eine „gewisse Gelassenheit“ – wenn es nicht gerade um die FPÖ geht.

Görg war von 1992 bis 2002 Landesparteiobmann der ÖVP Wien. Von 1996 bis 2001 war er zudem Stadtrat für Planung und Zukunft sowie Vizebürgermeister und Landeshauptmann-Stellvertreter. Nach dem Ausscheiden der ÖVP aus der Landesregierung blieb Görg dann noch bis Mitte 2002 ÖVP-Klubobmann im Wiener Landtag und Gemeinderat. Nach seinem Ausscheiden aus der Politik verfasste der gebürtige Niederösterreicher mehrere Theaterstücke und Kriminalromane.

„Heumarkt hätte ich anders gemacht“

Als Planungsstadtrat hätte er „manches anders gemacht“, kritisierte Görg am Samstag konkret zwei Leuchtturmprojekte der Grünen Rathauspolitik: die Radwege und das Heumarkt-Projekt. „Das hätte ich so nicht gemacht, wie der Heumarkt gemacht wurde, obwohl ich ein Anhänger von Hochhäusern bin.“

Wegen dieser Position habe er auch in der eigenen Partei immer wieder Schwierigkeiten gehabt. Aber: „Wenn man Grünraum bewahren möchte, muss man in der Großstadt in die Höhe bauen. Das geht nicht, lauter Einfamilienhäuser zu haben und trotzdem ungeheuer viel Grün und Parkflächen“, sagte der ehemalige Planungsstadtrat.

U-Bahn-Ausbau „ganz intensiv angestoßen“

Auch die Radwege in ihrer konkreten Ausführung finden nicht seine volle Zustimmung: "Ich hätte manche Radwege anders gemacht, „wobei ich das Prinzip, dass wir in Wien mehr Radwege brauchen, auch wenn es nicht ungeheuer beliebt ist, durchaus unterschreibe.“ Er selbst fahre allerdings in Wien nicht Rad und habe daher Pop-up-Radwege „nicht praktisch erlebt“.

Görg erinnerte in dem Gespräch außerdem daran, dass er selbst eine entscheidende Rolle am Ausbau der U-Bahn gehabt habe. Den derzeitigen Ausbau der U-Bahn findet der ehemalige Planungsstadtrat folglich gut. Er selbst habe das damals „ganz intensiv angestoßen“.

Große Koalition „das Beste für Wien“

Nicht weiter überraschend präferiert Görg eine Große Koalition in Wien: „Ich halte das nach wie vor für möglich.“ Es wäre das Beste für Wien. Noch „besser wäre eine ÖVP-geführte Regierung, aber die wird nicht kommen“, so Görg weiter. „Obwohl ich mir schon wünschen würde, dass Gernot Blümel einmal Bürgermeister wird.“

Oppositionspolitik sei jedenfalls nicht die Stärke der ÖVP, so Görg: „Wir könnens einfach nicht.“ Die ÖVP mache Oppositionspolitik mit dem Rechenstift. Erfolgreiche Opposition müsse aber immer „destruktiv“ sein, auch wenn man es nicht so bezeichne.

Ex-Politiker im Talk

Vor der Wien-Wahl lädt „Wien heute“ immer samstags ehemalige Politiker zum Gespräch. Am kommenden Samstag ist der ehemalige Grüne Gemeinderat und Klubobmann der Wiener Grünen, Christoph Chorherr, zu Gast.

„Zweite Welle wäre Katastrophe“

Eher pessimistisch ist Görg, was die weitere Entwicklung in der Coronavirus-Krise betrifft. Er befürchtet eine zweite Welle. In Kärnten, wo er den Sommer verbringt, habe er vor allem unter jungen Menschen beobachtet, dass die Abstandsregeln oft nicht eingehalten werden. Er habe dafür ein gewisses Verständnis, aber: „Die Rechnung wird uns allen, fürchte ich, präsentiert werden.“ Eine zweite Welle wäre eine Katastrophe, „aber sicher bin ich nicht, dass nicht doch eine zweite Welle kommen wird“.

Er selbst habe die letzten Monate gemeinsam mit seiner Frau ohne große Einschränkungen erlebt. „Altersbedingt treibe ich mich ja nicht mehr in Discos herum.“ Die Zeit verbrachte Görg mit dem Schreiben seines neuen – fünften – Wachau-Krimis, der in drei Wochen unter dem Titel „Dürnsteiner Himmelfahrt“ erscheinen wird. Wie er einen Wiener Krimi titeln würde? – „Wiener Höllenfahrt“, so Görgs Antwort.