Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, SPÖ
APA/Herbert Neubauer
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Chronik

CoV: Stadt erhöht Personal massiv

Die Stadt Wien plant eine massive Personalaufstockung im Kampf gegen das Coronavirus. Insgesamt sollen 1.000 Personen neu angestellt bzw. befristete Dienstverhältnisse verlängert werden, wie Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) angekündigt hat.

Sehr lange Wartezeiten bei der Hotline 1450 sowie bei den Testabnahmen, um Tage verspätete Testergebnisse oder Quarantäne-Bescheide: Es mehren sich die Beschwerden rund um das Management der Wiener Behörden. Das soll sich nun mit dem neuen Personal ändern. „Wenn man alles zusammen rechnet, sind das mehr als 1.000 Personen, die wir zusätzlich während der Coronaviruszeit einstellen wollen, um die Herausforderungen zu bewältigen“, sagte Ludwig am Mittwoch vor Journalisten.

Ein großer Teil, nämlich 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, werden im Bereich des Contact-Tracings neu engagiert. Beim Contact-Tracing geht es um das Aufspüren von Kontaktpersonen bei Covid-19-Fällen. Insgesamt werden in diesem Bereich dann 600 Personen im Einsatz sein. Diese sollen dann auch bei der Hotline 1450 mitarbeiten, wie Ludwig ankündigte.

150 Personen für Gesundheitsbehörde

Bei der Hotline 1450 melden sich jene Menschen, die vermuten, sich mit dem Coronavirus infiziert zu haben. In den vergangenen Tagen und Wochen ist die Zahl der Anrufe massiv in die Höhe gegangen. Wurden beispielsweise laut dem medizinischen Krisenstab der Stadt am 8. August noch 1.222 Anrufe verzeichnet, waren es am Dienstag 17.978 Anrufe.

Covid-19: Wien stockt Personal auf

Wien stockt das Personal für das Contact Tracing, also für die Nachverfolgung der Kontakte mit Infizierten massiv auf. In diesem Bereich sollen allein 600 Personen arbeiten. Nach Beschwerden über die Corona-Hotline, soll auch hier Personal dazukommen. Das Angebot richtet sich vorwiegend an über 50-jährige mit entsprechender Qualifikation.

Bei der Gesundheitsbehörde werden 150 zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgenommen. Deren vorrangige Aufgaben werden das Erstellen von Bescheiden und das Beantworten von Anfragen von Einrichtungen, Organisationen oder Vereinen sein. Auch bei der Wiener Rettung wird aufgestockt, nämlich um 75 Personen.

Zusätzlich werden die bis Jahresende befristeten Verträge jener 380 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die diesen Sommer eingestellt worden waren, bereits jetzt bis in das nächste Jahr hinein verlängert. Diese sind vor allem im medizinischen und pflegerischen Bereich tätig.

„Man kann immer alles mehr, schneller, früher machen“

Das Engagement der neuen Mitarbeiter soll demnächst schrittweise erfolgen. Ein Fokus liegt dabei auf Personen, die mehr als 50 Jahre alt sind und derzeit aufgrund der angespannten Arbeitsmarktsituation besonders unter Druck stünden, so Ludwig. Wobei natürlich eine entsprechende Qualifikation Voraussetzung sei, so Ludwig.

Auf die Journalistenfrage, warum das Personal erst jetzt aufgestockt werde, wo doch die steigende Zahl an Infizierten für den Herbst erwartbar war, antwortete Ludwig: „Man kann immer alles mehr, schneller, früher machen, das ist überhaupt keine Frage. Wir haben schrittweise der Entwicklung Rechnung getragen.“

Überdies kündigte der Bürgermeister an, dass der Gurgeltest künftig vermehr zum Einsatz kommen wird und „traditionelle Testformate“ ablösen soll. „Ich gehe davon aus, dass das gemeinsam mit der Personalaufstockung dazu führen wird, dass wir noch schneller die Testergebnisse darstellen können.“

Weiteres Geld für Privatkindergärten

Wien stellt infolge der Coronaviruskrise auch weitere außertourliche Mittel für private Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung. Der Sondertopf umfasst sieben Millionen Euro, teilte Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) mit. Das bedeutet, dass pro Betreuungsplatz eines privaten Trägers, der Fördernehmer der Stadt ist, einmal 110 Euro fließen.

