Das beschädigte Polizeiauto am Unfallort
APA/Georg Hochmuth
APA/Georg Hochmuth
Chronik

Tödlicher Unfall bei Einsatzfahrt: Polizist verurteilt

Ein 22-jähriger Polizist ist am Mittwoch wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung zu fünf Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Er verursachte bei einem Blaulichteinsatz mit dem Streifenwagen einen Unfall, bei dem eine Fußgängerin gestorben ist.

Der von dem Polizisten gelenkte Streifenwagen war mit einem anderen Auto in Wien-Favoriten im Kreuzungsbereich Äußere Favoritenstraße – Altes Landgut zusammengestoßen. Beide Pkw erfassten eine Fußgängerin am Gehsteig, die noch am Unfallort starb. Die Staatsanwaltschaft warf dem Beamten fahrlässige Tötung der 35-Jährigen sowie fahrlässige Körperverletzung vor. Der Polizist bekannte sich nicht schuldig.

Überhöhtes Tempo ohne dauerhaftes Folgetonhorn

Die Richterin ging am Mittwoch nach einem unfangreichen Beweisverfahren mit drei Verhandlungstagen davon aus, dass der Polizist mit überhöhter Geschwindigkeit und ohne das Folgetonhorn dauerhaft in Betrieb gesetzt zu haben in den Kreuzungsbereich eingefahren war.

Er blieb den gerichtlichen Feststellungen zufolge auch nicht – wie vorgeschrieben – vor der Ampel an der Haltelinie stehen und vergewisserte sich nicht, ob die Weiterfahrt an der stark frequentierten Kreuzung bei Rotlicht möglich war, ohne andere Verkehrsteilnehmer in Gefahr zu bringen. Nur unter dieser Voraussetzung wäre dem Einsatzfahrzeug das Übersetzen der Kreuzung bei Rot erlaubt gewesen.

Die Folge war eine heftige Kollision mit einem Pkw – es handelte sich um einen Jaguar –, bei der beide Fahrzeuge zur Seite geschleudert wurden. Das Dienstfahrtzeug der Polizei krachte gegen einen Stromkasten und erfasste eine Passantin, die noch an der Unfallstelle starb. Der Lenker des Jaguar sowie der Angeklagte erlitten geringfügige Verletzungen, zwei mitfahrende Kollegen des Polizeibeamten – darunter ein Polizeischüler – trugen demgegenüber neben Prellungen und Abschürfungen eine Luxation der rechten Schulter bzw. ein Schleudertrauma davon.

Urteil nicht rechtskräftig

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Verteidiger baten um Bedenkzeit, der Staatsanwalt gab vorerst keine Erklärung ab. Ob und allenfalls welche berufliche Konsequenzen es für den 22 Jahre alten Beamten geben wird, muss polizeiintern entschieden werden. Ein amtswegiger Amtsverlust ist bei einem Fahrlässigkeitsdelikt ausgeschlossen.

Ausschlaggebend für den Schuldspruch war letzten Endes das Gutachten des verkehrstechnischen Sachverständigen Christoph Schmidt. Dieser konnte nachweisen, dass das Dienstfahrzeug zum Zeitpunkt der Airbag-Zündung mit über 50 Stundenkilometern unterwegs gewesen war, was Schmidt als „relativ überhöhte Geschwindigkeit“ qualifizierte.

Verkehrsgutachten: „mehrere Sorgfaltsverstöße“

Der Angeklagte habe aufgrund der örtlichen Gegebenheiten den Kreuzungsbereich nicht umfassend einsehen können und hätte daher „mit weitaus geringerer Geschwindigkeit“ in diesen Bereich einfahren müssen, stellte der Sachverständige fest. Der Lenker des Jaguar „hatte de facto keine Möglichkeit, die Kollision zu verhindern“, legte Schmidt dar.

Der Sachverständige zeigte sich außerdem überzeugt, dass entgegen der Aussage des Beamten im Zeitpunkt des Zusammenstoßes das Folgetonhorn nicht zu hören war. Wie Schmidt betonte, wäre aus Sicht des Angeklagten ein nochmaliges Anhalten unmittelbar vor der Ampel bzw. ein Drosseln der Geschwindigkeit erforderlich gewesen.

Die Richterin bescheinigte auf Basis der Ausführungen des Sachverständigen dem Angeklagten in ihrer Urteilsbegründung mehrere Sorgfaltsverstöße. Neben der überhöhten Geschwindigkeit war es für sie „nicht nachvollziehbar, warum man in dieser Kreuzung um 16.00 Uhr bei einem entsprechenden Verkehrsaufkommen nicht dauerhaft das Folgetonhorn aktiviert“, wie sie anmerkte.

Eltern der Verstorbenen schwer getroffen

Die Eltern der getöteten Lehrerin, die sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte angeschlossen hatten, wurden mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Ihr Rechtsvertreter hatte am Ende der Verhandlung darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Polizeieinsatz, der die gebürtige Ukrainerin das Leben kostete, um eine Rauferei gehandelt hatte: „Ohne Messer, ohne Waffe. Es war keine Eile geboten.“

Der Angeklagte sei „völlig grundlos so schnell gefahren. Wenn die Polizei eine Minute später eintrifft, ist vielleicht ein blaues Auge zu verzeichnen. Mehr nicht“. Insofern könnten die Eltern das Ableben ihrer Tochter „nicht verstehen und bis heute nicht verkraften“, bemerkte der Verteidiger.

Der Verteidiger des Angeklagten stellte abschließend fest, sein Mandant sei „schon durch das Verfahren gestraft“ und müsse „oft“ an die Getötete denken. Der Polizist habe sich „in einer extremen Stresssituation“ befunden und „sein Bestes gegeben“. Zukünftig müsse der Beamte bei Einsätzen „a bissl besser, aber weiter mit Engagement fahren. Wir brauchen so Leute wie Sie“.