Gesundheit

Virologin warnt vor Kontrollverlust

Die Virologin Elisabeth Puchhammer-Stöckl von der MedUni Wien warnt in einem Mail an mehrere Personen der Task-Force des Gesundheitsministeriums davor, dass die Kontrolle über das Infektionsgeschehen verloren gehen könnte.

Konkret schrieb die Virologin, die gegenüber der „Kleinen Zeitung“ (Sonntagsausgabe) die Authentizität des Mails bestätigte: „Unsere Analysen von einzelnen bis aufs Detail von uns untersuchten SARS-Infektionsfällen in Wien (genaues PCR-Screening aller irgendwie in Frage kommenden Kontaktpersonen) zeigen, dass Infektionen bereits in unklarer Weise im Öffentlichen Raum (Öffis, Geschäft als einige mögliche Quellen) akquiriert werden. Es scheint, die Kontrolle über das Infektionsgeschehen geht verloren.“

Elisabeth Puchhammer-Stöckl
APA/Helmut Fohringer
Elisabeth Puchhammer-Stöckl warnt vor einem Kontrollverlust

Personen kennen Infektionsquelle nicht

Man habe bei Untersuchungen festgestellt, „dass immer mehr Menschen nicht wissen, wo sie sich angesteckt haben könnten“, erläuterte die Medizinerin gegenüber der „Kleinen Zeitung“. „Wir haben dann alle Kontaktpersonen in mehreren Fällen geprüft und gesehen: Es waren nicht Familie oder Arbeitskollegen, über die die Ansteckung erfolgte.“

Damit bleibe eben nur der öffentliche Raum, hieß es in dem Bericht. „Man ist in eine diffuse Situation gekommen. Ich glaube, das verhält sich in manchen Bundesländern genauso“, sagte Puchhammer-Stöckl. Zustimmung kommt von ihrem Kollegen Norbert Nowotny von der Veterinärmedizinischen Universität: „Es ist schon viel zu viel Virus in der Bevölkerung. Das heißt, zum Teil ist es nicht mehr nachvollziehbar, wo die Infektionen herkommen.“ Er fordert strengere Regeln für Veranstaltungen und Homeoffice, wo möglich.

Meiste Ansteckungen im privaten Haushalt

Im Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker heißt es dazu, man kenne die Erhebung nicht und könne sie daher auch nicht kommentieren. Grundsätzlich seien aber nach wie vor die privaten Haushalte die Hauptansteckungsquelle. Man sehe derzeit kein Problem im öffentlichen Raum. Laut AGES ist derzeit in Wien bei 56 Prozent der Fälle und Cluster die Quellinfektion geklärt. Nur bei vier Prozent der infizierten Personen ist laut einem Pressesprecher des Gesundheitsstadtrats komplett unklar, wo sich eine Person angesteckt hat.

Mehrere Bundesländer gaben zuletzt bekannt, dass sie beim Contact Tracing an ihre Grenzen gestoßen sind. In Wien sei das noch nicht der Fall, sagte Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) am Samstag: „Noch schaffen wir das mit der Personalausstattung, die wir haben. Wir sind auch noch nicht an der oberen Grenze.“

686 zusätzliche Infektionen

Die Zahl der Coronavirus-Infektionen in Wien hat sich in den vergangenen 24 Stunden um 686 Fälle erhöht. Damit waren am Sonntag bis dato insgesamt 27.180 positive Testbefunde bekannt, wie der medizinische Krisenstab der Stadt mitteilte. Derzeit sind in der Bundeshauptstadt 6.872 Personen infiziert.

Von Samstag auf Sonntag erhöhte sich die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus um vier auf 313. Eine 78-jährige Frau und drei Männer – 82, 79 und 75 Jahre alt – sind verstorben. 19.995 Personen sind genesen. Am Samstag wurden in Wien 5.256 Covid-19-Tests vorgenommen.