Hacker: Keine verschärften Maßnahmen für Wien

Die Bundesregierung hat sich am Mittwochvormittag in Wien, noch vor dem Ministerrat, mit Vertretern jener Länder, Bezirke und Städte zusammengesetzt, in denen die Ampel zuletzt auf Orange geschaltet worden ist. Laut Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) sind bei dieser Corona-Ampel-Krisensitzung keine verschärften Maßnahmen beschlossen worden.

"Eine Diskussion darüber hat es gar nicht gegeben, jetzt im Hinblick auf orange Regionen. Dass da noch zusätzliche Maßnahmen kommen sollen, außer jene, die wir schon kennen und in Gesetzeswerdung sind. Wir haben auch gesprochen über das Problem der privaten Clubs, der geschlossenen Gesellschaften. Das ist eine Problemzone, wo der Bund versprochen hat, das es eine gesetzliche Regelung geben wurde. Aber es sind keine zusätzlichen, neuen Maßnahmen angekündigt bzw. besprochen worden“, sagte Hacker im Ö1-Mittagsjournal.

Wien habe lediglich eingefordert, dass es bundesweit verpflichtend sein muss, bei Restaurantbesuchen Besucherkarten ausgefüllt werden, zur besseren Rückverfolgung bei einem Infektionsfall. Auch eine bundesweit verbesserte und möglichst einheitliche Vorgehensweise zum Schutz von Pflegeeinrichtungen eingefordert, so Hacker.

Deutschland will Wien auf Rote Liste setzen

Noch am Mittwoch will die deutsche Regierung Wien zum Coronavirus-Risikogebiet erklären. Das berichtete der „Standard“ am Vormittag unter Berufung auf deutsche Regierungskreise. Menschen, die aus Wien kommend nach Deutschland einreisen, müssen damit künftig einen negativen CoV-Test vorweisen – oder zwei Wochen in Quarantäne – mehr dazu in news.ORF.at.

„Ja, es ist ein unfreundlicher Akt. Aber das ist die konsequente Fortsetzung unserer eigenen Strategie. Ich erinnere mich im Sommer noch an die Diskussion, Reisewarnung gegenüber Italien, oder Kroatien. Alles Länder, die wie wir vom Tourismus leben. Wenn wir einen strengen Maßstab gegenüber anderen Ländern anlegen, dann legen die einen strengen Maßstab uns gegenüber an“, sagte Hacker.

Auch für Ludwig wäre der kolportierte Schritt Deutschlands, Wien zum Risikogebiet zu erklären, „keine Besonderheit“. „Es ist eine Entwicklung, die ganz Europa, vor allem die urbanen Räume, trifft. Das gilt ja schon für andere europäische Großstädte wie Brüssel, Paris, Prag, Genf – überall dort, wo es natürlich auch größere Menschenansammlungen gibt“, sagte er.

Blümel: Reisewarnung für Wien ist ein Alarmsignal

„Eine Reisewarnung für Wien ist ein Alarmsignal für den Standort Wien.“ Das sagte Finanzminister Gernot Blümel, auch Spitzenkandidat der Volkspartei bei der nahenden Wien-Wahl. „Das als ‚keine Besonderheit‘ abzutun, ist schlicht zu wenig. Ich erwarte mir mehr vom Bürgermeister dieser Stadt“, so Blümel.

Gleichzeitig handle es sich um einen „Wink mit dem Zaunpfahl an die EU-Kommission“, die benötigten Hilfen für die betroffenen Unternehmen und Branchen zu genehmigen. Ludwig solle „mit uns gemeinsam gegen die EU-Kommission und für die Unternehmerinnen und Unternehmer in dieser Stadt kämpfen“. Damit diesen mit dem Fixkostenzuschuss so geholfen werden könne, dass sie über den Winter kommen und eine Perspektive bekommen.

