Fassade eines Ringhotels
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Wirtschaft

Reisewarnung als Hiobsbotschaft für Hotels

Die am Mittwoch fixierte deutsche Reisewarnung für Wien verschärft die wirtschaftliche Lage in der ohnedies bereits extrem geschwächten Stadthotellerie dramatisch, fürchtet die Wirtschaftskammer Österreich. Bereits seit Wochenanfang gebe es eine Stornowelle.

Die zu Beginn der Woche verkündeten, strengeren Coronavirus-Vorschriften für Veranstaltungen wie etwa Hochzeiten, sowie die Schweizer Reisewarnung eine Stornowelle hätten zu zahlreichen Stornierungen geführt. Die Schweiz hatte Wien wegen der stark steigenden Infektionszahlen bereits vergangenen Freitag auf die Liste der Coronavirus-Risikogebiete gesetzt. Seit Montag gilt dort für Einreisende aus Wien eine Quarantänepflicht.

„Es hagelt Stornierungen und Buchungen für den weiteren Herbst bleiben komplett aus“, teilte die Obfrau des Fachverbandes Hotellerie der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Susanne Kraus-Winkler mit Blick auf „die aktuelle Hiobsbotschaft für den Wiener Tourismus“ mit. Im Juli seien die meisten Nächtigungen etwa aus Deutschland gekommen, laut Wien Tourismus 155.000.

Hotelrezeption
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In der Hotellerie habe man zuletzt einen leichten Aufwärtstrend gespürt

Zuletzt leichter Aufwärtstrend

Zuletzt sei noch ein leichter Aufwärtstrend in der Branche erkennbar gewesen, einige Betriebe hätten sogar von einer „passablen Auslastung von 50 bis 60 Prozent im September und Oktober“ berichtet. Aufgrund der aktuellen Entwicklung, der Absage von Veranstaltungen, Hochzeiten und Firmenseminaren sowie den Stornierungen der ausländischen Gäste, stehe man nun vor einer Auslastung von „nicht einmal zehn Prozent“.

„Damit kann kein Betrieb auch nur annähernd kostendeckend geführt werden“, so die Branchensprecherin besorgt. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer seien „einfach nur mehr verzweifelt und überlegen, ihre Betriebe wieder komplett zuzusperren“, umriss Kraus-Winkler die Stimmung in der Branche.

Hotellerie bangt vor Reisewarnung

Das Außenministerium in Berlin sieht Wien mit steigenden Infektionszahlen konfrontiert. Deutsche Gäste machen den Löwenanteil bei Übernachtungen aus.

Appell an Bund und Stadt

Es sei nun besonders wichtig, weitere Hilfsmaßnahmen für durch die Coronavirus-Krise so stark getroffene Hotellerie, insbesondere die Stadthotellerie, auf den Weg zu bringen, betonte Kraus-Winkler. Konkret müsse der Fixkostenzuschuss Phase 2 rasch von der Europäischen Kommission freigegeben werden und die Umsatzsteuersenkung müsse „zumindest bis Mitte 2021“ verlängert werden, bis die Betriebe auch wieder Umsätze erwirtschaften könnten. Weiters wäre nun das Kreditmoratorium zügig umzusetzen.

An die Wiener Stadtregierung richtete die Branchenvertreterin für Österreichs Hotellerie den dringenden Appell, „Versäumnisse bei der Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus in Wien schnellstens aufzuholen und die richtigen Maßnahmen zu setzen“, um die Fallzahlen in den Griff zu bekommen. „Der Tourismus in Wien kann es sich nicht leisten, dass das Image von Wien einen noch größeren Schaden erleidet.“ Der Wiener Tourismusdirektor versucht in „Wien heute“ gegenzusteuern: „Wien war nicht gefährlich, Wien ist nicht gefährlich. Aber die Situation ist so wie in ganz Europa, dass Metropolen besonders betroffen sind von der Pandemie.“

Für Tourismus-Chef „sehr schlimm“

Wien-Tourismus-Chef Norbert Kettner beurteilt die Reisewarnung in durchaus drastischen Worten. „Es ist sehr schlimm“, meinte er im APA-Gespräch. Deutschland sei für die Hauptstadt der wichtigste Markt, der in der Krise zuletzt sogar noch an Bedeutung gewonnen habe. Kettner befürchtet nun temporäre oder sogar gänzliche Hotelschließungen.

Wiens Chef-Touristiker unterstrich die wirtschaftliche Bedeutung des Nachbarlands für den hiesigen Fremdenverkehr. „2019 machten die Deutschen 19 Prozent der Nächtigungen aus und sogar jetzt in der Krise ist der Anteil noch einmal gestiegen, weil viele Märkte, die für uns wichtig sind, abgeschnitten von uns sind oder wir von ihnen.“ Demnach sei der Nächtigungsanteil deutscher Gäste im Juli sogar bei 35 Prozent gelegen. Die Deutschen hätten im Juni – für Juli gibt es hier noch keine Zahlen – außerdem für 30 Prozent der Umsätze der Beherbergungsbetrieben gesorgt.

Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) sprach gegenüber der APA von einer „Erschwernis“ für den Tourismus. „Dennoch glaube ich, dass wir über die nächsten Monate eine strukturierte Belebung sehen werden“, zeigte er sich nichtsdestotrotz zuversichtlich.