Staatsoper
APA/Herbert Neubauer
APA/Herbert Neubauer
Kultur

Staatsoper spielt fürs Fernsehen

Niemand weiß, wann die Theater-, Konzert- und Opernhäuser wieder aufsperren dürfen. Fünf Produktionen der Wiener Staatsoper werden nun im Dezember live gespielt und in TV und Radio gesendet: „Tosca“, „Werther“, „Der Rosenkavalier“, „Mahler, live“ und „Das verratene Meer“.

Denn trotz der Ungewissheit sollte auf die geplanten Höhepunkte des Dezember-Spielplans nicht verzichtet werden. Staatsoperndirektor Bogdan Roscic stellte am Freitag mit ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz die konkreten Pläne vor.

„Im Dezember auf jeden Fall spielen“

„Wir wissen nicht, wie es nach dem 6. Dezember weitergeht. Wir haben alle eine gewisse Vermutung. Aber sollten wir spielen können, werden wir spielen“, versicherte der Staatsopernchef, der im gleichen Atemzug die Kurzfristigkeit der anstehenden Entscheidungen der Bundesregierung kritisierte.

Man habe aber nicht auf diese Beschlüsse warten können und gemeinsam mit dem ORF ein Konzept entwickelt, „dass wir im Dezember auf jeden Fall spielen, unabhängig von der Wiedereröffnung mit Publikum. Wir werden durch diese Kooperation fünf Abende im Haus spielen – jeweils eine komplette Vorstellung, nur ohne Publikum.“ Dafür werde der veröffentlichte Spielplan, für den der Kartenverkauf ohnedies bereits seit Längerem gestoppt sei, geringfügig adaptiert.

Staatsoper und ORF: Kooperation im Lockdown

Die hochkarätigen Pläne, die Staatsoperndirektor Bogdan Roscic für seine erste Spielzeit hat, können derzeit nicht vor Publikum realisiert werden. Aber der ORF springt ein und sendet in ORF2, ORF III und in Radio Ö1 fünf Produktionen mit Publikumslieblingen.

Wie bereits bekannt, wird der neue Ballettabend „Mahler, live“ am 4. Dezember aufgezeichnet und am selben Abend live-zeitversetzt auf Arte Concert (wo er für 90 Tage abrufbar ist) gestreamt. Die Uraufführung „4“, die erste Wiener Choreographie des neuen Staatsballett-Direktors Martin Schläpfer, wird am 8. Dezember, 9.05 Uhr, in ORF2 ausgestrahlt, „Live“ folgt im ORF zu einem späteren Zeitpunkt.

Rollendebüt von Netrebko als Tosca

„Werther“ mit dem Wiener Rollendebüt von Piotr Beczala wird am 10. Dezember aufgezeichnet und am 10. Jänner 2021 um 20.15 Uhr in ORF III ausgestrahlt. Die aus 1958 stammende „Tosca“-Inszenierung von Margarethe Wallmann bekommt durch das Wiener Rollendebüt von Anna Netrebko als Tosca erhöhte Aufmerksamkeit. Die Aufzeichnung der Vorstellung am 13. Dezember wird um 19.00 Uhr live auf Ö1 ausgestrahlt und ist um 20.15 Uhr live-zeitversetzt in ORF III zu sehen.

„Das verratene Meer“ von Hans Werner Henze, erster Teil einer auf fünf Jahre angelegter Serie von Werken der klassischen Moderne und die erste echte Neuproduktion der Direktion Roscic, wird nun am 14. Dezember, einen Tag später als ursprünglich geplant, erstmals aufgeführt und gleichzeitig auf Play.wiener-staatsoper.at weltweit live und kostenlos gestreamt.

„Der Rosenkavalier“ nächstes Jahr in Japan

Ö1 bietet am 15. Dezember ab 19.30 Uhr eine Ausstrahlung. Warum der ORF auf eine TV-Ausstrahlung verzichte, begründete Wrabetz auf APA-Nachfrage damit, dass man sich angesichts der großen Herausforderung des ganzen Projekts auf jene Produktionen konzentrieren wolle, „bei denen die Begeisterung schon von vornherein eine große ist“. Er gehe aber davon aus, dass der ORF zu einem späteren Zeitpunkt den Stream der Staatsoper ausstrahlen werde.

Und schließlich wird die musikalische Neueinstudierung der Otto-Schenk-Inszenierung von „Der Rosenkavalier“, die am 18. Dezember im Haus aufgezeichnet wird, am 27. Dezember um 20.15 Uhr in ORF III ausgestrahlt. „Der ‚Rosenkavalier‘ ist eine der beiden Produktionen, mit denen wir nächsten Herbst nach Japan fahren werden“, sagte Roscic und wies darauf hin, dass Günther Groissböck erstmals an der Staatsoper den Ochs singen werde.

„Maximale Sicherheitsvorkehrungen“

„Wir haben als ORF in Zeiten wie diesen eine besondere zusätzliche Verantwortung“, sagte Generaldirektor Wrabetz. Es gehe darum, „nicht nur zu informieren, sondern dass wir auch in den anderen lebenswichtigen Bereichen on air bleiben“. Für die Aufzeichnungen versprach er „maximale Sicherheitsvorkehrungen“. Im Herbst habe man sich als Besucher in der Oper so sicher fühlen können wie an kaum einem anderen Ort.

Das betonte auch Roscic in seinem kurzen Rückblick. Die Sicherheitskonzepte hätten sich als absolut wirksam erwiesen. „Im Resultat waren wir das einzige Haus der Welt, das Abend für Abend gespielt hat – mit vollem Programm, vor 1.000 bis 1.100 Menschen. Das war nicht immer einfach.“ Man habe drei Premieren gespielt, einige Wiederaufnahmen und dabei rund 95 Prozent Auslastung erreicht.

Roscic: Schnelltests des Publikums als Zukunfststrategie

Seit dreieinhalb Wochen sei man nun dennoch wieder zu und müsse Kurzarbeit selektiv einsetzen. Der Probenbetrieb gehe weiter – mit täglich rund 300 Schnelltests. „Das oberste Ziel des Hauses ist das Beschützen der Neuproduktionen.“

„Wir fragen uns, ob Schnelltests des Publikums nicht eine künftige Strategie sein könnten“, meinte der Staatsoperndirektor. „Für uns ist es absolut zentral, dass wir irgendeine Art von verlässlicher Perspektive bekommen. Für uns wäre es das Schlimmste, weiterhin von Woche zu Woche leben zu müssen. Für das sogenannte ‚Wiederhochfahren‘ besteht jedenfalls der Wunsch, dass etwas differenzierter vorgegangen wird als beim letzten Mal.“

Was seine persönliche Prognose für ein Wiederaufsperren sei, wurde Roscic gefragt. „Ich habe nicht mehr die Energie, mich zu weiteren Mutmaßungen zu motivieren“, antwortete er. „Wir versuchen, für jede Eventualität gerüstet zu sein. Verlässlichkeit wäre aber ein sehr hohes Gut.“