Polizisten und Polizeiwägen
APA/Hans Punz
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Chronik

Auch Heer soll vor Attentäter gewarnt haben

Nicht nur ausländische Behörden sollen das Bundesamt für Verfassungsschutz vor dem späteren Attentäter von Wien gewarnt haben, sondern auch das österreichische Heeresnachrichtenamt. Einen Monat nach dem Anschlag wird gegen 23 Beschuldigte ermittelt.

Der bei dem Anschlag erschossene Mann soll als Mitglied des „albanischen IS-Portfolios“ beobachtet worden sein, berichtete das Onlinemagazin Zackzack.at. Demnach soll der Mann gemeinsam mit anderen IS-Sympathisanten eineinhalb Jahre lang vom Heeresnachrichtenamt beobachtet worden sein. Über die Ergebnisse soll auch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT) informiert worden sein.

Das Innenministerium betonte, die im Bericht des Onlinemagazins Zackzack.at erhobenen Vorwürfe zu dementieren. Ob das BVT vom Heeresnachrichtenamt tatsächlich Informationen über den Attentäter erhalten hat, kommentierte eine Sprecherin ebenso wenig wie zuvor das Verteidigungsministerium.

Die Opposition verlangte Aufklärung von Innenminister Karl Nehammer und von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (beide ÖVP). SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner forderte Nehammer auf, rasch für Klarheit zu sorgen. Außerdem forderten die Verteidigungssprecher von SPÖ und NEOS, Robert Laimer und Douglas Hoyos, die Einberufung des ständigen Unterausschusses des Landesverteidigungsausschusses, der die Arbeit der Heeresgeheimdienste kontrolliert. Tanner müsse alle Akten offenlegen. „Es ist offensichtlich, dass Nehammer mehr wusste, als er bereit ist zuzugeben“, kritisierte Hoyos.

Ermittlungsfehler werden bereits geprüft

Ob diese neuen Vorwürfe wahr sind, kann jetzt also nicht gesagt werden. Doch schon früher waren mögliche Ermittlungsfehler bekanntgeworden, die jetzt von einer von der Regierung eingesetzten Untersuchungskommission geprüft werden. Ausländische Geheimdienste warnten das BVT, dass sich der Mann in islamistischen Netzwerken bewege, an Treffen teilnehme und versucht habe, Munition zu besorgen. Obwohl dem Verfassungsschutz diese Informationen vorlagen, gingen die Behörden nicht gegen den vorbestraften Islamisten vor, der sich offiziell in einem Deradikalisierungsprogramm befand.

Die Kommission prüft, ob diese Informationen falsch eingeschätzt oder nicht zusammengeführt worden sind. Dazu sollen Vertreter mehrerer Dienststellen befragt werden, beim Verfassungsschutz, im Bundeskriminalamt und in der Justiz. Ein erster Zwischenbericht wird kurz vor Weihnachten erwartet – mehr dazu in Terror-U-Kommission: Bericht vor Weihnachten.

Ermittlungen gegen 23 Beschuldigte

Einen Monat nach dem Terroranschlag in der Wiener Innenstadt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen 23 Beschuldigte, elf sind in Untersuchungshaft. Weiterhin deutet alles auf einen Einzeltäter hin. Es wird vermutet, dass der Attentäter zu Fuß zum Tatort in der Innenstadt gelangt ist und sich dort umgezogen hat, hieß es im Ö1-Morgenjournal mit Verweis auf Ermittlerkreise. Videoaufnahmen aus öffentlichen Verkehrsmitteln wurden ebenso überprüft wie Taxiunternehmen und Fahrdienste. Bisher habe es hier keinen Hinweis auf den Täter gegeben.

Dass der Attentäter von einem Freund oder Bekannten mit dem Auto zum Tatort gebracht wurde, ist laut Ermittlern derzeit eher auszuschließen. Die Befragungen laufen aber noch. Neben den Ermittlungen gegen die 23 Beschuldigten gibt es von der Staatsanwaltschaft auch Ermittlungen gegen unbekannte Täter.

Ermittler gehen nicht von spontaner Aktion aus

Auch die Auswertungen der Chat-Protokolle sind noch nicht abgeschlossen. Daraus erhofft man sich etwa die Antwort auf die Frage, ob der Mann auf eigene Initiative gehandelt hat oder ob er von jemand anderem angestiftet worden ist. Der Attentäter war in islamistischen Kreisen bestens vernetzt und hat sich noch im Sommer mit Extremisten aus Deutschland und aus der Schweiz getroffen – mehr dazu in Attentäter: Neue Hinweise auf IS-Netzwerk.

Bekannt sind auch Vorbereitungen des Attentäters für eine mögliche Attacke, er hat Waffen und Munition besorgt. Dass der Anschlag eine Spontanaktion gewesen ist, glauben die Ermittler eher nicht. Geprüft wird nun auch, ob der Attentäter am Abend des Anschlags tatsächlich in die Ruprechtskirche wollte, wo zu diesem Zeitpunkt gerade eine Jugendmesse abgehalten wurde – mehr dazu in Jugendliche in Kirche entgingen Anschlag.