GegendemonstrantInnen bei der Corona-Demo
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Politik

CoV-Demo: Experte im Polizei-Einsatzstab

Bei der Demonstration gegen die Coronavirus-Maßnahmen am Samstag wird ein Experte der Wiener Gesundheitsbehörde im Einsatzstab der Polizei sitzen und seine Einschätzung abgeben. Das ist das Ergebnis eines Treffens zwischen Exekutive und Magistrat.

Auslöser des Treffens war eine Demonstration gegen die Coronavirus-Maßnahmen vom Nationalfeiertag. Bei der Demo waren zahlreiche Verstöße gegen das Covid-19-Maßnahmengesetz registriert worden, vor allem bezüglich der Abstandsregel und des Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes. Die Versammlung war aber nicht aufgelöst worden. Polizei und MA15 schoben einander seither die Verantwortung zu: Die Exekutive sah die Verantwortung für die Entscheidung einer Auflösung der Demo nach der Verordnung dazu ausschließlich bei den Gesundheitsbehörden, die wiederum bei der Polizei.

Demo am Samstag nicht abgesagt

Bei dem Treffen bei Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Freitag kam einerseits heraus, dass die Gesundheitsbehörden laut einer Polizeiaussendung „Ansammlungen großer Menschenmengen aus epidemiologischen, also gesundheitspolizeilichen Gründen jedenfalls an diesem Wochenende nicht vorab unterbinden werden“. Das bedeutet, dass die Demo am Samstag stattfinden wird.

Der Wiener Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl dürfte damit keine Freude haben: „In der aktuellen, höchst kritischen Phase der Pandemie sollten große Menschenansammlungen generell bereits im Vorhinein durch die Gesundheitsbehörden unterbunden werden, auch wenn dies einen Eingriff in das Versammlungsrecht mit sich bringt.“ Dafür bestünden auch entsprechende gesetzliche Grundlagen.

Pürstl: Pandemiebekämpfung hat „oberste Priorität“

„Kritik an einem derart invasiven Eingriff in ein Grundrecht ist selbstverständlich legitim und in einer freien demokratischen Gesellschaft auch notwendig“, betonte Pürstl. Dennoch habe „die Gesundheit der Bevölkerung und die Bekämpfung der Pandemie in der derzeitigen Krise oberste Priorität“, legte der Polizeipräsident seine Sicht der Dinge klar.

Eine Sprecherin der Magistratsdirektion sagte, bei dem Treffen sei eine rechtliche Klarstellung erfolgt. Die Einschätzung einer solchen Versammlung mache die Gesundheitsbehörde in Wien vertreten durch die MA 15. Die Entscheidung über eine Auflösung treffe die Exekutive, „das ist eine klare gesetzliche Vorgabe“.

Gesundheitsministerium will Graubereich auflösen

Am Samstag wird nun ein Experte der MA 15 im polizeilichen Führungsstab bei der Demo sitzen, „um vor und während den Versammlungen die epidemiologische Expertise und gesundheitspolizeiliche Lageeinschätzung direkt einholen zu können. Diese Expertise soll dem polizeilichen Einsatzleiter bei den notwendigen Entscheidungsfindungen unterstützen“, hieß es in der Aussendung der Polizei.

Das Gesundheitsministerium hat nach Informationen der APA bei dem Treffen angekündigt, den rechtlichen Graubereich aufzulösen. Es soll demnächst klare Regeln bei Versammlungen und Zuständigkeiten in Zusammenhang mit dem Covid-19-Maßnahmengesetz und anderen diesbezüglichen rechtlichen Bestimmungen geben.

Demo mit bis zu 15.000 Teilnehmern

Die Coronavirus-Maßnahmen-Gegner haben ab Samstagmittag eine Standkundgebung am Heldenplatz angemeldet und erwarten etwa 15.000 Teilnehmer. Die Demonstration soll zwischen 12.00 und 18.30 Uhr stattfinden, anschließend haben dieselben Gruppen eine Lichterfahrt um den Ring und einen Marsch vom Heldenplatz zum Burgtheater und wieder zurück über den Ballhausplatz angemeldet. Zwei kleinere Kundgebungen wurden ebenfalls angemeldet.

Am Maria-Theresien-Platz gibt es eine Straßenparty als Gegenveranstaltung zu den Coronavirus-Kritikern, die von 15.00 bis 22.00 Uhr angesetzt ist. Diese Kundgebung ist für etwa 500 Teilnehmer angemeldet. „Die Versammlungen werden von uns begleitet“, sagte Eidenberger. Teilnehmer müssten damit rechnen, „dass seitens der Exekutive eingeschritten wird“, wenn es zu Gesetzesübertretungen kommt. Die Polizei hat mehrere hundert Beamte im Einsatz.

Pürstl glaubt nicht an Auflösung

Pürstl wies in dem Zusammenhang auf einen praktischen Aspekt hin: „Haben sich einmal hunderte, tausende Menschen angesammelt, sind aus gesundheitlichen Gründen derzeit alle nun kurzfristig möglichen Maßnahmen der Polizei ungeeignet bzw. unvertretbar.“

Das „Auflösen der Menschenmenge durch eine Vielzahl an Polizisten würde das Ansteckungsrisiko für alle Beteiligten – nicht zuletzt der Beamtinnen und Beamten – multiplizieren“, hieß es. Darüber hinaus stelle sich natürlich immer die Vorgabe der Verhältnismäßigkeit des polizeilichen Einschreitens.