Rathaus
ORF.at/ Roland Winkler
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Politik

Parteien müssen sich neu aufstellen

Die Wien-Wahl und die Entscheidung der SPÖ, mit NEOS an einer Koalition zu feilen, zwingt die Rathausparteien derzeit zu einer Neuausrichtung. Vor allem die Grünen müssen sich neu ordnen. Die ÖVP hat durch ihre starken Zugewinne jede Menge zusätzliche Funktionen zu vergeben.

Wenig zu feiern haben derzeit die Wiener Grünen – und das, obwohl sie beim Urnengang mit 14,8 Prozent das bisher beste Ergebnis eingefahren haben. Die Entscheidung von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und seinen Genossen, statt einer Neuauflage von Rot-Grün eine rot-pinkfarbene Premiere zu versuchen, hat den Grünen einen ordentlichen Schock versetzt.

Hebeins Schicksal weiter offen

Wie es in der Landespartei, die sich auf mindestens fünf Jahre Oppositionspolitik ausrichten muss, weitergeht, ist derzeit völlig offen. Dazu zählt auch das Schicksal von Parteichefin und Noch-Vizebürgermeisterin Birgit Hebein. Denn sie sitzt – so wird kolportiert – trotz des besten Wahlergebnisses alles andere als fest im Sattel, nachdem es ihr nicht gelungen ist, ihre Partei in der Stadtregierung zu halten. Immerhin ist es den Grünen aber bis dato gelungen, eine öffentliche Führungsdebatte zu vermeiden.

Birgit Hebein
APA/Helmut Fohringer
Diskutiert wird über die Zukunft der grünen Parteichefin in Wien

Offiziell hat Hebein bekanntlich die Linie ausgegeben, dass die Türen für Verhandlungen mit der SPÖ weiterhin offen seien, sollte es mit NEOS doch nicht klappen – wovon man bei den Grünen allerdings nicht wirklich ausgeht – mehr dazu in Koalition: Hebein hält Türen weiter offen. Mit sehr zeitnahen grünen Entscheidungen ist jedenfalls nicht zu rechnen – auch nicht darüber, ob der derzeitige Klubchef David Ellensohn im Amt bleibt oder etwa einen der beiden nicht amtsführenden Stadtratsposten übernimmt, die den Grünen zustehen. Auch der Listenzweite Peter Kraus gilt als Stadtratsanwärter. Aber auch Hebein könnte Stadträtin werden.

Kraus und Ellensohn als Nachfolger gehandelt

Sollte Hebein – sie befindet sich derzeit als K1-Kontaktperson eines Coronavirus-Infizierten in Heimquarantäne, wurde selbst aber laut Parteisprecherin negativ getestet – die Neuausrichtung der Grünen politisch nicht überstehen, werden Kraus und Ellensohn immer wieder als Nachfolger an der Spitze genannt. Das wäre nicht unlogisch, denn immerhin hatten die beiden beim langwierigen Abstimmungsprozess um die Spitzenkandidatur gegen Hebein konkurriert. In Stein gemeißelt sei es aber nicht, dass einer der beiden zum Zug käme, hört man in der Partei.

Klarheit über all diese Fragen sowie über die Rollenaufteilung der künftig 16 statt zehn Abgeordneten will man jedenfalls bis zum 24. November schaffen, wenn sich der Gemeinderat neu konstituiert. Entscheidungen könnten freilich auch vorher schon fallen – aber wohl kaum schon in der kommenden Woche, hieß es bei den Grünen.

ÖVP: Wölbitsch könnte Klubchef werden

Im Vergleich dazu hat die ÖVP fast „Luxusprobleme“ – denn durch ihren starken Zugewinn gibt es jede Menge zusätzliche Posten zu verteilen. Und auch im Klub, der von sieben auf 22 Mandatare wächst, wird umstrukturiert. So soll der bisherige nicht amtsführende Stadtrat Markus Wölbitsch Klubchef werden. „Die Tendenz geht dahin“, hieß es aus der Partei auf APA-Anfrage nach entsprechenden Medienberichten.

Markus Wölbitsch im Gemeinderat
ORF
Markus Wölbitsch vor einem weiteren Karrieresprung

Die bisherige Klubobfrau Elisabeth Olischar könnte wiederum einen der beiden nicht amtsführenden Stadtratsposten übernehmen oder Zweite Gemeinderatsvorsitzende – dieses Amt steht der ÖVP nun ebenfalls zu – werden. Die Türkisfarbenen stellen künftig außerdem den Zweiten Landtagspräsidenten. Hier fallen derzeit die Namen Ingrid Korosec, Langzeitmandatarin und Seniorenbund-Chefin, oder Manfred Juraczka, früherer Parteichef und Klubobmann.

Als zweiter Stadtrat wird beispielsweise der derzeitige Nationalratsabgeordnete und Sicherheitssprecher Karl Mahrer gehandelt, der auf der Wiener Liste kandidiert hat und dem so ein Wechsel ins Rathaus – nicht zuletzt finanziell – leichter gemacht würde. Seitens der Partei hält man sich offiziell bedeckt. „Kein Kommentar“, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Endgültig fallen sollen die Würfel bei den Gremiensitzungen, die für den 12. November angepeilt sind.

FPÖ bereits neu aufgestellt

Die infolge der Wahl stark dezimierte FPÖ hat indes die wichtigsten personellen Weichenstellungen bereits erledigt. Parteichef Dominik Nepp wird nicht amtsführender Stadtrat, der bisherige ressortlose Stadtrat Maximilian Krauss übernimmt den Klub.

Koalitionsgespräche pausieren am Wochenende

Die Wiener Koalitionspartner in spe, SPÖ und NEOS, gönnen sich am Wochenende eine Verhandlungspause. Am Samstag und Sonntag seien keine Treffen anberaumt, hieß es aus Parteikreisen. An den darauffolgenden Wochenenden seien aber durchaus Arbeitssitzungen denkbar, sollte es der straffe Zeitplan erfordern. Denn bis Mitte November soll das Regierungsabkommen stehen.

Seit der Aufnahme der Gespräche am Dienstagabend hatten sich bis Freitagnachmittag inzwischen so gut wie alle acht Untergruppen einmal getroffen, wurde der APA berichtet. Die Atmosphäre sei gut, wurde beteuert: „Es funktioniert wunderbar.“ Inhaltlich drang bisher nichts nach außen. Am Montag soll in gleich mehreren Sitzungen der Untergruppen weiterverhandelt werden.