Polizeimarkierungen am Tatort in der Seitenstettengasse
APA/Helmut Fohringer
APA/LPD Wien
CHronik

Attentäter hatte kein Waffenverbot

Der Wiener Attentäter war zwar wegen terroristischer Vereinigung verurteilt und in Haft, aber über ihn wurde kein Waffenverbot verhängt. Waffenverbote seien nicht generelle Praxis bei Terrorismusverurteilungen, sagte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP).

Vielmehr würden diese nach Einzelfallbeurteilung verhängt, so Nehammer in Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage von NEOS. Zuständig gewesen wäre dafür die Landespolizeidirektion Wien.

„Es bestand kein Waffenverbot nach § 12 WaffG“, teilte Nehammer in der Anfragebeantwortung mit. Warum es nicht verhängt wurde, wollte er nicht erläutern: „Aufgrund eines laufenden Ermittlungsverfahrens muss von einer weiterführenden Beantwortung dieser Fragen Abstand genommen werden.“

Doch selbst ein Waffenverbot hätte den Anschlag wohl nicht verhindert. Denn für den Anschlag in Wien wurde ein Sturmgewehr verwendet- ein Kalaschnikow-Nachbau, also eine illegale Waffe und nur am Schwarzmarkt zu bekommen.

NEOS: „Schier unglaublich“

NEOS-Verteidigungssprecher Douglas Hoyos sagte, es sei „schier unglaublich“, dass niemand im „von der angeblichen Sicherheitspartei ÖVP“ geführten Innenministerium auf die Idee gekommen sei, „dass man über einen verurteilten Terroristen ein Waffenverbot verhängen sollte“. Dafür brauche man kein Antiterrorpaket, das wäre auch nach damals geltender Rechtslage problemlos möglich gewesen. Dann wäre, mutmaßt Hoyos, auch der versuchte Munitionskauf in der Slowakei an die Justiz gemeldet worden „und der Attentäter am 2. November 2020 wohl in U-Haft gesessen“.

Nehammers Antwort auf die Frage, ob die Meldung an die Justiz denn bei einem Waffenverbot erfolgt wäre – bzw. „wenn nein: warum nicht?“ –, fiel ausweichend aus: „Jede Organisationseinheit des Bundesministeriums für Inneres ist im Rahmen ihrer jeweiligen Aufgabenerfüllung dazu verpflichtet, jeden ihr zur Kenntnis gelangten Anfangsverdacht einer Straftat der Staatsanwaltschaft zu berichten.“

SPÖ und FPÖ fordern Konsequenzen

Empört über diese neuen Enthüllungen zeigten sich auch SPÖ und FPÖ. Nehammer „wird sich der Verantwortung nicht ewig entziehen können“. „Ich erwarte mir eine ehrliche Abrechnung und klare Konsequenzen. Wenn diese vom Innenminister nicht gezogen werden, werden wir weitere parlamentarische Mittel vorbereiten, um Transparenz und Verantwortung herzustellen“, sagte SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner in einer Aussendung.

Auch FPÖ-Parteichef Norbert Hofer forderte Konsequenzen. „Als wichtigsten Schritt“ verlangte er ein Verbot des politischen Islam. „Zu diesem konnte sich die Regierung auch nach dem Anschlag von Wien nicht durchringen – ein schwerer Fehler“, wie Hofer findet.

Info zu Munitionskauf nicht weitergegeben

Dass diese Meldung unterblieb, ist einer der Kritikpunkte, den auch die Untersuchungskommission in ihrem Zwischenbericht auflistet. Denn der 20-Jährige hatte am 21. Juli 2020 versucht, in Bratislava Munition für das automatische Sturmgewehr zu kaufen, das er am 2. November bei seinem – für vier Menschen tödlichen – Anschlag benutzte.

Die slowakischen Behörden benachrichtigten im Juli umgehend das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. An die Staatsanwaltschaft wurde diese Information nicht weitergegeben, obwohl der Attentäter erst Anfang Dezember 2019 vorzeitig bedingt aus einer 22-monatigen Haftstrafe wegen terroristischer Vereinigung entlassen worden war.

Auf den beim Anschlag in Wien verwendeten Waffen wurden nicht nur DNA-Spuren des Täters sichergestellt, wie unlängst bekanntwurde. Laut einem forensischen Gutachten hatte die Waffen eine ganze Reihe von Personen in der Hand, darunter auch zwei Frauen. Wer sie sind, ist noch nicht bekannt. Dass Frauen maßgeblich in die Tat involviert waren, ist laut Ermittlerkreisen eher unwahrscheinlich, vermutet wird, dass Frauen bei der Organisation der Waffen eine Rolle gespielt haben.