Bgm. Michael Ludwig (SPÖ) und NEOS-Chef Christoph Wiederkehr am Montag, 19. Oktober 2020, im Rahmem erster Sondierungsgespräche zwischen SPÖ und NEOS im Rathaus in Wien.
Georg Hochmuth
Georg Hochmuth
Politik

SPÖ-Gespräche mit NEOS „sehr konstruktiv“

Mehr als dreieinhalb Stunden haben SPÖ und NEOS am Montag miteinander sondiert. Es sei ein „sehr konstruktives Sondierungsgespräch in sehr guter und freundlicher Atmosphäre“ gewesen, hieß es in einem gemeinsamen Statement am Abend.

Sonst zeigten sich die Parteien allerdings nicht sehr auskunftsfreudig. NEOS-Chef Christoph Wiederkehr wollte nach Verlassen des Sitzungszimmers gegen 19.45 Uhr auch nicht mehr besonders viel ergänzen. „Über Inhalte haben wir Stillschweigen vereinbart“, der Ball liege jetzt bei Bürgermeister Michael Ludwig. Die servierten Punschkrapferl hätten jedenfalls gemundet, sagte Wiederkehr noch im Weggehen.

Vorerst kein Statement von Ludwig

Wiederkehr wurde begleitet von seiner Stellvertreterin Bettina Emmerling und Generalsekretär Nikola Donig. Der NEOS-Chef sagte vor Beginn des Treffens, man gehe offen in das Gespräch und wolle die für seine Partei wichtigen Themen Bildung und Transparenz thematisieren. Politische Schnittmengen und die Chance auf eine „Reformkoalition“ sollen ausgelotet werden.

Auf die Frage, ob er sich nicht als Spielball der SPÖ sehe, um Druck auf die Grünen auszuüben, sagte Wiederkehr: „Das glaube ich nicht.“ So, wie er Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) kennengelernt habe, sei er sich sicher, dass es ihm um ernste Sondierungsgespräche gehe.

Von Ludwig, an dessen Seite auch Klubchef Josef Taucher und Landesparteisekretärin Barbara Novak dabei waren, gab es im Vorfeld kein Statement. Auch danach werde es keine Wortspenden geben, hieß es bereits am Montagnachmittag.

Schnittmengen und Divergenzen

Inhaltlich sind SPÖ und NEOS in vielen Bereichen ihres Wahlprogramms nicht weit auseinander. Es geht eher um Details etwa im Bildungssystem, das für NEOS seit seiner Gründung eines der Kernthemen ist. Hier deutete SPÖ-Chef Michael Ludwig bereits am Freitag Kompromissbereitschaft an.

Ausgangslage der Sondierungsgespräche

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) startet mit seinem SPÖ-Verhandlungsteam am Montag die Sondierungsgespräche mit NEOS. Gespräche mit den Grünen und der ÖVP folgen. Die Ausgangslage für die SPÖ ist dabei günstig.

Geht es um Wirtschaftsfragen, ist man hingegen nicht so einig. Ein Beispiel: die Sonntagsöffnung. Sie ist vor allem für die SPÖ-Gewerkschafter ein rotes Tuch, NEOS fordert sie hingegen seit Jahren. In sozialen Fragen hingegen ist man wieder deutlicher beisammen – Stichwort Aufnahme von Flüchtlingen. Beim Thema Lobautunnel will NEOS einen kürzeren Tunnel und eine Brücke über die Donau. Das sei günstiger, so die Partei.

Druckmittel für SPÖ

NEOS ist noch unerfahren in Regierungsverhandlungen in Wien und ein gutes Druckmittel für die SPÖ: „Klarerweise kann man die Position der NEOS auch nutzen, um den Grünen zu sagen: Macht es billiger, gebt das Verkehrsressort her und gebt euch mit anderem zufrieden“, sagte Politikberater Thomas Hofer im „Wien heute“-Interview am Sonntagabend.

NEOS-Chef Christoph Wiederkehr am Montag, 19. Oktober 2020, im Rahmem erster Sondierungsgespräche zwischen SPö und NEOS im Rathaus in Wien.
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Wiederkehr sieht seine Partei nicht als Spielball zwischen Rot-Grün.

Die Grünen unter Birgit Hebein haben aufgrund ihrer dazugewonnenen Stärke das Recht auf zwei Stadträte. Die größte Mandatsmehrheit gebe es gemeinsam mit der ÖVP. Doch das würde die SPÖ möglicherweise mehr kosten, als sie bereit wäre, den Türkisfarbenen zu geben: „Es wäre wohl so, dass Blümel (Gernot, ÖVP-Wien-Spitzenkandidat, Anm.) den Finanzstadtrat haben wollte, und das eine Bedingung ist, auf die die SPÖ nie und nimmer eingehen kann“, so Hofer.

Schwerpunkte für Ludwig

Noch vor den Sondierungsgesprächen legte Bürgermeister Ludwig dar, was ihm für die kommenden Jahre in der Stadt wichtig ist: die Coronavirus-Krise meistern, die Wirtschaft stärken, das Bildungssystem ausbauen und den Klimawandel bekämpfen. Alles Punkte, die sowohl NEOS als auch Grüne auf ihrer Agenda haben. Die Frage wird sein, welchen Weg man zum Erreichen der Ziele gehen will. In einem Monat soll die neue Regierung in Wien stehen.