Abgestellte Autos in Wiener Innenstadt
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Weiterhin Streit über „Autofreie City“

Seit Monaten wird über eine „autofreie Innenstadt“ diskutiert. Der Plan der Grünen ist eine Umsetzung noch vor der Wien-Wahl. Jetzt legte die grüne Verkehrsstadträtin Birgit Hebein ihren Entwurf vor. Es gibt 16 Einfahrtsausnahmen. Kritik kommt von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ).

Die Grünen sprechen bei ihrem Wunschprojekt von „Pionierarbeit im deutschsprachigen Raum“. Der derzeit vorliegende Plan stellt aber im Grunde eine weitere Verkehrsberuhigung dar. In dem Papier der Vizebürgermeisterin bleiben von fast 30 angedachten Einfahrtsausnahmen jetzt 16 übrig.

Einfahrt für Taxis und Nachtarbeitende

Prinzipiell ist die Einfahrt in das historische Zentrum nur mehr Anrainern, die über ein Auto samt Parkpickerl verfügen, gestattet. Jedoch können auch Personen, die nicht dort wohnen, unter bestimmten Voraussetzungen motorisiert in die City kommen. So sollen neben Taxis und Einsatzfahrzeugen auch Firmen mit Betriebsstandort und Beschäftigte, die in den Nachtstunden tätig sind, eine Erlaubnis erhalten.

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Keine Ausnahmen für Politiker und Anwälte

Hingegen soll es keine Ausnahmen für Politiker, Immobilienmakler und Rechtsanwälte geben. Auch Schüler sollen laut den Plänen nicht mehr mit dem Auto in die Schule gebracht werden können. Die Ansicht der Wirtschaftskammer, dass damit das Bildungsystem diskriminiert werde, teilt Birgit Hebein nicht.

Laut Hebein erfolgte in den vergangenen Wochen ein „sorgsam durchgeführtes“ Behördenverfahren. Zahlreiche Stellungnahmen seien bearbeitet und Gespräche mit allen Beteiligten geführt worden. Die Zahl der Pkw-Fahrten in den ersten Bezirk soll sich in einem ersten Schritt um rund ein Viertel verringen, so Hebein. Die Auswirkungen in den umliegenden Bezirken sollen zugleich gering sein. Aus den eingelangten Stellungnahmen sind laut der Stadträtin einige Punkte übernommen worden – darunter etwa die zeitliche Ausdehnung zur Durchführung der Ladetätigkeit und die jederzeitige Belieferung der Apotheken mit Medikamenten.

Die Reduktion der Autos in der Innenstadt würde nicht nur Luft und Platz für die Menschen bringen, sondern auch frischen Wind für die Wirtschaft, zeigte sie sich überzeugt: „In Madrid hat die autofreie City die Verkaufszahlen im Handel im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent angekurbelt. In Ljubljana ist die Zahl der Nächtigungen um 160 Prozent gestiegen, seit die City für die Menschen geöffnet und für die Autos geschlossen wurde.“

Bürgermeister gegen „Aktionismus“

Wann und ob das viel diskutierte Projekt startet, ist offen. Denn die Verordnung muss, bevor sie unterschrieben wird, noch von den Juristen im Rathaus geprüft werden. Ludwig ließ offen, ob er dem neuen Verkehrskonzept seine Zustimmung erteilen wird. Er werde den Verordnungsentwurf nun prüfen und zudem Gespräche dahingehend führen, ob dieser überhaupt eine „tragfähige Mehrheit“ habe, sagte er.

Weiterhin Streit über „autofreie City“

Seit Monaten wird über eine „autofreie Innenstadt“ diskutiert. Der Plan der Grünen ist eine Umsetzung noch vor der Wien-Wahl. Jetzt legte die grüne Verkehrsstadträtin Birgit Hebein ihren Entwurf vor. Es gibt 16 Einfahrtsausnahmen. Kritik kommt von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ).

Dabei gehe es nicht nur um eine Mehrheit seitens der politischen Vertreter, „sondern auch bei jenen, die in der Wirtschaft Verantwortung tragen“, ließ der Stadtchef am Rande einer Pressekonferenz zum Campus der Religionen wissen. Letzteres Projekt sei ihm aber jedenfalls „sehr viel wichtiger als so manch anderer Aktionismus“, sagte er in Richtung seiner Stellvertreterin. Denn der Campus werde von vielen Menschen mitgetragen, auch stecke viel Vorbereitungszeit in dem Vorhaben. „Von daher ist es mir wichtig, dass man Projekte präsentiert, die auch Hand und Fuß haben“, so Ludwig mit einem Seitenhieb auf Hebein.

Kritik an der Vizebürgermeisterin übte er auch bezüglich der Vorgangsweise. „Bevor die zuständigen Abteilungen des Rathauses, insbesondere die Rechtsabteilung, diesen Entwurf geprüft haben, ist er den Medien übermittelt worden. Das ist ein eher ungewöhnlicher Weg“, so Ludwig. Er selbst habe das „sehr umfassende Papier“ am Montag um 20.13 Uhr erhalten.

Nepp: „Grüne hassen Autofahrer“

Kritik kam auch von Teilen der Opposition. Das Konzept zeige „erwartungsgemäß nichts Neues“, so der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp. „Die Grünen hassen Autofahrer und wollen, wo es geht, den Individualverkehr stören und künstliches Verkehrschaos produzieren, wo es nur geht.“ Man sollte sich erwarten, dass Ludwig diesen Unsinn stoppe, so Nepp. Tatsächlich gehe er aber von einer weiteren rot-grünen Koalition nach der Wahl aus.

Der ÖAMTC kritisierte in einer Aussendung Hebeins Entwurf als „übereilt und unvollständig“. So bliebe weiterhin ungeklärt, wie die Kontrolle der Zufahrtsberechtigungen funktionieren soll. Auch Car Sharing-Angebote seien nicht berücksichtigt worden. Der Mobilitätsclub warnte vor einer „überfallsartigen“ und „halbfertigen Lösung“. Sinnvoller sei es, ein umfassendes Gesamtkonzept nach der Wahl zu entwickeln.