Politik

Angriff auf Rabbiner in Wien-Landstraße

Zu einer antisemitischen Attacke auf einen Rabbiner ist es gestern in Wien-Landstraße gekommen. Eine Angreiferin bedrohte den Mann auf der Straße mit einem Messer und riss ihm die Kippa vom Kopf. Sie schrie dabei antisemitische Parolen.

Danach flüchtete die Angreiferin, berichtete die Polizei am Freitag. Verletzt wurde niemand. Der Mann befand sich Donnerstagnachmittag gerade in einem Haltestellenbereich, als plötzlich die ihm unbekannte Frau auf ihn zukam und ihn antisemitisch beschimpfte und bedrohte. Dabei hielt die Frau ein Messer in der Hand, das sie aus ihrer Handtasche entnommen hatte.

Sofortfahndung brachte keinen Erfolg

Die Antisemitismus-Meldestelle der Wiener Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) teilte mit, dass die Frau „Schlachtet alle Juden“ gerufen, dem Rabbi Hut und Kippa vom Kopf gerissen und einen Tritt versetzt habe. Sie flüchtete zu Fuß. Nach dieser Schilderung des Vorfalls gegenüber der Polizei fahndeten die alarmierten Einsatzkräfte sofort nach der Flüchtigen, die als etwa 50-jährige Frau beschrieben wird, rund 170 cm groß und mit einem grauen Mantel bekleidet. Die Fahndung brachte jedoch keinen Erfolg.

Der Mann gab an, nicht verletzt worden zu sein, berichtete die Polizei am Freitag. Das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung übernahm die Ermittlungen. IKG-Generalsekretär Benjamin Nägele erklärte, dass sich der tätliche Angriff an einer Straßenbahnstation am Rennweg gegen 16.00 Uhr ereignet habe. Zeugen sollten sich bei der Wiener Polizei melden.

Keine Hinweise auf islamistischen Hintergrund

Es gebe aktuell keinen Hinweis auf einen islamistischen Hintergrund, teilte das Innenministerium auf APA-Anfrage mit. Derzeit werden Videoaufzeichnungen der in der Nähe des Vorfalls gelegenen öffentlichen Verkehrsmittel ausgewertet, hieß es zudem. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) besprach Freitagvormittag mit dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Oskar Deutsch die Sicherheitslage für die jüdische Gemeinde in Wien.

„Der gestrige Angriff auf einen Rabbiner zeigt uns, dass Antisemitismus auch in unserer Gesellschaft besteht“, so Nehammer. Er verwies darauf, dass die verstärkte Überwachung von Synagogen bereits aufgrund sicherheitspolizeilicher Erkenntnisse schon im Vorfeld angeordnet worden sei. Der Vorfall sei „völlig inakzeptabel, nicht tolerierbar, und wir werden alles unternehmen, um die Tatverdächtigen rasch auszuforschen“, kündigte Nehammer an. Deutsch bezeichnete den Angriff als „verstörenden Vorfall“, der viele Menschen verunsichert habe. „Doch die jüdische Gemeinde wird sich nicht einschüchtern lassen“, sagte er auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Van der Bellen: „Kein Platz in unserer Gesellschaft“

„Judenhass und Antisemitismus haben keinen Platz in unserer Gesellschaft. Meine Solidarität gilt allen in Österreich lebenden Jüdinnen und Juden“, twitterter Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Bereits Donnerstagabend hatte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) reagiert und schriftlich mitgeteilt: „Ich verurteile den heutigen antisemitischen Angriff auf einen Rabbi in Wien auf das Allerschärfste. Wir müssen den Antisemitismus mit aller Entschiedenheit bekämpfen und alles dafür tun, um jüdisches Leben hier in Österreich in Sicherheit zu ermöglichen. Denn Europa ohne Juden ist nicht mehr Europa.“

Auch Vertreter der Kirche reagierten mit Bestürzung. „Ich bin bestürzt über den gestrigen Angriff auf einen Rabbiner mitten in Wien und versichere unseren jüdischen Mitbürgern meine ganze Solidarität“, erklärte Kardinal Schönborn am Freitag gegenüber Kathpress und via Twitter. „Antisemitismus darf bei uns keinen Platz haben. Er gefährdet das friedliche Zusammenleben von uns allen“, hielt der Wiener Erzbischof fest.

Es sei „unabweisbar“, dass diese Tat antisemitisch motiviert sei, so der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka gegenüber dem Evangelischen Pressedienst. Die Religionen stehen in Österreich zusammen, unterstrich der Bischof.