Hände falten Wahlinformationszettel
APA/Hans Punz
APA/Hans Punz
Wahl 2020

Zuwanderer wählen öfter SPÖ

Das OGM-Institut hat für die Wiener Gemeinderatswahl errechnet, wen die beiden größten Zuwanderergruppen gewählt haben: Sowohl in Serbien als auch in der Türkei geborene Österreicher tendieren stärker zur SPÖ als die Gesamtbevölkerung, so das Ergebnis.

Bei Zuwanderern aus der Türkei punktete auch die Kleinpartei SÖZ (Soziales Österreich der Zukunft). In Wien leben mehr als 220.000 Zuwanderer mit österreichischer Staatsbürgerschaft, in ganz Österreich über 400.000. Über ihr Wahlverhalten ist nur wenig bekannt. Laut den Daten der Wiener Landesstatistik sind jeweils über 30.000 Österreicherinnen und Österreicher im Wahlalter in der Türkei und in Serbien geboren. Sie machen damit zwar weniger als drei Prozent der Wahlberechtigten aus.

In einzelnen Stadtvierteln sind es aber bis zu neun Prozent – so etwa in der Kreta und im Gudrunviertel zwischen Matzleinsdorfer Platz und Laxenburger Straße im zehnten Bezirk, in Untermeidling im fünften sowie Neulerchenfeld im 16. Bezirk.

Wie die Parteien abschneiden

Auf Basis dieser Daten erstellte das OGM-Institut ein statistisches Modell, um das Wahlverhalten der beiden Zuwanderergruppen zu schätzen. Demnach tendieren die in Serbien geborenen Österreicher stärker zur SPÖ (46 Prozent) sowie zur FPÖ (neun Prozent) als die Gesamtbevölkerung.

Grafik zu Wahlverhalten bestimmter Wählergruppen bei der Wiener Gemeinderatswahl 2020
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: OGM

Schwächer schneiden dagegen ÖVP (16 Prozent) und Grüne (zwölf Prozent) ab. Die Liste von Heinz-Christian Strache, der als FPÖ-Chef bei serbischen Zuwanderern geworben hatte, liegt zwar etwas stärker als im Gesamtergebnis, kommt aber auch hier nur auf fünf Prozent.

20 Prozent für SÖZ

Im Summe unterscheidet sich das Stimmverhalten der Zuwanderinnen und Zuwanderer aus Serbien aber weniger deutlich vom Gesamtergebnis als jenes der in der Türkei geborenen Österreicher. Für sie weist die Modellrechnung zwar ebenfalls einen höheren SPÖ-Anteil aus (45 Prozent). Am zweiten Platz liegt in dieser Gruppe aber die Kleinstpartei SÖZ mit 20 Prozent.

Wie Clara Himmelbauer von OGM gegenüber betont, hatte die Liste SÖZ ihre stärksten Ergebnisse in Gemeindebausprengeln mit einem hohen Anteil türkischer Zuwanderer. Zum Vergleich: Im Gesamtergebnis schaffte die Partei – gegründet von Hakan Gördü, einem früheren Vizechef der AKP-nahen „Union Europäisch-Türkischer Demokratien“ – nur 1,2 Prozent. Alle anderen Parteien liegen bei Zuwanderern aus der Türkei dagegen deutlich unter ihrem Gesamtergebnis: Die ÖVP erreichte mit zehn Prozent nur knapp mehr als die Grünen (neun Prozent) und die FPÖ (sechs Prozent).

Wahlergebnis, nicht Umfragen als Basis

Zu beachten ist, dass die Zahlen nicht auf Umfragen beruhen, sondern auf dem ausgezählten Wahlergebnis sowie auf bis in die Wahlsprengel hinunter vorliegenden Bevölkerungsdaten. Auf Basis eines statistischen Modells wird daraus – ähnlich wie bei Wählerstromanalysen – der Stimmenanteil der Parteien in den jeweiligen Bevölkerungsgruppen errechnet.

Umfragedaten über das Wahlverhalten aller Österreicher mit Migrationshintergrund hatte zuletzt SORA für die Wien-Wahl erhoben. Hier schneiden die Sozialdemokraten deutlich und die Grünen etwas besser ab als in ihrem Gesamtergebnis. ÖVP und FPÖ liegen darunter. Aussagen über einzelne Migrantengruppen lässt diese Umfrage nicht zu.

Studie mit deutlichen Unterschieden

Eine 2018 publizierte Studie über die politische Partizipation von Migrantinnen und Migranten weist jedoch deutliche Unterschiede bei der Wahlbeteiligung aus. Während nämlich 80 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher mit deutschem Migrationshintergrund angaben, schon an Wahlen in Österreich teilgenommen zu haben, waren es den Österreichern mit türkischen Wurzeln nur 56 und bei den Zuwanderern aus Ex-Jugoslawien 46 Prozent.

Wobei Studienautor Peter Filzmaier einschränkte, dass der „Schlüsselfaktor“ hier der formale Bildungsgrad sei: Denn während bei türkisch-stämmigen Österreichern ohne Matura die Wahlbeteiligung besonders niedrig sei, liege sie bei jenen mit Matura „im Wesentlichen in Schnitt“.