Linie 52 Mariahilferstraße Staglgasse
Wiener Linien / Helmer
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Chronik

Pläne für Straßenbahn nach Niederösterreich

Ein möglicher Ausbau der Straßenbahn von Wien nach Niederösterreich soll bis Frühjahr kommenden Jahres geprüft werden. Es seien die besten Lösungen für Pendler über Ländergrenzen hinweg gefragt, hieß es am Freitag aus beiden Ländern.

Wien hat für das kommende Jahrzehnt einige Ausbaupläne für das Straßenbahnnetz in der Schublade – darunter auch die Anbindung des niederösterreichischen Umlands mit drei Linien. Solche Strecken werden nun realistischer. Denn aus beiden Bundesländern hieß es am Freitag, die Möglichkeiten und Rahmenbedingungen einer Umsetzung würden bis zum kommenden Frühjahr geprüft.

Drei grenzüberschreitende Strecken möglich

Wiens Öffi-Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) erklärte in einem Pressegespräch die angedachten Routen. Zum einen soll eine neue Linie 72 von Simmering (ab Höhe der Hauptwerkstätte der Wiener Linien) nach Schwechat entstehen. Dieses 2,6 Kilometer lange Projekt, das auch die S7-Station Kaiserebersdorf anbinden würde, könnte bereits bis 2023 abgeschlossen werden, wurde heute versichert.

Als zweite grenzüberschreitende Strecke ist die Verlängerung des 25ers um fast sieben Kilometer bis Groß-Enzersdorf vorgesehen. Der dritte Vorschlag betrifft die Verbindung ab der S-Bahn-Station Liesing bis nach Kaltenleutgeben – und zwar nach dem Modell Badner Bahn, wofür alte Schienentrassen wieder nutzbar gemacht werden könnten.

Diese drei Verbindungen hätten durchaus eine „hohe Realisierungswahrscheinlichkeit“, wie Öffi-Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) versicherte: „Da sind wir jetzt schon nur ein paar Hundert Meter von der Stadtgrenze entfernt.“ Die Planungsgemeinschaft-Ost (PGO) sei mit einer entsprechenden Prüfung, was die Umsetzung betrifft, beauftragt worden. Klar sei aber auch, dass Wien die Kosten dafür nicht alleine tragen werde. Das könne nur gemeinsam mit dem Bund und Niederösterreich gestemmt werden.

Geschätzte Projektkosten rund 400 Millionen Euro

Aus Niederösterreich kamen am Freitag prompt positive Signale. Mobilitätslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) versicherte in einer Aussendung, den Plänen offen gegenüber zu stehen. Mit einem Ergebnis der PGO rechnet er im Frühjahr. „Uns eint dabei der Wille, die besten Lösungen für Pendlerinnen und Pendler über Ländergrenzen hinweg zu finden. Wir sprechen von einem Lebensraum, in dem Verwaltungsgrenzen keine Rolle spielen sollten“, replizierte er auf Sima.

Die bauliche Umsetzung für alle drei Projekte würde fast 400 Millionen Euro kosten, berief sich Schleritzko auf Expertenschätzungen. Dazu kämen noch jährliche Bestellkosten des Verkehrsangebots in Höhe von rund 40 Millionen Euro. „Welche Kosten hier durch die Nahverkehrsmilliarde des Bundes finanziert werden können, wie man die Angebotsbestellung organisiert und viele weitere Fragen müssen jetzt beantwortet werden“, so der niederösterreichische Landesrat.

Rückenwind für einen Straßenbahnausbau ins Wiener Umland bzw. im Stadtgebiet selbst könnte jedenfalls eine neue Studie des in der Wirtschaftskammer angesiedelten Standortanwalts Alexander Biach bringen. Diese – heute gemeinsam mit Sima präsentierte – Berechnung sieht nämlich hohes Potenzial für Konjunktur und Arbeitsmarkt.

Wiener Linien verfolgen 13 Bim-Projekte bis 2029

„Straßenbahnen sind der Wunderwuzzi schlechthin“, zeigte sich Biach geradezu euphorisch. Sie würden die Wirtschaft ankurbeln, Jobs schaffen, die Einkaufsstraßen stärken und seien umweltfreundlich. 13 Bim-Projekte der Wiener Linien, die sich in verschiedenen Planungsstadien bis zum Zeithorizont 2029 befinden, haben Biach und sein Team unter volkswirtschaftlichen Aspekten unter die Lupe genommen.

Neben der schon in Betrieb genommenen Verlängerung des D-Wagens bis zum Sonnwendviertel und die ab Oktober geführte Erweiterung der Linie O vom Praterstern bis zum Nordbahnhofviertel finden sich darunter auch Ideen, die derzeit noch nicht fix unter Dach und Fach sind – wie eben die Verbindungen nach Niederösterreich.

Straßenbahnbau als Wirtschaftsmotor

Ausgehend von Investitionskosten von 864,3 Mio. Euro, die laut Wiener Linien für die Realisierung aller 13 Projekte notwendig wären, errechnete der Standortanwalt Effekte von 538,5 Mio. Euro auf das Bruttoregionalprodukt Wiens bzw. mehr als eine Mrd. Euro für das BIP in Österreich. Allein gut 400 Mio. Euro würden an Steuern und Abgaben wieder an die öffentliche Hand zurückfließen. Und in der Bundeshauptstadt würden 5.277 Vollzeitjobs geschaffen werden – 9.581 wären es österreichweit.

Zudem würde sich auch der Betrieb der neuen Bim-Linien positiv auswirken. Er brächte Österreich 32,9 Mio. Euro an jährlichen Steuern, würde 86,8 Mio. Euro zum BIP beitragen – davon 47,2 Mio. Euro in Wien – und schüfe 895 Arbeitsplätze bundesweit, 583 davon in der Hauptstadt.