Eine Kundgebung in Wien-Favoriten am Freitag, 26. Juni 2020.
APA/Georg Hochmuth
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Chronik

Tumulte in Favoriten: Aus für viele Verfahren

Nach tagelangen Ausschreitungen im Juni in Favoriten ist die Mehrheit der Verfahren von der Staatsanwaltschaft eingestellt oder abgebrochen worden. Sechs Personen müssen vor Gericht. Fünf Verfahren sind noch offen. Wegen des Wolfsgrußes gibt es Geldstrafen.

An vier Tagen hintereinander war es Ende Juni zu gewaltsamen Angriffen türkischer bzw. türkischstämmiger Extremisten und Sympathisanten auf Teilnehmer von Kurdendemos und die Polizei gekommen. Die Beamten, die zu Hunderten im Einsatz waren, wurden aber auch von linker Seite bedroht. Es flogen Steine, Böller und Glasflaschen. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin rund 30 Einzelverfahren gegen bekannte und unbekannte Täter ein – hauptsächlich wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung und Widerstandes gegen die Staatsgewalt – mehr dazu in Tumulte in Favoriten: Rund 30 Verfahren.

„Neun Verfahren wurden eingestellt, zwei davon liefen gegen mehrere Beschuldigte. Zwölf Verfahren wurden abgebrochen, weil die Täter nicht ausgeforscht werden konnten. Drei mündeten in Diversionen. Bei sechs gab es Strafanträge, und gegen fünf Beschuldigte laufen die Verfahren noch“, bestätigte Staatsanwaltschaftssprecherin Nina Bussek gegenüber Radio Wien.

Bisher neun Strafverfahren wegen Wolfsgrußes

Sechs Beschuldigte müssen sich damit fix vor dem Bezirksgericht Favoriten verantworten. Am 10. Februar steht etwa ein Beteiligter der Ausschreitungen wegen versuchter Körperverletzung vor Gericht, bestätigte ein Sprecher des Bezirksgerichts.

Bei den Auseinandersetzungen hatten auch mehrere Personen den in Österreich verbotenen Wolfsgruß gezeigt. Dabei handelt es sich um ein Erkennungszeichen der türkischen ultranationalistischen und rechtsextremen „Grauen Wölfe“.

Wegen des Wolfsgrußes wurden bisher neun Strafverfahren auf Grundlage des Symbole-Gesetzes eingeleitet, bestätigte die Wiener Polizei auf Anfrage. Wie hoch die Geldstrafen ausfallen, stehe noch nicht fest, weil die Strafverfahren noch nicht abgeschlossen seien. Bei den anderen Personen, die den Wolfsgruß zeigten, steht die Identität noch nicht fest. „Da ist das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung noch dahinter“, sagte eine Polizeisprecherin.

Zu Beginn Kurdendemo gegen Gewalt an Frauen

Ihren Ausgang hatten die Auseinandersetzungen am 24. Juni genommen. Eine Kundgebung von Kurden gegen Gewalt an Frauen wurde von Türken gestört. Zunächst äußerten nur ein paar Passanten ihren Unmut über die Demo auf dem Keplerplatz, die von ein paar Mitgliedern der Antifa unterstützt wurde. Dann kamen weitere Türken hinzu, die Atmosphäre erhitzte sich.

In den folgenden Tagen eskalierte die Situation immer wieder. Dabei soll es auch zu Angriffen der türkischen ultranationalistischen und rechtsextremen „Grauen Wölfen“ gekommen sein. In die Tumulte involviert war auch eine Menge männlicher türkischer und österreichischer Jugendlicher.

Strafrechtlich nicht viel übrig geblieben

Zu den Hintergründen der Auseinandersetzung hieß es im August von der Wiener Polizei: „Es laufen wien- und bundesweit Ermittlungen vom Landesamt und Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, was die Hintergründe anbelangt. Hierbei sind beide Gruppierungen, die hier auffällig geworden sind, im Fokus der Behörde.“

Auf den Ermittlungsstand angesprochen, verweist die Polizeisprecherin nun auf die Staatsanwaltschaft als zuständige Behörde. Doch dort heißt es, in Richtung Extremismus sei aus strafrechtlicher Sicht nichts übrig geblieben, hauptsächlich hätten sich Körperverletzung, Sachbeschädigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt ergeben.