CHRONIK

Neuer Terroralarm um IS-Terroristen

Jener Wiener, der 2018 zu neun Jahren Haft verurteilt worden ist, weil er einen zwölfjährigen deutschen Buben zu einem Selbstmordanschlag auf einen Weihnachtsmarkt bringen wollte, soll sich vom Gefängnis aus erneut terroristisch betätigt haben.

Der mittlerweile 21-Jährige befand sich zuletzt in der Justizanstalt Graz-Karlau in Strafhaft. Dort dürfte der rechtskräftig verurteilte Terrorist der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) verbotenerweise Zugriff auf ein internetfähiges Smartphone gehabt haben.

Seit Anfang November 2019 unterhielt er sich nach Erkenntnissen des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) unter Pseudonym über seinen Instagram-Account mit mehreren Personen, die mit dem IS sympathisierten. Via Instagram, aber auch auf anderen Kanälen soll er Propaganda für die Terrormiliz betrieben haben.

Zu Sprengstoffanschlag angestiftet

Damit nicht genug. Einen seiner Gesprächspartner – einen vermutlich in Deutschland lebenden Mann – wollte ihn laut BVT zu einem Sprengstoffanschlag in Deutschland oder Österreich anstiften, wobei er diesem eine Anleitung zur Herstellung eines Sprengsatzes anbot.

Die Staatsanwaltschaft Graz soll mittlerweile Ermittlungen wegen versuchter Bestimmung zum Mord und versuchter vorsätzlicher Gefährdung durch Sprengmittel, begangen jeweils als terroristische Straftat, aufgenommen haben. Offizielle Bestätigung war dafür am Dienstagnachmittag keine zu bekommen.

„Ich ersuche um Verständnis, dass es seitens der Staatsanwaltschaft Graz zur vorliegenden Presseanfrage keine Stellungnahme gibt“, teilte Mediensprecher Hansjörg Bacher mit. Auch Wolfgang Blaschitz, der Verteidiger des 21-Jährigen, gab sich bedeckt. „Es ist zu früh, um zu der neuen Verdachtslage detailliert etwas sagen zu können“, meinte er.

In anderes Gefängnis verlegt

Fest steht, dass Ende Juli die Durchsuchung der Zelle des 21-Jährigen und seine körperliche Untersuchung vom Grazer Landesgericht für Strafsachen bewilligt wurden. Die Anklagebehörde hatte das beantragt, um allenfalls vorhandene Kommunikationsgeräte, Speichermedien, SIM-Karten oder Bombenbauanleitungen sicherzustellen. Der Häftling wurde nach Informationen der APA mittlerweile in ein anderes Gefängnis verlegt.

Der junge Wiener war im April 2018 in der Bundeshauptstadt von einem Schwurgericht wegen Beteiligung an versuchtem Mord in zwei Fällen, jeweils in Form einer terroristischen Straftat, schuldig erkannt worden. Er hatte einerseits einen damals zwölfjährigen deutschen Buben darin bestärkt, Ende November 2016 mit einem selbst gebauten Sprengsatz im Namen des IS einen Selbstmordanschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz) zu verüben.

Der Bub, der aufgrund seines kindlichen Alters strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden konnte, war zwar längst radikalisiert. Sein Wiener Bekannter befeuerte ihn aber weiter und brachte ihn dazu, vom ursprünglichen Anschlagziel – einer Kirche – abzurücken und auf einen Weihnachtsmarkt umzuschwenken. Es krachte nur deshalb nicht, weil der Zwölfjährige es nicht schaffte, die Bombe zu zünden.

Ein weiteres Bombenattentat ist 2016 verhindert worden

Darüber hinaus wollte der junge Wiener im Dezember 2016 mit einem um zwei Jahre jüngeren Mädchen einen Bombenanschlag durchführen, nachdem er diese nach islamischem Recht geheiratet hatte. Ins Ziel genommen hatten die beiden den deutschen US-Truppenstützpunkt Ramstein. Der Anschlag hätte bis Ende Dezember 2016 über die Bühne gehen sollen.

Das Attentat unterblieb, weil der Vater des Mädchens ihr Handy durchforstete, dabei die von terroristischem Gedankengut durchtränkten Chat-Verläufe seiner Tochter mit dem Wiener entdeckte und umgehend die Polizei verständigte.

2017 in Wien festgenommen

Er war nach Warnhinweisen von deutschen Behörden im Jänner 2017 in Wien festgenommen worden. Nach seiner Inhaftierung wurde er vom Verein Derad betreut, einer NGO, die mit sogenannten Interventionsgesprächen bei fanatisierten Häftlingen eine Abkehr vom radikalislamistischem Gedankengut bewirken will. Im Wiener Strafverfahren gegen den jungen Mann hatte Derad in einem Bericht betont, dieser befinde sich „auf einem guten Weg“.

Allerdings sei Deradikalisierung „kein Sprint, sondern ein Marathonlauf“. Dass Ende Jänner 2018 im damaligen Haftraum des 19-Jährigen Zeichnungen mit IS-Kämpfern und einer Verteufelung der US-Flagge gefunden wurden, interpretierte Derad als „subtile Methode“ einer Provokation, „die er in der Zelle zur Schau stellt“.