Bürgermeister Michael Ludwig  und Finanzminister Gernot Blümel im Rahmen erster Sondierungsgespräche
APA/Herbert Neubauer
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Politik

Blümel sieht „Differenzen“ mit SPÖ

Mit einem Treffen von SPÖ und ÖVP haben am Mittwoch die Sondierungen nach der Wien-Wahl geendet. Die Chancen auf Rot-Türkis scheinen nicht groß zu sein. „Wir haben in einigen Bereichen durchaus Differenzen wahrgenommen“, so ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel.

Das Gespräch sei sehr freundlich, inhaltlich aber auch „sehr klar“ gewesen, berichtete Blümel weiter. Inhaltlich habe man zum Teil „wenig Bewegungsspielraum“ gesehen, etwa wenn es um Fragen wie Mindestsicherung oder den Pensionsbereich gehe, sagte Blümel. Der Wahlerfolg der ÖVP sei auch ein Auftrag, türkise Politik inhaltlich vorzubringen.

Man habe darum diese Grundprinzipien auch dargelegt, führte der Wiener ÖVP-Chef und Finanzminister aus. Über die konkreten Inhalte, so betonte er, sei Stillschweigen vereinbart worden. Der SPÖ-Landesparteivorsitzende, Bürgermeister Michael Ludwig, wies in einer Stellungnahme gegenüber der APA ebenfalls darauf hin, dass Vertraulichkeit vereinbart wurde. „Aus SPÖ-Sicht war es ein sehr professionelles Treffen in guter Atmosphäre“, ließ er wissen.

ÖVP laut Filzmaier „raus“

„Man kann die ohnehin unwahrscheinliche Variante SPÖ-ÖVP nun fast gänzlich ausschließen“, so die Einschätzung von Politikwissenschaftler Peter Filzmaier im „Wien heute“-Interview. Die ÖVP wäre zudem der größtmögliche Partner, die SPÖ müsste viel Kompetenzen abtreten. Die Türkisen hätten dem Vernehmen nach sogar das Finanzressort gefordert, was die Roten sicher nicht hergegeben hätten. Damit sei die ÖVP „raus“, so Filzmaier: „Das wussste sie letztlich – vielleicht sogar im Wahlkampf.“

Die Alternativen, Rot-Grün oder Rot-NEOS, sieht der Politikwissenschaftler derzeit als gleich wahrscheinlich. „Die Grünen werden eingeholt vom Fluch des Erfolges“, meinte er. Durch ihr gutes Wahlergebnis stehe ihnen ein zweiter Stadtratsposten zu, was es für die SPÖ schwieriger mache. Die NEOS würden zwar das Bildungsressort fordern – mit einem starken Bildungsdirektor könnte der Bürgermeister aber weiterhin die Fäden in der Hand halten, meinte Filzmaier.

Analyse von Peter Filzmaier

Politologe Peter Filzmaier analysierte die Sondierungsgespräche im Rathaus.

Empfang mit „schwarzen“ Schaumrollen

SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig empfing am späteren Nachmittag die Abordnung der ÖVP in seinem Büro. Und wie schon bei den Gesprächen davor gab es Süßspeisen mit Symbolcharakter: Nach rosa-roten Punschkrapferl für NEOS am Montag und veganem Gebäck für die Grünen am Dienstag kredenzte Ludwig den Türkisen Schaumrollen – von der Wiener Bäckerei Schwarz.

Auch modisch nahm der Bürgermeister wieder auf den Anlass Bezug, wobei er wie schon bei der Wahl des Backwarenproduzenten auf Schwarz nicht verzichten wollte: Er trug eine türkise Krawatte mit schwarzen Streifen.

Bürgermeister Michael Ludwig  und Finanzminister Gernot Blümel im Rahmen erster Sondierungsgespräche
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Schaumrollen und eine Krawatte mit Botschaft bei den Sondierungsgesprächen

ÖVP-Team mit langjährigen Kontakten zu SPÖ

Blümel bekräftigte beim Eintreffen, dass man gekommen sei, um ernsthafte Gespräche zu führen – man wolle mitregieren. „Wir sind als neue Volkspartei angetreten, um möglichst viel Zuspruch zu erhalten für türkise Ideen, für türkise Inhalte“, so Blümel. Man wolle nun ausloten, inwieweit es möglich sein werde, diese umzusetzen.

Begleitet wurde Blümel von Gesundheitssprecherin und Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec, dem Wiener Ex-Parteiobmann Manfred Juraczka und Innenstadt-Bezirksvorsteher Markus Figl. Medial wurde die Zusammensetzung des Teams zuvor als „schwarze“ Abordnung von türkiser Seite interpretiert.

Dass die SPÖ die handelnden Personen schon lange kennt, bedeutet jedoch nicht, dass es nicht auch hier schon Differenzen gab. Zuletzt machte der Bürgermeister etwa dem City-Bezirkschef in Sachen Verkehrsberuhigung einen Strich durch die Rechnung. Ein ÖVP-Mitglied, mit dem Ludwig einen regen Austausch unterhält, war hingegen nicht dabei: der Wiener Wirtschaftskammerpräsident Walter Ruck.

Gespräch für drei Stunden angesetzt

Das rote Team bestand neben dem Bürgermeister aus Landesparteisekretärin Barbara Novak und Klubobmann Josef Taucher. Sie trafen auf eine ÖVP, die bereits im Vorfeld wiederholt bekundet hatte, mitregieren zu wollen – und die bei der Wahl am 11. Oktober deutlich gestärkt wurde.

Das ÖVP-Sondierungsteam: Finanzsprecher Manfred Juraczka, Finanzminister Gernot Blümel, City-Bezirkschef Markus Figl und Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec
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Blümel bekräftigte: „Wollen mitregieren“

Die Volkspartei legte um rund elf Prozentpunkte auf knapp über 20 Prozent zu. Mandatsmäßig konnte eine Verdreifachung von sieben auf 22 erzielt werden. Gemeinsam würde Rot-Türkis über 68 Mandate verfügen, was deutlich mehr ist als die anderen Regierungsvarianten. Das Gespräch im Bürgermeisterbüro war für drei Stunden angesetzt.

Rote Gremien sollen Anfang der Woche tagen

Wann Ludwig entscheiden wird, mit wem er in Verhandlungen tritt, ist noch offen. Dem Vernehmen nach werden die roten Parteigremien Anfang kommender Woche diesbezüglich tagen. Die neue Regierung soll dann bis Mitte November stehen, wie der Wiener SPÖ-Vorsitzende kürzlich erklärt hat.

NEOS und Grüne waren schon dran

Mit der ÖVP kamen die Sondierungsgespräche zu einem Abschluss. Am Montag war NEOS zu Gesprächen bei der SPÖ, um über eine erstmalige Regierungsbeteiligung in Wien zu diskutieren. Details zu den Gesprächen gab es nicht, es sei „sehr konstruktiv“ gewesen.

Am Dienstag sprachen dann die Grünen vor und wollten die SPÖ von einer Neuauflage der rot-grünen Koalition überzeugen. Die Wiener Vizebürgermeisterin Birgit Hebein (Grüne) ist offenbar recht zuversichtlich, was eine Neuauflage der rot-grünen Koalition anbelangt. „Man spürt die Kraft. Rot-Grün mit Ludwig-Hebein ist spürbar“, meinte Hebein nach dem Sondierungsgespräch Dienstagabend.