Ludwig und Hebein
ORF.at/ Roland Winkler
ORF.at/ Roland Winkler
Wahl 2020

Rot-Grüne Koalition beliebteste Variante

Die Wien-Wahl ist von der Coronavirus-Krise geprägt gewesen. Das zeigt auch die Wahltagsbefragung für den ORF. Laut dieser wünscht sich mehr als ein Drittel eine Fortsetzung der rot-grünen Stadtregierung.

Den hohen Stellenwert der Pandemie belegt die Wahlbefragung von SORA und ISA im Auftrag des ORF. 45 Prozent der befragten Wählerinnen und Wähler gaben an, dass sie vor der Wahl über das Thema Coronavirus sehr diskutiert hätten. Alle anderen Themen gingen vergleichsweise unter. Das Thema Arbeitsplätze und Wirtschaft spielte noch für 32 Prozent der Umfrageteilnehmer eine große Rolle. Am wenigsten von Bedeutung waren die Themen Verkehr und Sicherheit und Kriminalität mit 20 bzw. 21 Prozent.

Politolge Peter Filzmaier über Wahlmotive

Peter Filzmaier spricht über die stärksten Wahlmotive.

Für die Wählerinnen und Wähler der Parteien standen zudem Arbeitsplätze und Wirtschaft (SPÖ, ÖVP), Bildung (NEOS) sowie Zuwanderung (FPÖ) und Klima und Umweltschutz (Grüne) im Mittelpunkt. Bei FPÖ und Grünen wurden diese Themen deutlich öfter diskutiert als die Pandemie.

60 Prozent mit Coronavirus-Politik zufrieden

Mit der Coronavirus-Politik der Stadtregierung sind 60 Prozent der Wählerinnen und Wähler sehr oder eher zufrieden. Auch hier zeigen sich Unterschiede je nach Partei. SPÖ- (86 Prozent) und Grün-Wähler (91 Prozent) sind zum großen Teil zufrieden. ÖVP- (40 Prozent) und NEOS-Wähler (48 Prozent) sind skeptischer. FPÖ-Wähler (18 Prozent) hingegen finden kaum ein gutes Haar an der rot-grünen Coronavirus-Bewältigung.

Analyse von Politolge Peter Filzmaier

Peter Filzmaier spricht über die stärksten Wahlmotive.

Mehr als ein Drittel für Rot-Grün

Bei der SPÖ war das Motiv Spitzenkandidat mit 20 Prozent in etwa doppelt so wichtig wie bei den übrigen Parteien. Für zehn Prozent der ÖVP-Wählerinnen und -Wähler war Spitzenkandidat Gernot Blümel am wichtigsten. Bei den Grünen kam Birgit Hebein als Wahlmotiv auf unter zehn Prozent. Das wichtigste Wahlmotiv waren bei den anderen Parteien die jeweiligen inhaltlichen Standpunkte. SPÖ- und Grün-Wähler wählten ihre Parteien auch wegen der bisherigen Arbeit.

Mehr als ein Drittel der Wahlberechtigten wünscht sich laut der Wahltagsbefragung eine Fortsetzung der rot-grünen Stadtregierung. 36 Prozent aller Wähler sprechen sich für eine Koalition aus SPÖ und Grünen aus. Für 13 Prozent heißt die Lieblingskoalition Rot-Türkis. Neun Prozent wünschen sich SPÖ und NEOS als künftig regierende Parteien im Wiener Rathaus.

Am beliebtesten ist Rot-Grün unter den Grün-Wählern. Von ihnen sprechen sich 83 Prozent dafür aus, mit der SPÖ weiterzuarbeiten. Von jenen, die bei der SPÖ ihr Kreuzerl gemacht haben, wünscht nur etwas mehr als die Hälfte (54 Prozent) Rot-Grün. Die weiteren denkbaren Varianten SPÖ-ÖVP (zwölf Prozent) und SPÖ-NEOS (zehn Prozent) können sich aber deutlich weniger SPÖ-Wähler vorstellen.

