Kunsthistorisches Museum in Wien
ORF.at/Zita Klimek
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Kultur

Wiener Museen fast leer

Seit Anfang Juli haben so gut wie alle Wiener Museen wieder geöffnet. Zwar sind die Besucherzahlen seither etwas gestiegen, ein Blick auf die Auslastungszahlen zeichnet jedoch nach wie vor ein düsteres Bild. Der Zulauf ist äußerst gering.

Zuletzt öffneten im Juli große Häuser wie das Obere Belvedere und das Weltmuseum, während andere Häuser schon Mitte Mai ihre Tore geöffnet hatten. Während das Büro von Staatssekretärin Andrea Mayer noch keine gesammelten Zahlen veröffentlicht, zeigen Rückmeldungen aus den Bundesmuseen, wie es um die Häuser steht.

Harte Einbußen im KHM und Belvedere

Das Kunsthistorische Museum (KHM), das seine Tore nach dem „Lock-down“ am 30. Mai wieder öffnete, begrüßte im ersten Halbjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nur mehr weniger als ein Drittel der Besucherinnen und Besucher (250.000 statt 800.000).

Das Belvedere, das seine einzelnen Standorte gestaffelt öffnete, verzeichnet ähnlich harte Einbußen, wie die Juli-Zahlen belegen. Besuchten im Juli 2019 rund 150.000 Menschen das Belvedere, waren es heuer nur mehr 30.000 Personen – also ein Fünftel. Verändert hat sich erwartungsgemäß der Anteil der heimischen Besucherinnen und Besucher. War das Verhältnis im Vorjahr bei 20:80, kommen mittlerweile bereits 45 Prozent der Besucher aus dem Inland.

Albertina-Chef stellt Kündigungen in Raum

Die Albertina, die ja auch die Eröffnung der Dependance Albertina modern verschieben musste, verzeichnete im Haupthaus ebenfalls einen Einbruch: Kamen im Juli 2019 rund 73.000 Besucher, waren es in diesem Juli lediglich 20.000. Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder bekräftigte am Sonntag seine Forderung nach einer Erhöhung der Basisdotierung für sein Haus.

Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder vor einem Kunstwerk
APA/Georg Hochmuth
Albertina-Chef Schröder schlägt vor, eine Zeitlang auf Theater zu verzichten

Es brauche „einen gerechten Verteilungsschlüssel“, sagte er im Interview mit dem „Kurier“ (Sonntag-Ausgabe). Wenn die Regierung bei der Budgetrede im Herbst nicht ausreichend hohe Mittel für 2021 in Aussicht stelle, müsse er Mitarbeiter kündigen. „Ich kann nicht 34 Mitarbeiter für die Kunstvermittlung und zwölf Mitarbeiter im Shop haben, wenn es statt einer Million nur 300.000 Besucher geben dürfte“, so Schröder.

„Auf Theater verzichten“

Die Deckungsvorsorge des Museums werde bis Ende des Jahres aufgebraucht sein. Ein Gradmesser dafür, wie hoch die Einnahmeverluste heuer wirklich ausfallen werde, werde die Ausstellung „Van Gogh, Cezanne, Matisse. Die Sammlung Hahnloser“ sein, die ab Ende August gezeigt wird.

Verzichten könne man auf das Theater, bis die Krise vorbei ist, so Schröder. „Ich kann diesen Satz nicht nachvollziehen: ‚Wir bestehen auf unser Recht, Theater zu spielen, weil es ein Lebensmittel ist.‘ Ich habe einen anderen Begriff von Lebensmittel, einen handfesteren: Es sollen lieber mehr Menschen leben können – und wir kommen jetzt einmal ohne Theater aus.“

Schröder fügt hinzu: "Ich bin kein Theater-Hasser

Wenig später relativierte der Schröder: „Ich bin kein Theater-Hasser! Nichts könnte weniger zutreffend sein als das“. Seit seinem Interview im „Kurier“ hatten sich verwunderte Intendanten bei ihm gemeldet mit der Frage, warum er ihnen die Existenzberechtigung abspreche. „Ich glaube natürlich, dass Kunst originär zum Menschsein gehört“, betonte der Museumschef am Montag gegenüber der APA, keinen Unterschied zwischen den Sparten zu machen und keinesfalls zwischen bildender und darstellender Kunst zu trennen. „Ich glaube aber, dass es ganz nach dem Brecht’schen ‚Zuerst kommt das Fressen, dann die Moral‘ derzeit andere Bedürfnisse gibt: Zuerst gilt es Leben zu schützen!“

Natürlich sei er nicht für die Schließung von Theatern, und natürlich könne ein Museum oder ein Ausstellungshaus dank großzügiger Räume oder Verlängerung von Öffnungszeiten besser Abstandsregeln einhalten als Theater, Opernhäuser oder Kinos. „Der Dürer-Hase ist aber nicht mehr wert als das menschliche Leben!“ Deswegen habe er noch vor dem ersten offiziellen Shutdown die Eröffnung der „Albertina modern“ abgesagt, deshalb werde es auch in den kommenden sechs Monaten keine Lesungen, Konzerte oder Ausstellungseröffnungen in der Albertina geben. „Leben geht vor! Wir müssen gemeinsam durch diese schwere Krise“, sagt Schröder, der auch strengere Anti-Covid19-Maßnahmen als die derzeit geltenden befürworten würde.

Ob die ab Mitte Februar geplante Ausstellung „Munch und die Folgen“ tatsächlich realisiert werden kann, sei derzeit noch nicht absehbar – nicht nur aus finanziellen Gründen: „Ich fürchte extrem, als ein Cluster in die Weltpresse zu geraten.“

Technisches Museum steht besser da

Auch im Technischen Museum (TWM) brachte die Coronavirus-Krise Einbußen mit sich, wenn das Haus auch besser dasteht als andere: Das TMW konnte im Juli 60 Prozent der Vorjahreszahlen erreichen, wovon zehn bis 15 Prozent nicht österreichische Gäste waren. „Wir sind im Anbetracht der Umstände mit diesen Zahlen sehr zufrieden“, hieß es auf APA-Anfrage.

Auch die Nationalbibliothek, zu der neben dem Prunksaal auch das Globus-, Papyrus-, Esperanto- und Literaturmuseum gehören, verzeichnete starke Rückgänge. Kamen im Juli 2019 noch mehr als 52.000 Besucher, waren es in diesem Juli etwas mehr als 12.000. Der prozentuelle Anteil der heimischen Besucher stieg hier stark an: Heuer waren rund 4.800 der 12.200 Besucher aus Österreich, im Vorjahr waren unter den 52.000 Besuchern rund 5.400 Österreicherinnen und Österreicher.

Gespräche zu Bundesmuseen-Holding laufen

Hinter den Kulissen laufen unterdessen weiterhin Gespräche über die Realisierung der geplanten Bundesmuseen-Holding, zu der sich einzelne Direktoren auf APA-Anfrage jedoch nicht äußern wollten oder aufgrund von Abwesenheiten keine Gelegenheit hatten. Aus dem Ministerium hieß es dazu, dass man dazu in laufenden Gesprächen mit den Museen sei.

„Ein Prozess dieser Größenordnung mit so vielen beteiligten Organisationen ist allerdings eine komplexe Angelegenheit und braucht vor allem Zeit für eine seriöse Vorbereitung. Ziel ist es, dass noch heuer erste Schritte in diese Richtung gesetzt werden können und dass die Holding spätestens bis zum Ende der Legislaturperiode ihre Arbeit aufgenommen hat.“