Pflegewohnhaus Haus St. Barbara  in Wien-Liesing
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Chronik

Pflegeheim setzt auf neue CoV-Teststrategie

Das Pflegeheim Haus St. Barbara in Liesing ist während der ersten CoV-Welle in die Schlagzeilen geraten: 17 Bewohnerinnen und Bewohner starben mit einer Infektion. Durch ein neu erarbeitetes Testsystem ist es aber gelungen, weitere Todesfälle zu verhindern.

Mittagessen auf „Station 8“ des Pflegeheims St Barbara: Rund 25 Personen essen zwar im selben Raum, aber viele sitzen alleine am Tisch mit mindestens zwei Metern Abstand zu anderen. Die 73-jährige Josefine Rossmann wünscht sich, dass bald wieder alles wird wie früher.

„Man ist schon immer verzweifelter. Immer die Angst, dass man es selbst kriegen könnte, oder dass es jemand anderer im Haus bekommt. Meine Kinder sagen, ich soll die Zeitung gar nicht aufmachen, weil ich dann immer gleich verzweifelt bin. Und wenn ich nur ein bisserl Husten hab, schreie ich schon Corona“, erzählte Rossmann gegenüber dem ORF.

„Das ist ja in dem Haus, wo so viele Tote waren“

Für den 94-jährigen Walter Seehofer ist die Coronavirus-Situation eine „Katastrophe“: „Ich bin ein Kontaktmensch, ich habe eine Weinstube gehabt, habe viele Bekannte natürlich, aber die kommen alle nicht, haben alle ein bisschen Angst: ‚Das ist ja in dem Haus, wo so viele Tote waren.‘“

17 Bewohnerinnen und Bewohner, die mit dem Coronavirus infiziert waren, sind im Juni verstorben. Seither gab es eine Handvoll Infektionen und keine CoV-Toten mehr unter den 270 Bewohnerinnen und Bewohnern.

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Mittagessen im Pflegeheim Haus St. Barbara der Caritas in Liesing
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Mittagessen im Pflegeheim Haus St. Barbara der Caritas in Liesing
Pflegerin Valentina Jegic und Claudiu Suditu, der Leiter des Pflegeheims Haus St. Barbara der Caritas in Liesing
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Pflegerin Valentina Jegic und Heimleiter Claudiu Suditu
Beobachtungs- und Quarantänestation für eventuelle Covid-Patienten im Pflegeheim Haus St. Barbara der Caritas in Liesing
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Beobachtungs- und Quarantänestation für eventuelle Covid-Patienten
Walter Seehofer (94) wohnt im Pflegeheim Haus St. Barbara der Caritas in Liesing
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Für Walter Seehofer (94) ist die CoV-Situation „a Katastrophe“
Josefine Rossmann (73) wohnt im Pflegeheim Haus St. Barbara der Caritas in Liesing
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Josefine Rossmann: „Wenn ich nur ein bisserl Husten hab, schreie ich schon Corona“
Begegnungs- und Besucherzone des Pflegeheims Haus St. Barbara der Caritas in Liesing
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Begegnungs- und Besucherzone des Pflegeheims St. Barbara

Weniger Besuche für Demenzkranke besonders hart

Ein Grund dafür sind die Besuchsbeschränkungen. In der Besucherzone im Untergeschoß stehen Plexiglastrennwände auf den Tischen. Alle Besucher müssen FFP2-Masken tragen. Leopold Richard hat seine Frau früher täglich besucht, jetzt darf nur eine Person pro Woche kommen. „Eine Woche komm ich, eine Woche die Tochter. Es ist schwer, aber was soll man machen. Vorschrift ist Vorschrift“, sagte Richard.

Für die 70 Prozent Demenzkranken im Haus ist die Beschränkung der Angehörigenbesuche besonders hart, sagte Pflegerin Valentina Jegic. „Weil sie mehr auf Hautkontakt eingestellt sind. Aber da gehört es zu einer professionellen Pflege, dass wir Hautkontakt ein bisschen zulassen – streicheln, berühren, die Hand halten, wo sie dann beruhigt sind“, sagte Jegic.

Das und speziell die Körperpflege könnten eine Ansteckungsgefahr bedeuten. Deshalb wurden für die Hochbetagten die Mundspülungen verbessert. „Zum Beispiel mit desinfizierenden Lösungen, Betadona und ähnliche Substanzen, wo dadurch die Übertragung schwerer stattfindet und auch die Viruslast reduziert werden kann", sagte Heimleiter Claudiu Suditu.

Zwei Gurgeltests pro Woche

Vor allem aber setzt die Caritas auf eine ausgeklügelte Teststrategie, die mit dem Vienna Biocenter und dem Complexity Science Hub der Meduni Wien erarbeitet wurde. Das Geld dazu kam vom Wissenschaftsministerium. Die Pflegekräfte werden öfter getestet als in anderen Heimen, die meisten zwei Mal wöchentlich per Gurgeltest statt mittels Nasenabstrich. „Wir hatten davor die Situation, dass Mitarbeiter die Tests abgelehnt haben. Sich zweimal pro Woche abstreichen zu lassen, ist einfach sehr unangenehm“, erzählte Suditu.

„Dadurch, dass wir das jetzt mit Gurgeltests machen, ist die Bereitschaft sehr hoch mitzumachen“, ergänzte Caritas-Arzt Thomas Wochele. Und im Gegensatz zu anderen Heimen setzt die Caritas Wien nicht auf Antigentests, sondern auf die sensitiveren PCR-Pool-Tests. Ziel ist laut Wochele, dass „ich im Idealfall – wenn auch Masken getragen werden – das Virus mit dem Test schon zu einem Zeitpunkt nachweisen kann, wo ich noch gar nicht ansteckend bin.“

Bei zehn symptomlos infizierten Mitarbeiterinnen ist das bereits gelungen. Durch die Forschungskooperation bekommt die Caritas die Testergebnisse außerdem innerhalb eines halben Tages. Getestet wird auch, wenn Bewohner ausnahmsweise zu Besuch bei Verwandten waren – unter Berücksichtigung der Inkubationszeit. „Die erste Testung findet meist 48 Stunden nach der Rückkehr in die Einrichtung statt. Unmittelbar nach der Rückkehr wäre ja zu erwarten, dass es ein negatives Testergebnis gibt, obwohl die Person unter Umständen vor wenigen Stunden infiziert wurde“, so Suditu.

Weihnachtsfeier für Angehörige auf Video

Die Stockwerkweihnachtsfeiern müssen heuer jedenfalls ohne Angehörige stattfinden. „Ich sehe das vollkommen ein, dass man das heuer nicht so machen kann wie man will, wegen der Ansteckerei. Aber manche alten Herrschaften bei uns glauben halt, es rennt ihnen die Zeit davon. Sie sehen ihre Angehörigen nicht, dann sind halt manche ganz unglücklich", meinte die 57-jährige Waltraud Kupferschmidt. Die Weihnachtsfeier soll aber gefilmt werden, sodass die Angehörigen immerhin das Video sehen können.