Michael Ludwig in der ORF-Pressestunde
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Ludwig für teilweise Öffnung

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hat sich vor dem Treffen mit der Bundesregierung für teilweise Öffnungsschritte im Handel und in Schulen ausgesprochen. Dazu brauche es aber „klare Rahmenbedingungen“.

Das Tragen der FFP2-Maske, Beschränkungen bei der Quadratmeteranzahl sowie Schichtbetrieb in den Schulen zum Schutz von Schülern und Lehrern nannte Ludwig in der ORF-Pressestunde als notwendige Rahmenbedingungen. Öffnungsschritte sind laut Ludwig auch nur unter der Voraussetzung möglich, dass die Expertinnen und Experten am Montag „nicht andere Expertise vorlegen“.

„Die Schule ist meines Erachtens der Bereich, wo man am meisten hinsehen muss“, zeigte sich der Wiener Stadtchef überzeugt. Unter anderem durch eine schichtweise Staffelung der Klasse könnte man laut Ludwig versuchen, das Infektionsrisiko zu minimieren. Er plädierte vor allem für eine Rückkehr der jüngeren Kinder: „Wichtig ist sicher, dass man den ganz Kleinen die Möglichkeit gibt, wieder in die Schule zu gehen.“

Haltung zu Lockerungen der Corona-Maßnahmen

„Blindflug“ in vielen Bereichen

„Natürlich sind wir in vielen Bereichen im Blindflug unterwegs. Deshalb ist es wichtig, die Expertise heranzuziehen, aus Österreich und im internationalen Zusammenhang, um zu sehen, was wir politisch verantworten können. Es ist keine leichte Entscheidung. Aber wir sehen auch sehr starke Kollateralschäden, wenn man etwa die Hilferufe der Kinder- und Jugendpsychiatrie hört und wahrnimmt, wie viele Jugendliche in eine Krise schlittern. Dass es sehr viel Alterseinsamkeit gibt, Betroffenheit in der Wirtschaft, am Arbeitsmarkt – dann wird man abschätzen müssen, wo es gibt es Möglichkeiten, partiell Lockerungen vorzunehmen“, meinte Ludwig.

Ludwig verwies auch auf die in Wien kürzlich geschnürten Corona-Hilfspakete. Besonders betroffen ist in der Hauptstadt etwa der Tourismus. Laut dem Wiener Bürgermeister wird nun bereits wieder begonnen, in verschiedenen Ländern für eine Reise nach Wien zu werben – auch wenn eine solche nur schwer möglich ist derzeit. Aber man wolle wieder Lust auf einen Besuch in Wien machen. „Sehnsucht ist ja eine Triebkraft wie wir wissen.“

Bürgermeisterkollegen aus anderen Bundesländern, die bereits eine Impfung erhalten hätten, wolle er nicht verurteilten, stellte Ludwig klar. Die betreffenden Personen hätten oft wichtige Funktionen in Pflegeeinrichtungen. Er selbst würde sich jedoch „mit Händen und Füßen“ dagegen wehren, vorzeitig geimpft zu werden, beteuerte das Stadtoberhaupt.

Öffnungsschritte für Schulen

Kritik an Abschiebungen

Ludwig übte auch einmal mehr Kritik an der Abschiebung zweier Schülerinnen. Er sei für das Abschieben von „Gfrastern“, aber nicht von gut integrierten jungen Menschen. Einen fliegender Koalitionswechsel im Bund schloss er aus. Sollte es zu Neuwahlen kommen hält er es laut eigenen Angaben auch für möglich, dass die SPÖ wieder den ersten Platz erringt. Sollten die Koalition von ÖVP und Grünen scheitern, wäre das jedoch die dritte Regierung, die Sebastian Kurz vorzeitig beende, gab Ludwig zu bedenken: „Da beschleicht mich der Verdacht, dass es vielleicht nicht nur an den Koalitionspartnern gelegen ist.“

Faßmann: Schulen als erstes öffnen

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) wollte sich im „Hohen Haus“ am Sonntag auf eine fixe Wiederöffnung der Schulen für den Präsenzunterricht nicht festlegen. „Wir schauen, wenn es geht, dass wir die Schulen öffnen, weil sie gesellschaftspolitisch wichtig sind“, aber „die Pandemie ist nicht vorbei, ganz im Gegenteil“. Die Infektionszahlen seien höher als es sich die Regierung für eine Öffnung ab dem 8. Februar erhofft habe.

Es hätten zumindest mittlerweile alle erkannt, „dass die Schule eine wesentliche Institution ist“. Er sei mit Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) einer Meinung, dass die Schulen als erstes geöffnet werden sollten. Die Würfel werden am Montag fallen, so Faßmann. Der Bildungsminister bestätigte zudem, dass auch eine FF2-Maskenpflicht an den Schulen diskutiert werde.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner meldet sich am Sonntag neuerlich zu Wort und warnte vor einer dritten Infektionswelle. „Wir müssen eine dritte Welle mit einem noch infektiöseren Virus verhindern. Das ist kein rein virologischer Ansatz, sondern lebenswichtig – in gesundheitlicher, wirtschaftlicher und politischer Hinsicht.“ Die Frage des Öffnens sei „eine Frage des Risikos“. „Dieses Risiko ist kein abstraktes, es ist brutal real. Messbar in Zahlen der Infizierten, Erkrankten, Toten. Das Ziel der Regierung waren rund 700 Infektionen pro Tag, gestern waren es 1.400. Die Zahlen sind zu hoch. Jetzt zu lockern bedeutet die Bevölkerung einem nicht kontrollierbaren Risiko auszusetzen“, so Rendi-Wagner.

Bildungsminister: Entscheidung über Schulöffnung am Montag

Bildungsminister Heinz Faßmann zufolge ist die Schule eine jener Institutionen, die im Falle von Öffnungsschritten zuerst berücksichtigt werden. Am Montag soll entschieden werden, ob der Präsenzunterricht ab 8. Februar wieder aufgenommen werden kann.

Nepp: Keine klaren Ansagen

Für den Wiener FPÖ-Obmann Dominik Nepp hat es von Ludwig keine klaren Aussagen zu Handel- und Gastronomie-Öffnungen gegeben. „Es ist zu wenig, dass der Bürgermeister laut über die Vergabe weiterer Gutscheine nachdenkt – das ist lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein!“, so Nepp in einer Aussendung der FPÖ.

Markus Wölbitsch, Klubobmann der Wiener ÖVP, forderte rasche Hilfe. „Bislang hat die Stadt Wien vom Gesellschafterzuschuss gerade einmal 5 Prozent dieser Hilfsmittel ausbezahlt. Die Krise wird sich aber nicht an das beschauliche Tempo der Stadtregierung anpassen“, so Wölbitsch in einer Aussendung.