Kerzen an einem Tatort in Wien
Reuters/Leonhard Foeger
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Politik

Terror: Todesopfer wurden identifiziert

Vier Menschen hat der 20-jährige Attentäter bei seinem Anschlag am Montagabend in der Innenstadt erschossen. Dabei handelt es sich um einen 39-jährigen und einen 21-jährigen Österreicher sowie eine 44-jährige Österreicherin und eine 24-jährige Deutsche.

Bei der 24-Jährigen handelte es sich um eine Kellnerin, sie wurde vor einem Lokal auf dem Ruprechtsplatz erschossen. Der 21-Jährige wurde an der Ecke Fleischmarkt/Bauernmarkt erschossen, der 39-Jährige vor einem Fast-Food-Lokal auf dem Schwedenplatz. Außerdem erlag eine 44-jährige Frau ihren Schussverletzungen in der Klinik Ottakring. Dazu zählten die Behörden weitere 23 Verletzte im Alter von 21 bis 43 Jahren. Unter ihnen sind laut Manfred Reinthaler, Vorstand der Pressestelle der Wiener Polizei, sieben Frauen.

Getötete Kellnerin studierte an der Angewandten

Durch Bestätigungen am Arbeitsplatz, aber auch durch Bekannte und Freunde der Opfer sind einige Details zu den vier Verstorbenen bekannt, wie die Tageszeitung „Standard“ (Mittwoch-Ausgabe) berichtete. Die Universität für angewandte Kunst bestätigte am Mittwochvormittag den Tod der 24-jährigen Frau, die im Lokal „Salzamt“ auf dem Ruprechtsplatz gearbeitet hatte und erschossen wurde. Auch ein anderer Student der Uni wurde angeschossen, er sei mittlerweile aber außer Lebensgefahr.

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Soladaten des Bundesheeres nahe Seitenstettengasse
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Verlassenes Kaffeehaus am ersten Tag des Lockdowns
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Zurückgelassene Getränke in Bar nach Anschlag in Wiener Innenstadt
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Einziger Mann in Seitenstettengasse nach Wien-Anschlag
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Österreichisches Bundesheer steht Wache in der Seitenstettengasse
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Straßenreinigung der MA48 bei Aufkehrarbeiten nahe Seitenstettengasse
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Trauer um Opfer

Getötet wurde auch Nedzip V., 1999 geboren und begeisterter Fußballer beim FC Bisamberg. Das schreibt der Islamwissenschaftler Rami Ali auf Twitter, der Kontakt zur Familie hat. Am Dienstagabend hielten Freunde in seinem Heimatort Korneuburg eine Mahnwache für den 21-Jährigen ab, der nordmazedonische Wurzeln hatte.

Um eine 44-jährige Frau und langjährige Mitarbeiterin der Firma Tribotecc wird ebenfalls getrauert. Das bestätigte der Vorstand des Mutterkonzerns Treibacher der „Kleinen Zeitung“: „Wir sind alle schockiert und zutiefst bestürzt.“ Der Arbeitsplatz der Frau liegt direkt an den Tatorten. Das vierte Opfer ist ein 39-jähriger Österreicher. Er stand vor einem Fast-Food-Lokal auf dem Schwedenplatz, als der Anschlag geschah.

Noch elf Personen im Spital

13 Verletzte – inklusive des 28-jährigen Polizisten – erlitten bei der Attacke Schussverletzungen, die anderen zogen sich beispielsweise Wunden durch Splitter zu oder auf der Flucht.

„Wir gedenken – 2.11.2020“ (Onlinekondolenzbuch für Wiener Terroropfer)

Elf verletzte Personen werden noch im Spital behandelt. Am Mittwoch konnten zwei weitere Personen in häusliche Pflege entlassen werden. Das berichtete eine Sprecherin des Wiener Gesundheitsverbunds. Drei Betroffene befinden sich noch auf Intensivstationen.

„Kollegen“ des Attentäters in der Schweiz verhaftet

Die Ermittlungen liefen unterdessen am Mittwoch mit Hochdruck weiter. In der Schweiz wurden am Dienstag zwei Männer verhaftet. Eine Spezialeinheit der Polizei nahm am Dienstagnachmittag in Winterthur (Schweiz) einen 18- und einen 24-jährigen Schweizer fest. Polizeiliche Ermittlungen hätten zur Identifizierung der beiden Männer geführt, teilte die Kantonspolizei Zürich mit. Die Schweizer dürften eng mit dem Attentäter von Wien in Kontakt gestanden sein.

Wie Justizministerin Karin Keller-Sutter am Abend bei einem Podiumsgespräch des „St. Galler Tagblatts“ sagte, handelt es sich bei den Verhafteten um „Kollegen“ des Attentäters. „Die drei Männer haben sich auch physisch getroffen“, ließ sie sich in der Onlineausgabe des Blatts zitieren. Das Bundesamt für Polizei teilte auf Twitter mit, die beiden Verhafteten seien den Behörden aus Terrorismusverfahren der Bundesanwaltschaft bekannt.

Versuchter Munitionskauf in Slowakei

Wie die slowakische Polizei am Mittwoch in einem Facebook-Posting bestätigte, soll der 20-Jährige im Sommer versucht haben, in der Slowakei Munition zu kaufen. Der Versuch sei gescheitert. Unmittelbar danach wurden aber laut der slowakischen Polizei die österreichischen Kollegen informiert. Ein Sprecher des Innenministeriums hatte das am Dienstagabend gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ bestätigt.

Der „Kurier“ (Onlineausgabe) berichtete am Mittwoch, dass das Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LTV) den Hinweis im Oktober erhielt. Der 20-Jährige soll bei seiner Fahrt in die Slowakei außerdem von einem weiteren Mann begleitet worden sein. Laut „Süddeutscher Zeitung“ wurde für die Reise offenbar ein Auto verwendet, das auf die Mutter eines der Polizei bekannten Islamisten angemeldet ist.

Die Polizei habe mehr als 20.000 Videos oder mehr als ein Terabyte an Daten von dem Anschlag erhalten, die nun fertig ausgewertet seien, sagte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) Mittwochnachmittag. Die Ein-Täter-Theorie habe sich dadurch bestätigt. Nehammer bestätigte auch, dass die slowakische Polizei der Wiener Polizei vom Versuch des Attentäters berichtet hatte, in der Slowakei Munition zu kaufen. Offensichtlich sei bei den weiteren Schritten „in der Kommunikation etwas schief gegangen“. Er wolle daher eine unabhängige Untersuchungskommission einrichten – mehr dazu in Anschlag holt Verfassungsschutz ein (news.ORF.at).