Chronik

Vor Prozess: Angeblicher Ex-Agent abgeschoben

Ein mutmaßlicher türkischer Ex-Agent ist vor einem Prozess wegen militärischen Nachrichtendienstes für einen fremden Staat nach Italien abgeschoben worden. Kurz davor war der Mann aus der U-Haft entlassen worden.

Die Staatsanwaltschaft Wien hatte seit September gegen den gebürtigen Türken ermittelt, nachdem dieser sich an die heimischen Behörden gewandt. Der 53-Jährige gab an, er habe den Auftrag erhalten, einen Anschlag auf mehrere heimische Politiker zu verüben.

Die kolportierten Anschlagspläne, an denen der angebliche frühere Agent des türkischen Geheimdienstes MIT seinen Angaben zufolge weder beteiligt war noch eine Umsetzung geplant haben will, richteten sich gegen den Ex-Politiker Peter Pilz (Grüne, Liste Pilz), die Wiener Grüne Landtagsabgeordnete Berivan Aslan und den SPÖ-EU-Abgeordneten Andreas Schieder.

Aufenthaltsverbot nach U-Haft-Ende

Der Mann sah sich als „Whistleblower“. Er behauptete, er habe den Verfassungsschutz erstmals bereits im Frühjahr zu warnen versucht. Zwei Monate lang saß er in der Justizanstalt Josefstadt in Untersuchungshaft. Unmittelbar nach der Enthaftung des Mannes am 21. Dezember wurde er ins Polizeianhaltezentrum (PAZ) Hernals gebracht und nach einer Einvernahme seitens des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BAF) mit einem unbefristeten Aufenthaltsverbot belegt worden, dem für den Fall einer Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde.

Begründet wurde das mit der „eminenten Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“. Im vorliegenden Fall sei „die Annahme gerechtfertigt“, dass der 53-Jährige „die nationale Sicherheit gefährdet“, wie dem Bescheid zu entnehmen ist, der der APA vorliegt. Daher wurde der 53-Jährige vor Weihnachten an die italienische Grenze gebracht und den italienischen Behörden übergeben, wie seine Anwältin Ujvarosi am Montag der APA berichtete: „Er hat sich dann bei uns gemeldet und bestätigt, dass er wohlauf ist.“

Ujvarosi und Mozga kritisierten in diesem Zusammenhang in einer der APA übermittelten Stellungnahme das Vorgehen der heimischen Behörden. Obwohl bekannt gewesen sei, dass die beiden die Rechtsvertretung des 53-Jährigen innehatten, seien sie gerade ein Mal 40 Minuten vor der Einvernahme ihres Mandanten im PAZ kontaktiert und beigezogen worden. Dort habe man ihnen Akteneinsicht verwehrt und sich auf den Standpunkt gestellt, diese hätte drei Tage im Vorhinein beantragt werden müssen.

Prozess im Februar offen

Völlig offen ist, was nun mit dem Spionage-Prozess passiert, der am 4. Februar am Wiener Landesgericht über die Bühne gehen soll. „Grundsätzlich ist der Termin aufrecht“, meinte Gerichtssprecherin Christina Salzborn am Montagnachmittag auf APA-Anfrage. Ob sich der in Österreich unerwünschte Angeklagte seinem Verfahren stellt, das ihm im Fall eines Schuldspruchs eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren einbringen könnte, ist derzeit nicht absehbar. Um das möglich zu machen, müsste jedenfalls das Aufenthaltsverbot befristet aufgehoben werden.