Vater spielt mit Kind
APA/dpa/Julian Stratenschulte
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Coronavirus

Immer mehr Kinder leiden unter Lockdowns

Der Lockdown schlägt sich bei vielen Kindern auf die Psyche. Das Wiener AKH schlägt Alarm: Die Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie ist überfüllt. Immer mehr Kinder leiden an Essstörungen und Depressionen.

Oft sind es gesunde Kinder ohne Vorbelastungen aus liebevollen Familien, die jetzt unter schweren Störungen leiden, sagte Paul Plener, Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie am AKH Wien im ORF-Radio: „Es kommen mehr, und die Zustandsbilder sind deutlich akuter und schwerer ausgeprägt, sodass Patienten, die weniger akut sind, aber trotzdem einer stationären Aufnahme bedürfen würden, natürlich auch nachgereiht werden müssen im Sinne einer gewissen Triagierung.“

Jugendliche leiden unter CoV-Krise

Kinder und Jugendliche leiden unter den Folgen der CoV-Pandemie. Am AKH werden so viele junge depressive Patienten behandelt wie nie zuvor. Zudem steigen die Anfragen im psychosozialen Bereich.

Depressionen und Essstörungen

Seit Jahresbeginn sehe man ein Muster, dass Essstörungen enorm zunehmen. Andererseits erleben viele Jugendliche deutliche depressive Episoden. Von ihnen selber sei zu hören, dass sie unter großer Erschöpfung, großer Müdigkeit, Antriebslosigkeit und Stimmungsverschlechterung leiden würden. Sogar Suizidgedanken, auch Suizidversuche in der jüngeren Vergangenheit seien Thema.

Andererseits haben viele begonnen, schon während des ersten Lockdowns ihr Gewicht zu reduzieren, aus Sorge, dass sie zu dick werden, wenn sie nur zu Hause sind. Unter den Betroffen sind auch schon ganz junge Kinder, so hätten Kinder zwischen acht und zwölf Jahren deutlich depressive Symptomatiken, „was wir in dieser Stärke noch nicht beobachtet haben.“ Für diesen Anstieg sieht Plener viele Gründe, etwa Schulschließungen und den sozialen Rückzug, „den Verlust von positiven Erlebnissen im Alltag, von sozialen Kontakt, was natürlich auch eine Abwärtsspirale bedingen kann im Bereich Depressionsentstehung oder im Bereich der Entstehung von Essstörungen“.

Regelmäßiger Tagesablauf wichtig

Plener würde sich wünschen, jedes Mittel zu nutzen, um Schulen wieder zu öffnen, selbst wenn das tägliche Coronavirustests mit sich bringt. Auch das Tragen von Masken oder regelmäßiges Lüften wären ok. Schulen zu öffnen und offen zu halten wären ganz wesentliche Schritte, „um die Jugendlichen wieder in sozialen Kontakt zu bringen“.

Kindern, Jugendlichen und deren Eltern empfiehlt Plener, regelmäßige Tagesstrukturen einzuhalten. Auch sei nicht zu unterschätzen, welchen Effekt das Rausgehen zumindest einmal am Tag habe: „Man braucht die Sonneneinstrahlung, wir brauchen dieses Wachsignal.“ Natürlich sei auch das Aufrechterhalten von sozialen Kontakten so gut es geht wichtig, das sei natürlich im Lockdown sehr häufig auf digitale Strukturen beschränkt. Aber: Alles, was Struktur bietet und einen normalen Tagesablauf ermöglicht, sei hilfreich.