CoV-Experte: Tests derzeit „zu langsam“

Kritik, dass die CoV-Tests und das Contact Tracing derzeit zu langsam seien, kam jüngst von Simulationsexperten Niki Popper von der Technischen Universität Wien. „Es ist schon ab Juli ein Anstieg zu sehen gewesen, dieser langsame Anstieg ist das Fundament, dann kamen die Urlaubsrückkehrer, jetzt sind die Indooraktivitäten verstärkt“, sagte Popper im „Report“. Deshalb sei damit zu rechnen gewesen, „dass im September die Zahlen steigen“.

„Es wird steigen und ob eine ‚zweite Welle‘ kommt, hängt davon ab, was jetzt in der nahen Zukunft“ passiert, sagte Popper. Durch die jetzt wieder verschärfte Maskenpflicht ist eine Reduktion der Ausbreitung zu erwarten, allerdings hänge dies davon ab, ob die Leute auch mitmachen. Bei Indoorveranstaltungen gehe es um ein Eindämmen von sogenannten Super Spreader-Events.

Studiogespräch zur Corona-Situation

Zu Gast im Studio ist Niki Popper, Simulationsforscher von der TU Wien.

„Haben sicher einige Zeit lang zugeschaut“

Denn je langsamer das Testen und Tracen ist, desto schneller breite sich die Krankheit aus, so Popper. „Die Zahlen die wir zur Verfügung haben deuten darauf hin, dass wir ein Problem bekommen, oder auch schon haben“, sagte Popper. Jeder Euro der hier investiert werde, der „ist ein gut investierter Euro“.

Auf die Frage, ob man den Vorsprung aus dem Lock Down bereits verspielt habe, antwortete Popper: „Wir haben sicher einige Zeit lang zugeschaut, dass es wachst. Ich glaube wir müssen jetzt darauf schauen, dass die Ampel eingesetzt wird, dass sehr wohl auch geschaut wird, wo muss man regional agieren und zu schauen, wo wird regional getestet und getracet, weil die Werte sind regional schon sehr unterschiedlich.“

319 Neuinfektionen in Wien

Österreich hat am Mittwoch erneut mehr als 700 Neuinfektionen verzeichnet. Im 24-Stunden-Vergleich kamen 768 Covid-19-Fälle hinzu. Die meisten Neuinfektionen verzeichnete am Mittwoch erneut Wien, hier kamen 319 hinzu, somit sind in der Bundeshauptstadt 3.605 Menschen aktiv infiziert. In Wien wurden in den vergangenen 24 Stunden 5.671 Testungen eingemeldet. 159 Neuinfektionen gab es in Niederösterreich, 2.455 PCR-Tests wurden seit Dienstag eingemeldet, 812 Menschen sind aktiv infiziert.

Drei Neuinfektionen mit SARS-CoV-2 gibt es bei den Wiener UNO-Organisationen am Vienna International Center (VIC). Zwei betreffen das Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung, einer die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA).

NEOS schaltet Stadtrechnungshof ein

Nun beschäftigt das Coronavirus auch den Wiener Stadtrechnungshof: Die NEOS werden ein Prüfersuchen an das Kontrollorgan richten, damit dieses das städtische Risikomanagement rund um das Pandemie-Geschehen genauer unter die Lupe nimmt, wie am Mittwoch in einer Pressekonferenz bekannt gegeben wurde. Die Pinken orten in diesem Bereich „schwere Versäumnisse“, so Klubchef Christoph Wiederkehr.

Rot-Grün in Wien sei offenbar nicht auf die erwartbare Steigerung der Corona-Fälle im Herbst vorbereitet, kritisierte Gesundheitssprecher Stefan Gara. „In Wahrheit kennen sich die Menschen nicht mehr aus: Das an sich sinnvolle Instrument der Ampel wird ständig konterkariert. Die SPÖ fordert im Bund Testergebnisse innerhalb von fünf Stunden – braucht in Wien aber dafür fünf Tage.“

Und weiter: „Die massiven Personalengpässe wurden zu spät angegangen. Betroffene warten teilweise zwei Wochen auf ihre Quarantäne-Bescheide“, veranschaulichte Gara die Problematik.