Menschen auf Mariahilfer Straße
APA/Roland Schlager
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Chronik

Feier statt Fiasko: Fünf Jahre Mariahilfer Straße

Eines der umstrittensten Verkehrsprojekte der letzten Jahre feiert in Wien Geburtstag: Die Mariahilfer Straße ist seit fünf Jahren eine Fußgänger- und Begegnungszone. Dieses Jubiläum wurde am Freitag offiziell begangen, nicht ohne auf den „schweren Kampf“ im Vorfeld hinzuweisen.

Ende Juli 2015 legte die damalige Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) nach einer mehr als eineinhalbjährigen Umbauphase den Schlussstein. Sie hatte das Projekt gegen lautstarke Widerstände – auch des Koalitionspartners SPÖ –, aber mit einer positiv ausgegangenen Anrainerbefragung im Rücken durchgesetzt.

50.000 Passanten am Tag

Ihre Nachfolgerin, die amtierende Ressortchefin Birgit Hebein (Grüne), zollte der inzwischen ehemaligen und am Freitag nicht anwesenden Parteifreundin bei einem Medientermin dafür Respekt: „Die Mariahilfer Straße hat einen Namen: Maria Vassilakou. Ohne diese starke Frau und ihren Mut würden wir heute nicht hier stehen.“

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Autos auf Straße
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Die Mariahilfer Straße – als Autos noch uneingeschränkt durchfahren konnten
Autos auf Straße
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Parkplätze entlang der Einkaufsmeile gehörten in der Vergangenheit zum Stadtbild
Spatenstich  Mahü
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Bezirkspolitiker vor fünf Jahren beim Spatenstich
Spatenstich
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Die ersten Aufgrabungen beim Spatenstich unter der Federführung der Wiener Ex-Grünen-Chefin Maria Vassilakou
Autos auf Straße
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Fahrspur und Gehsteig wurden im Laufe der Umbauarbeiten auf eine Ebene gebracht
Straße umgebaut
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Die neue Einkaufsstraße nimmt langsam Gestalt an
Straße umgebaut
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Die heutige verkehrsberuigte Shoppingmeile zählt täglich 50.000 Passantinnen und Passanten

Die vormals durchgängige Autostraße ist seit der Umgestaltung im Kern eine 430 Meter lange Fußgängerzone. Eingefasst wird diese von zwei Begegnungszonen mit einer Länge von 740 bzw. 460 Metern, wo Autos, Radfahrer und Fußgänger gleichberechtigt sind und eine Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h gilt. Laut Stadt halten sich an einem durchschnittlichen Wochentag mehr als 50.000 Passanten auf, im Jahr kommt man auf eine Frequenz von 17 Millionen Menschen.

Fünf Jahre Mariahilfer Straße

Eines der umstrittensten Verkehrsprojekte der letzten Jahre feiert in Wien Geburtstag: Die Mariahilfer Straße ist seit fünf Jahren eine Fußgänger- und Begegnungszone. Dieses Jubiläum wurde am Freitag offiziell begangen, nicht ohne auf den „schweren Kampf“ im Vorfeld hinzuweisen.

„Weltuntergang ist nicht eingetreten“

„Menschen haben den Weltuntergang prophezeit, aber nichts davon ist eingetreten“, freute sich Hebein. Vielmehr versteht die Verkehrsstadträtin die „Mahü“ als Trendwende: "Inzwischen liegen zig Projekte für weitere Begegnungszonen am Tisch.

Für den SPÖ-Bezirksvorsteher von Mariahilf, Markus Rumelhart, ist die Umgestaltung gar „ein Symbol dafür, wie Stadtgestaltung funktionieren kann“. Das habe sich nicht nur bezüglich der positiven Effekte für die Wirtschaft, sondern auch in der Coronakrise gezeigt. Während die Innenstadt in der Lockdown-Phase leer gewesen sei, hätte hier trotzdem aktives Leben stattgefunden: „Die Wienerinnen und Wiener sehen die Mariahilfer Straße als neues Stadtzentrum.“

Politiker bei der Feier Fünf Jahre Mariahilferstraße
APA/Stadt Wien/ Norbert Novak
Gruppenbild mit amtierenden und ehemaligen Bezirkspolitikern im Rahmen des Pressetermins

Sein Neubauer Pendant Markus Reiter (Grüne) sagte, die verkehrsberuhigte Einkaufsmeile sei der „Nährboden“ für das, was er in seinem Bezirk gerade im Kampf gegen Hitzeinseln und Klimawandel an Angriff nehme – in Form von Baumpflanzungen, Kühlelementen und weiteren Begegnungszonen in „Mahü“-Seitenstraßen.

Ex-Politiker erinnern an „frustrierende, schwere Zeit“

Mit dabei waren bei dem Pressetermin auch jene zwei früheren Bezirkschefs, in deren Amtszeit noch die äußerst emotional geführten Debatten im Vorfeld der Neugestaltung fiel. Wobei die rote Ex-Mariahilf-Chefin Renate Kaufmann die Geburt des Projekts ohnehin für sich reklamierte. Sie sei mit der Fußgängerzonen-Idee in den Wahlkampf 2001 gezogen, die Zeit dafür sei damals aber noch nicht reif gewesen.

Mariahilferstraße
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Die Mariahilfer Straße – vor allem Unternehmer der Einkaufsstraße klagten im Vorfeld über befürchtete Einbußen

„Mit dem Eintritt der Grünen in die Regierung (2010, Anm.) hat man dann große Konzepte gesucht“ und habe sich an „mein Baby“ erinnert. Die Beamtenschaft sei davon wenig begeistert gewesen, „die Wirtschaftskammer sowieso nicht“, erzählte Kaufmann: „Wir sind oft sehr frustriert nach Hause gegangen. Es war ein ganz harter, schwerer Kampf.“

Neubaus früherer Vorsteher Thomas Blimlinger (Grüne) gab zu, anfangs wegen der befürchteten Verkehrsverdrängung in die Nebengassen des 7. Bezirks zu den Skeptikern gehört zu haben: „Die Lösung Fußgänger- und Begegnungszone war dann ein guter Kompromiss.“ Auch er sprach von einer „schwierigen Zeit“, bis die Umsetzung durch war: „Wir wurden oft vorgeführt.“ Umso mehr zeige die „Mahü“, dass es Mut brauche, um gute Projekte zustande zu bekommen.