Das Cafe Möbel in der Burggasse überlegte schon lange, seinen Rollbalken in ein Kunstwerk zu verwandeln. Im ersten Coronavirus-Lockdown war endlich die Zeit und Möglichkeit dafür. Mitarbeiterin Kata Anna Tüz, die auch als Künstlerin tätig ist, griff gleich selbst zur Spraydose: "Ich habe Kaffee und Kaffeebohnen visualisiert, die Frauenfigur ist inspiriert von Matisses blauen Frauenakten. Das Bild repräsentiert für mich den Ursprung von Kaffee und Fruchtbarkeit.“
Beliebtes Fotomotiv
Da das Kaffeehaus im Normalbetrieb nur in den späten Nachtstunden geschlossen hat, ist das Kunstwerk bei Licht kaum sichtbar. Erst jetzt bemerken es die Menschen bei ihren Spaziergängen. „Auf den Social-Media-Plattformen werden immer wieder Fotos und kleine Storys gepostet“, freut sich Geschäftsführerin Christiane Egger.
Street-Art als Hingucker
Beim Spazierengehen am Donaukanal fiel Sandra Voith vor ein paar Jahren ein Werk der Künstlerin „Frau Isa“ auf. Kurz darauf wurde auch der Rollbalken ihres Geschäfts „Spodd Fashion“ in der City in ein Kunstwerk verwandelt – und sorgt seither für Aufmerksamkeit.
Dasselbe Ziel verfolgt das Vintage-Modegeschäft Wolfmich in der Gumpendorfer Straße. „Als wir das Geschäft vor zwei Jahren übernommen haben, sind wir vor einem verrosteten dreckigen Rolltor gestanden. Wir haben während des Umbaus beschlossen, unser Logo draufzumachen“, so Geschäftsführer Michael Pascher. Gesprayt wurde es von „Replikant No“. Laut dem Sprayer beginnen die Preise ab hundert Euro pro Quadratmeter für ein Rollbalken-Kunstwerk.
Die Galerie Hilger ließ schon vor vielen Jahren internationale Künstler wie den Stinkfish aus Kolumbien Rollbalken in Wien gestalten – und stellte seine Werke aus. Auch auf dem Naschmarkt sind Arbeiten zahlreicher internationaler Künstler auf den Rollbalken der Standler zu sehen.
Geschlossene Geschäfte: Kunst am Rollbalken
Um wenigstens ein bisschen Farbe in den Lockdown zu bringen, hat ein Wiener Kaffeehaus den Rollbalken vor der geschlossenen Eingangstür einer Künstlerin überlassen. Es ist ein Beispiel von Rollbalken-Werken, die in der Stadt verteilt sind.
„Belebung des Stadtbilds“
Prinzipiell gibt es in der Stadt noch viele freie Flächen und Rollbalken, die bemalt, beklebt und besprayt werden könnten. Viele Geschäftsbetreiber erhoffen sich durch die Kunstwerke neben Aufmerksamkeit, dass ihre Rollbalken vor ungewünschten Graffiti-Tags und Schmierereien geschützt sind.
Wer jedoch an eine Veränderung denkt, muss vorab den Hauseigentümer um Erlaubnis fragen. Laut MA 19 (Architektur und Stadtgestaltung) haben Geschäftsbetreiber außerdem darauf zu achten, „die Charakteristika der Umgebung nicht zu sehr zu verfremden.“ Eine Gründerzeitfassade könnte zum Beispiel durch eine künstlerische Intervention gestört werden.
Innerhalb des Rings und in anderen Schutzzonen sind Veränderungen der Farbgebung außerdem bewilligungspflichtig. Die MA 19 ist Kunstwerken gegenüber aber prinzipiell aufgeschlossen. In der Erdgeschosszone bewirken sie „eine Belebung des Stadtbildes.“