Operation im Krankenhaus Nord
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Gesundheit

Eingriffe könnten bald verschoben werden

Elektive Eingriffe, also Operationen ohne Notfall, könnten bald wieder verschoben werden, um Platz für Covid-19-Patienten zu schaffen. Das hat Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) angekündigt. Die Auslastungszahlen in den Spitälern steigt nämlich immer weiter.

Etwa ein Viertel der verfügbaren Intensiveinheiten ist aktuell mit Covid-19-Patienten belegt. Noch sei man in keiner kritischen Auslastung, sagte Hacker im Ö1-Morgenjournal. „Aber wir werden in den nächsten Tagen beginnen, langsam elektive Eingriffe zurückzuschrauben, zu verschieben.“ Das heißt, etwa Knie- oder Hüftoperationen, die nicht notwendig sind, werden vorerst nicht mehr durchgeführt.

Nächste zwei Wochen wichtig

Das Ziel ist, so Hacker, keine kritische Auslastung zu erreichen. „Kritische Auslastung ist dann erreicht, wenn wir nicht mehr zusätzliche Kapazitäten freischalten können.“ Ob man in diesen Bereich kommt, hänge von der Entwicklung der nächsten zwei Wochen ab.

Klar sei aber auch: „Es kann nicht sein, dass wir die ganz lebenswichtigen Behandlungen zurückschrauben, ob das die Onkologie ist oder das Schlaganfallpatienten sind“, sagt Hacker. Kein Bundesland habe hunderte Intensivbetten in einem Geheimspital, die leer stehen. Aktuell sind 75 Personen in Wien in einer Intensiveinheit, etwa 240 stehen noch zur Verfügung.

Ärztekammer hält wenig von Verschiebungen

Die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) hält wenig von der Verschiebung nicht lebensnotwendiger Operationen aufgrund der steigenden Covid-Fälle in Österreichs Spitälern. Manche Eingriffe verbesserten die Lebensqualität und würden Arbeitskräfte erhalten, argumentierte Vizepräsident Harald Mayer am Mittwoch in einer Pressekonferenz. Was allerdings angesichts der Coronavirus-Pandemie drohe, sei ein Personalproblem.

„Wir haben in Österreich ein sehr gutes Gesundheitssystem“, bekräftigte Mayer, im Zusammenhang mit der Pandemie möglicherweise sogar das Beste. „Ich fürchte, wir bekommen zuerst ein Personalproblem, bevor wir ein Maschinenproblem bekommen.“ So könnten hoch spezialisierte Intensivmediziner früher fehlen, als etwa Beatmungsgeräte. Planoperationen stellten hingegen kein Problem dar. Bei manchen käme man in der Früh und gehe am Abend wieder nach Hause.

Zahlenproblematik

Generell sieht der Gesundheitsstadtrat allerdings Probleme bei den Statistiken und kritisiert damit Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). „Es ist Anfang des Jahres vereinbart worden, wir geben die Gesamtzahl der insgesamt verfügbaren Betten an, so wie es in der österreichischen Spitalsplanung vorgesehen ist. Dass das nicht die Gesamtkapazität ist, die für die Behandlung von Covid-19-Patienten zur Verfügung steht, war immer klar.“

Heißt, wenn das Coronavirus-Dashboard der AGES derzeit rund 2.400 verfügbare Normalbetten in Wien ausgibt, dann sind die nicht ausschließlich für Covid-19-Patienten frei. „Seit vielen Wochen reden wir schon davon, dass der Gesundheitsminister in diesen Statistiken endlich Klarheit schaffen muss“, so Hacker.

Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) am Montag, 17. August 2020, im Rahmen der Pressekonferenz „Zusätzliche ÄrztInnen im Wiener Gesundheitsverbund“ im Wiener Rathaus.
APA/Herbert Neubauer
Gesundheitsstadtrat Peter Hacker kündigte an, elektive Eingriffe wieder zu verschieben

Virologin Puchhammer-Stöckl besorgt

Die Virologin Elisabeth Puchhammer-Stöckl sieht den starken Zuwachs an Coronavirus-Patienten, die im Spital aufgenommen werden müssen, mit Sorge. „Die Zunahme ist schon besorgniserregend“, vor allem müsse man den Zeitablauf bedenken, sagte sie am Dienstagabend in der ZIB 2. Denn: „Die Intensivbetten und die Belegung der Spitalbetten entspricht ja der Infektion, die vor zwei bis drei Wochen stattgefunden hat und reflektiert noch gar nicht die Zahlen, die wir heute haben.“

Es sei daher anzunehmen, dass die Fälle „noch deutlich ansteigen“ werden – „und das ist schon besorgniserregend“. Gefragt, ob man daher umgehend weitere Maßnahmen verhängen müsste, sagte die an der MedUni Wien tätige Expertin, die jüngsten Schritte seien ja erst am Wochenende gesetzt worden. Jetzt sei es „eher daran, die Bevölkerung irgendwie zu motivieren, oder zu erklären, warum man das einhalten soll“ – und dann gelte es abzuwarten, ob die Maßnahmen auch funktionieren.

ZIB-2-Interview-Langversion: Virologin Puchhammer-Stöckl zur Coronalage

Elisabeth Puchhammer-Stöckl von der MedUni Wien kommentiert die jüngsten Entwicklungen der Coronawelle in Österreich.

Kritik an Ärzten bei Grippeimpfung

Parallel zur Coronavirus-Pandemie beginnt gerade die Grippesaison und seit einigen Wochen findet die Gratis-Grippeimpfaktion der Stadt statt. Die Ärztekammer warnte vergangene Woche schon, dass die Impfstoffe für den niedergelassenen Bereich schon aufgebraucht sind. Hacker betonte, dass erst 160.000 Impfdosen an die Ärztinnen und Ärzte ausgeliefert wurden. 70.000 stehen noch zur Verfügung.

Damit wird die Hälfte der im Frühjahr bestellten Impfdosen an niedergelassene Ärzten vergeben, der Rest kommt in die Impfzentren und Impfstraßen der Stadt Wien. Dass nicht alle Impfdosen gleichzeitig verfügbar sind, liege an der Pharmaindustrie, kritisierte Hacker, „die immer nur so viel produziert, wie schon vorbestellt wird“.

Kritik äußerte er aber auch an der Ärzteschaft: Sie hätten bereits getätigte Bestellungen zurückgestellt, als die Gratisaktion bekannt wurde. Außerdem unterstellte er den Ärztinnen und Ärzten, die Dynamik unterschätzt zu haben, wie viele Personen sich impfen lassen wollen. „Man wird sicherlich keine Covid-19-Impfung durchbringen, indem man weiterhin Bestellzettel ausfüllt. Da werden auch die niedergelassenen Ärzte auf elektronische Systeme der Vorreservierung von Zeitfenstern für ihre Patienten umsteigen müssen.“