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Kultur

Auch Bibliotheken müssen schließen

Die neuen Anti-Corona-Maßnahmen der Regierung bringen Verschärfungen des Kultur-Lockdowns: Neben den Galerien müssen nun auch die Bibliotheken schließen. Die Generaldirektorin der Nationalbibliothek, Johanna Rachinger, stößt sich am Verordnungstext, der Bibliotheken als Orte der Belustigung anführt.

Rachinger zeigt für die Maßnahmen Verständnis: „Wir alle hätten uns gewünscht, dass durch den Lockdown light die Zahlen der Infizierten runtergehen. Das ist leider nicht eingetreten.“ „Natürlich ist es nicht erfreulich, wenn Bibliotheken und Museen geschlossen halten müssen. Aber wir haben auch eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen und die Maßnahmen mitzutragen“, so die Chefin der größten Bibliothek des Landes.

„Muss Fantasie eines Witzboldes entsprungen sein“

Kein Verständnis zeigt Rachinger jedoch für die Formulierungen im Entwurf der sogenannten „COVID 19-Notmaßnahmenverordnung“, wo „Archive, Bibliotheken und Büchereien“ (sowie Theater und Museen) ebenso unter Freizeiteinrichtungen geführt werden wie etwa „Schaustellerbetriebe, Freizeit- und Vergnügungsparks“, „Paintballanlagen“ und „Einrichtungen zur Ausübung der Prostitution“.

Johanna Rachinger
APA/Herbert Pfarrhofer
Johanna Rachinger zeigt sich über Verordnungstext verwundert

„Dass Bibliotheken in der Verordnung als Orte der Unterhaltung, der Erholung und Belustigung angeführt werden, muss wohl der Fantasie eines Witzbolds entsprungen sein. Die Lesesäle der Österreichischen Nationalbibliothek sind Orte des Studiums, des Forschens und konzentrierten Lernens“, so Rachinger.

IG Autorinnen: Finanzielles Paket zwingend

Der verschärfte Kultur-Lockdown gilt nun vorerst bis inklusive 6. Dezember. Allerdings hieß es am Samstag, erste Lockerungen würden den Handel und die Schulen betreffen. Für Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der IG Autorinnen Autoren, ist nun „ein finanzielles und rechtliches Maßnahmenpaket zur kulturellen Wiederbelebung zwingend notwendig“. „Durch den neuerlichen vollständigen Lockdown ist es auch für die restlichen Wochen des heurigen Jahres mit jeder Planbarkeit von Kunst- und Kulturveranstaltungen vorbei, selbst wenn da oder dort die Tür einen kleinen Spalt offenbleiben oder wieder geöffnet werden sollte. Mit größter Wahrscheinlichkeit hält dieser Zustand bis zum kommenden Frühjahr an“, so Ruiss

„Sowohl vor dem ersten als auch dem jetzigen Lockdown gab es kein akkordiertes Vorgehen, die Maßnahmen wurden einfach verfügt, ohne auch nur den geringsten Versuch zu unternehmen, nach gemeinsamen Strategien Ausschau zu halten, wie ein Kunst- und Kulturleben trotz dieser Situation weitergehen bzw. die Kulturwirtschaft weiterhin funktionieren könnte.“

Ruiss kritisiert „die launige Absage des Österreichischen Bundeskanzlers an die Kultur, der in diesem Zusammenhang von ‚Kulturverliebten‘ gesprochen hat, die die Kultur beschützen wollen“, und wirft die Frage auf, „wie weit die Kunst als in ihrer Freiheit verfassungsrechtlich geschütztes Gut bei ihren Rechten auf Ausübung, Lehre und Vermittlung überhaupt eingeschränkt werden darf und soll“.