75 Prozent halten Wien für sehr lebenswert

Drei Viertel der Befragten halten Wien für sehr lebenswert, das ist ein Plus von rund zehn Prozentpunkten gegenüber 2015 und auf einem ähnlichen Niveau wie 2010. Eine klare Mehrheit der Wählerinnen und Wähler aller Parteien teilt diese Meinung (SPÖ, Grüne und NEOS über 90 Prozent, ÖVP 70 Prozent), nur FPÖ-Anhängerinnen und -Anhänger meinen zu 73 Prozent, dass die Stadt stark abgewirtschaftet hat.

Personen, die mit der Lebensqualität in Wien zufrieden sind, wählten zu knapp 50 Prozent die SPÖ und zu rund 20 Prozent die Grünen. Die FPÖ erhielt fast ein Drittel der Stimmen jener, für die Wien stark abgewirtschaftet hat.

Bundespolitik hatte vor allem bei ÖVP-Wählern Einfluss

Für 50 Prozent aller Wählerinnen und Wähler hatte die Bundespolitik Einfluss auf ihre Wahlentscheidung. 49 Prozent gaben an, dass es „ausschließlich eine Wiener Entscheidung“ war. Für 64 Prozent der SPÖ-Wählerinnen und -Wähler war es eine Wiener Entscheidung. Bei der FPÖ hatten 56 Prozent die Bundespolitik einbezogen, bei der ÖVP waren es sogar 74 Prozent, bei den Grünen 57 Prozent. Für 56 Prozent der NEOS-Wählerinnen und -Wähler hatte die Bundespolitik Einfluss auf ihre Wahlentscheidung.

SPÖ bei Pensionisten und unter 30-Jährigen auf Platz eins

SPÖ und ÖVP wurden bei dieser Wahl deutlich öfter von älteren Personen gewählt, zusammen kommen sie auf drei Viertel der Stimmen in dieser Gruppe. Unter Pensionistinnen und Pensionisten erhielt die SPÖ eine absolute Mehrheit.

Die Grünen waren bei den unter 30-Jährigen zweitstärkste Partei, mit 29 Prozent vergleichsweise knapp hinter der SPÖ. Die FPÖ konnte vor allem bei Männern besser abschneiden, die ÖVP erhielt überdurchschnittlich viele Stimmen von älteren Frauen.

SPÖ auch bei Arbeitern und Lehrlingen vorne

Die SPÖ ist auch bei den Arbeiterinnen und Arbeitern wieder stärkste Partei geworden. 37 Prozent wählten die Bürgermeisterpartei. Die FPÖ kam nur noch auf 26 Prozent (2015 waren es noch 53). Und das Team Strache schaffte bei den Arbeitern mit 19 Prozent sein bestes Ergebnis.

Auch bei den Angestellten (37 Prozent) sowie den öffentlich Bediensteten und den Pensionisten (je 53 Prozent) war die SPÖ am Sonntag stärkste Partei. Einzig bei den Selbständigen mussten sich die Sozialdemokraten mit 26 zu 30 Prozent der ÖVP geschlagen geben. Die NEOS kamen hier auf 13 Prozent. Die Grünen erreichten je 18 Prozent der Angestellten und Selbständigen, aber nur fünf Prozent der Pensionisten.

SPÖ in allen Bildungsgruppen stärkste Partei

Deutliche Unterschiede zeigt die von SORA und dem Institut für Strategieanalysen durchgeführte Analyse (2.074 Befragte zwischen 7. und 10. Oktober) auch beim Wahlverhalten nach Alter: die Grünen schafften bei den unter 30-Jährigen mit 27 Prozent ihr bestes Ergebnis, die Türkisen ihr schlechtestes (7). Umgekehrt wurde die ÖVP von 24 Prozent der ab 60-Jährigen gewählt, die Grünen nur von fünf. Die SPÖ schaffte hier mit 53 Prozent ihr bestes Ergebnis.

Außerdem war die SPÖ am Sonntag in allen Bildungsgruppen stärkste Partei. Auch die Lehrlinge – 2015 noch zu 44 Prozent blau – wählten diesmal zu 49 Prozent rot. Bei den Akademikern hatte die SPÖ mit 33 ebenfalls die Nase vorne, dahinter folgten die Grünen mit 25 Prozent. Bei den Maturanten schaffte die ÖVP (24 Prozent) Platz zwei hinter der SPÖ (37 Prozent).