Die neue brut Spielstätte (Bild) in Neu Marx wurde am Freitag, 11. September 2020, im Rahmen einer Pressekonferenz zum Thema „Zukunft des brut – Pläne für die freie Szene“ in Wien vorgestellt.
APA/ROBERT JAEGER
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KULTUR

brut Wien bekommt Theater in St. Marx

Das Koproduktionshaus Brut Wien zieht in eigenes Theater in St. Marx. Die alte Zentralbank-Zweigstelle St. Marx wird renoviert und ab 2024 vom Koproduktionshaus brut bespielt. 6,9 Millionen Euro investiert die Stadt dafür.

Bis die Renovierungsarbeiten des Bankgebäudes in St. Marx abgeschlossen sind, soll eine Fabrikhalle in der Nordwestbahnstraße als Zwischenquartier genutzt werden. „Mit dem heutigen Tag hat ein wahrlich schwieriges Kapitel einer Ortssuche sein Ende gefunden“, freute sich die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) heute anlässlich der Präsentation der neuen Spielstätte des Koproduktionshauses brut Wien. Ab 2024 soll das dann adaptierte Bankgebäude in St. Marx der freien Szene zur Verfügung stehen. brut-Leiterin Kira Kirsch zeigte sich erleichtert.

In den vergangenen drei Jahre sei das brut Wien aufgrund der Renovierung des Künstlerhauses „in der Stadt mäandert und hat neue Orte erschlossen“, sprach Kaup-Hasler über das, was Kira Kirsch aus der „Notlage“ gemacht habe. „Das brut hat gezeigt, wie man als Haus ohne Haus agiert“, lobte die Stadträtin. Nun sei es wichtig, dass sich das Theater aber wieder „verorten und verankern“ kann.

Die neue brut Spielstätte (Bild) in Neu Marx wurde am Freitag, 11. September 2020, im Rahmen einer Pressekonferenz zum Thema „Zukunft des brut – Pläne für die freie Szene“ in Wien vorgestellt.
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Die neue brut-Spielstätte in Neu Marx wird um 6,9 Millionen Euro saniert

Zwischenquartier in der Nordwestbahnstraße

Bis es soweit ist, hat man ab März 2021 in einer Halle in der Nordwestbahnstraße 8 in Wien-Brigittenau Unterschlupf gefunden. In den kommenden Wochen werde das Gebäude theaterfit gemacht, wie brut-Geschäftsführer Richard Schweitzer erläuterte. Dazu zählen die Schaffung von Fluchtwegen genauso wie die Installation der vorgeschriebenen Notbeleuchtung. „Aber mit dem kurzfristigen Einbau von Türen kennen wir uns mittlerweile aus“, verwies er schmunzelnd auf jene rund 90 Spielorte in der Stadt, die man in den vergangenen drei Jahren für Aufführungen adaptiert habe.

Stadt Wien zahlt knapp sieben Millionen Euro

Finanziert wird die neue Location von der Stadt Wien: Das im Besitz der MA 34 (Bau- und Gebäudemanagement) befindliche Gebäude wird für 6,9 Mio. Euro renoviert, zwei Drittel der Kosten übernimmt die MA 7. Jenes Drittel, das die MA 34 zuschießt, werde die Kulturabteilung über 25 Jahre mit der Miete abbezahlen, führte Kaup-Hasler aus. Den veranschlagten Quadratmeterpreis bezifferte man mit 6,74 Euro, dazu komme ein Erhaltungsbeitrag von 1,2 Euro pro Quadratmeter.

„Endlich wieder ein eigenes Haus bespielen zu dürfen, verstehe ich als Würdigung unserer Arbeit und jener der Freien Szene in Wien“, bedankte sich Kirsch für die nunmehrige Lösung, nachdem ein Verbleiben im Künstlerhaus aufgrund der hohen Sanierungskosten (5 Millionen Euro) nicht möglich war sowie ein Einziehen ins ehemalige TBA21 im Augarten nicht zustande kam.

„Es ist ein Haus, das man gestalten kann, wo man die eigenen Arbeitsbedingungen kennt und sich aktiv in die Nachbarschaft einbringen kann“, freute sich Kirsch, deren Vertrag allerdings nach der Saison 2022/23 ausläuft. Über eine etwaige Verlängerung wollte Kaup-Hasler mit Verweis auf eine notwendige Ausschreibung nicht mutmaßen. Kirsch will jedenfalls die gute Erfahrung der vergangenen Jahre nützen und auch „weiterhin von hier aus in die Stadt ausschwärmen“.

Die brut-Geschäftsführung Kira Kirsch und Richard Schweitzer während einer Pressekonferenz zum Thema „Zukunft des brut – Pläne für die freie Szene“ am Freitag, 11. September 2020
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Die brut-Geschäftsführung Kira Kirsch und Richard Schweitzer bei der Präsentation „Zukunft des brut – Pläne für die freie Szene“

„Genug Platz für die Tanz- und Theaterszene“

Mit dem Gebäude und dem angrenzenden Grundstück habe man in St. Marx jedenfalls „genug Freiraum und Platz für die Tanz- und Theaterszene“. Dass diese nicht in die Vorgänge miteinbezogen wurde, kritisierte aus dem Publikum heraus Ulrike Kuner, Geschäftsführerin der IG Freie Theater. Von dem heutigen Präsentationstermin habe sie erst gestern erfahren.

„Die Freie Szene in Wien ist in den vergangenen 30 Jahren unglaublich gewachsen“, nahm Kaup-Hasler auf den Umstand Bezug, dass ein eigenständiger Ort immer notwendiger geworden war. Anstatt in die Sanierung eines Hauses zu investieren, das nicht im Eigentum der Stadt Wien sei, habe man sich nun für diesen Weg entschieden. Übrigens habe Hans Peter Haselsteiner, der das Künstlerhaus saniert hat, sich bereit erklärt, 500.000 Euro zur Sanierung in St. Marx beizusteuern. Der Ort werde in den kommenden Jahren mit dem Mediencluster und der geplanten Veranstaltungshalle direkt gegenüber „noch lebendiger werden“, unterstrich Kaup-Hasler.

2.900 Quadratmeter Fläche

Nach dem Umbau stehen in der Karl Farkas Gasse 16 insgesamt 2.900 Quadratmeter zur Verfügung, davon 1.500 Quadratmeter im Gebäude. Der Parkplatz, der sich neben dem frei stehenden Haus befindet, soll einem autofreien Raum weichen, der über eine Terrasse mit dem Haus verbunden ist. Neben dem Veranstaltungssaal, in dem sich bis zu 400 Personen einfinden können und der mit Bestuhlung rund 160 Plätze bietet, soll es drei Probenräume, eine Nebenbühne sowie Büroflächen für das brut geben. Schweitzer hofft, dass im Idealfall vier Produktionen zugleich das Haus bevölkern werden: drei Gruppen in den Proberäumen, eine im Saal.

Apropos Gruppen: Das brut Wien startet am 3. Oktober am Schwendermarkt mit den Rabtaldirndln und Yosi Wanunu mit einer „Action-Movie-Performance“ in den Herbst. Am 10. Oktober folgt im studio brut in der Zieglergasse die Uraufführung von Claudia Lomoschitz’ „Soft Skills“ im Rahmen von imagetanz, am 15. Oktober steht die Uraufführung von „The way of ink“ von Asher O’Gorman an. Das gesamte Programm der kommenden Saison wird am Montag präsentiert.