Chronik

Weiter Rätsel um Dürer im Stephansdom

Das Rätsel um eine Wandzeichnung im Stephansdom, die möglicherweise von Albrecht Dürer stammt, ist weiter ungelöst. Laut Bundesdenkmalamt (BDA) konnte bis jetzt nicht eindeutig geklärt werden, ob es sich tatsächlich um ein Werk des Renaissancemalers handelt.

Fest steht, dass die Zeichnung, die bei Restaurierungsarbeiten am gotischen Bischofstor an der Nordseite des Doms gefunden wurde, höchste Qualität aufweist und aus dem frühen 16. Jahrhundert stammt. Die Vorzeichnung stellt einen an die Wand gemalten Flügelaltar dar. An den Altarflügeln sind die Heiligen Katharina und Margarethe abgebildet.

Nach der Entdeckung hat das Bundesdenkmalamt mit der Dombauhütte St. Stephan ein Konservierungs- und Forschungsprojekt ins Leben gerufen. Im November 2019 gab es eine Tagung mit externen Fachexpertinnen und Fachexperten. „Seit dieser Tagung ist das Projekt weitergegangen, indem noch zusätzliche Fachleute aus dem deutschen Sprachraum für dieses Projekt gewonnen werden konnten“, sagte Bernd Euler-Rolle, Fachdirektor im Bundesdenkmalamt gegenüber Radio Wien.

Hat Albrecht Dürer im Wiener Stephansdom eine Wandzeichnung angefertigt? Fest steht, dass die Zeichnung, die bei Restaurierungsarbeiten am gotischen Bischofstor an der Nordseite des Doms gefunden wurde, höchste Qualität aufweist und aus dem frühen 16. Jahrhundert stammt (undatiertes Archivbild).
APA/BDA/IRENE DWORAK
„Besondere künstlerische Qualität lässt auf einen großen Meister schließen“, so Euler-Rolle.

„Es gibt einige Für und Wider“

Darunter waren etwa Dürer-Experten aus deutschen Museen sowie Experten für naturwissenschaftliche und konservierungswissenschaftliche Studien. Auch der Direktor des Dürer-Hauses in Nürnberg war involviert. Nach gemeinsamen Videokonferenzen aufgrund der CoV-Pandemie kam es im September zu einem „abschließenden Projekttreffen“ in Wien, so Euler-Rolle.

Doch ein eindeutiges Ja oder Nein zur Frage, ob die Wandzeichnung tatsächlich von Dürer stammt, gibt es auch nach diesem Treffen nicht. Es gebe einige Für und Wider. „Dafür sprechen stilkritische Indizien, wo Einzelheiten sehr, sehr große Ähnlichkeiten mit der Zeichenweise des Albrecht Dürer aufweisen“, sagte Euler-Rolle.

Dagegen spricht aber, dass kein einziger Wien-Aufenthalt von Dürer bekannt ist. „Das ist derzeit in keiner Weise belegt. Und es bleibt auch, dass der ein oder andere Schüler bzw. Mitarbeiter von Dürer sich stilistisch ihm angenähert hatte.“ Sprich: Die Zeichnung könnte auch von einem Schüler oder Mitarbeiter Dürers stammen.

Hat Albrecht Dürer im Wiener Stephansdom eine Wandzeichnung angefertigt? Fest steht, dass die Zeichnung, die bei Restaurierungsarbeiten am gotischen Bischofstor an der Nordseite des Doms gefunden wurde, höchste Qualität aufweist und aus dem frühen 16. Jahrhundert stammt (undatiertes Archivbild).
APA/BDA/IRENE DWORAK
Der an die Wand gemalte Flügelaltar

Grabdenkmal beschäftigte Experten

Außerdem wurde von den Expertinnen und Experten der Frage nachgegangen, ob ein an der Wand befestigtes Grabdenkmal, ein Epitaph, in der Mitte des gemalten Flügelaltars gesessen sein könnte, weil die „Maße außerordentlich exakt übereinstimmen und das Mittelbild des gemalten Flügelaltars, das man heute sieht, etwas später aus dem 16. Jahrhundert stammt, also nach der Dürer-Zeit“, so Euler-Rolle.

Naturwissenschaftliche Untersuchungen hätten gezeigt, dass das Epitaph „mit einer fast an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit für eine gewisse kurze Zeit den Mittelpunkt des Flügelaltars gebildet hat“.

Die Frage nach dem Epitaph ist auch deshalb spannend, weil sie folgende Überlegung beinhaltet: „Wie man sich das denn eigentlich vorstellen kann, dass ein Hans Rechwein, der ein kleiner Adeliger, ein Hofrichter in Österreich gewesen ist, sich für das Grabdenkmal mit einem so Großen wie Albrecht Dürer in Verbindung gesetzt haben könnte, um da so eine Komposition in Auftrag zu geben, also in der Mitte die Bildhauerarbeit und rundherum der gemalte Flügelaltar“, so Euler-Rolle.

Publikation zu Forschungsergebnissen

Die genauen Ergebnisse des Projekts werden im kommenden Sommer in einem Band der „Österreichischen Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege“ veröffentlicht. „Und dann gibt es noch die Einladung, dass dieses Projekt in einer Sonderausstellung im Dürer-Haus in Nürnberg im Jahr 2022 gezeigt und vorgestellt werden kann“, sagte Euler-Rolle.