Der Politologe Peter Filzmaier im „Wien huete“-Studio
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Wahl 2020

Filzmaier: CoV-Bonus „für Regierende“

Wer profitiert von der Coronavirus-Krise? „Es gibt einen Bonus für Regierende“, sagt Politologe Peter Filzmaier im „Wien heute“-Studio. Doch der Bonus könne auch schnell wieder weg sein. Dass persönliche Kontakte im Wahlkampf wegfallen, habe für die SPÖ Nachteile.

„Man versammelt sich als Orientierungspunkt rund um Regierungsparteien. Das können also SPÖ und Grüne in Wien versuchen, wie auch ÖVP und Grüne auf Bundesebene. Es sei denn, es passiert irgendetwas bis dahin. Also eine Explosion der Corona-Zahlen, dann schlägt diese Ansich-mehr-Zustimmung für Regierungsparteien natürlich ganz schnell um in: Ihr seid an allem schuld“, sagt Filzmaier.

Politologe Filzmaier zum Wahlkampf

Peter Filzmaier kommentiert, wer aus seiner Sicht von den coronabedingten Einschränkungen im Wahlkampf profitieren könnte.

SPÖ-Zielgruppe „kennt Snapchat und TikTok nicht“

Dass sich der Wahlkampf aufgrund des Coronavirus zunehmend ins Internet verlagert hätte vor allem Vorteile für Neos und Grüne. Denn Digitalisierung bedeute einen Vorteil für die kleineren Parteien. Denn der Wettbewerbsvorteil – insbesondere der SPÖ – mehr Personal, mehr Geld, komme weniger zum Tragen. „Natürlich kostet digitale Werbung auch etwas, aber viel weniger im Vergleich zu Plakaten, Inseraten und ähnlichem“, so Filzmaier.

Außerdem sei auch die Frage bedeutend, welche Zielgruppe die jeweilige Partei hat. „Neos und Grüne tun sich leichter im digitalen Wahlkampf, weil sie eher von jüngeren gewählt werden. Die SPÖ hat das Problem von 60+ sehr stark gewählt zu werden. Das ist eine Generation die zwar E-Mail schon kennt, vielleicht auch Facebook, aber Snapchat und TikTok ganz sicher nicht“, sagte Filzmaier.

Bevölkerung „nur teilweise“ bereit für Netzwahlkampf

Aus der Sicht des Politologen ist die Bevölkerung „nur teilweise“ bereit für einen Netzwahlkampf. „Wir sind doch noch sehr gewöhnt was die Amerikaner im Wahlkampf Bodenkrieg nennen, den realen Kontakt mit Wählern persönlich und eben nicht den Luftkrieg, den wir diesmal erleben werden. Ein Medienwahlkampf, der gar nicht persönliche Kontakte hat. Das ist schlicht und einfach nicht mehr so möglich im Corona-Zeitalter“, sagte Filzmaier.

Laut dem Politologen entscheidet sich rund ein Viertel der Wählerinnen und Wähler erst in den letzten zwei, drei Wochen des Wahlkampfs. „Da wären eigentlich Hausbesuche wichtig, um die anzusprechen. Aber weder ein Maskierter vor der Tür, noch ein unmaskierter in Corona-Zeiten schaffte vertrauen“. Der persönliche Wahlkampf fehle sehr. „Vor allem auf Bezirksebene. Bezirksparteien haben gar nicht das Geld für einen Medienwahlkampf.“

Corona-Zwangsmaßnahmen beeinträchtigen Wahlkampf

Ein Bad in der Menge, Reden vor tausenden Zuhörern, Händeschütteln bei Infoständen: All das sind Bilder, die man im Wien-Wahlkampf 2020 nicht sehen wird.

CoV-positiver Spitzenkandidat: „Mehr Aufmerksamkeit“

Und was passiert, wenn sich ein Spitzenkandidat oder eine Spitzenkandidatin mit dem CoV infiziert? „Die Partei, wenn sie es nicht grob selbst fahrlässig verschuldet, kann den Wahlkampf einfach weiterführen. Sie hat damit mehr Aufmerksamkeit, als der Kandidat vielleicht sonst hätte. Es darf natürlich niemand vorgeworfen werden, er hat grob fahrlässig Corona selbst bekommen, oder gar ein Cluster ausgelöst“, sagte Filzmaier.