Ulrike Dobes und Gerhard Pürstl
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Chronik

Pürstl zu Demo: „Nichts schief gelaufen“

Bis zu 2.000 Anzeigen nach den nicht genehmigten Demonstrationen gegen die CoV-Maßnahmen laut Innenministerium, 1.700 laut Wiener Polizei – für Polizeipräsident Gerhard Pürstl ist bei dem Einsatz „nichts schief gelaufen“.

„Wir haben als Polizei einen sehr herausfordernden Einsatz gehabt. Da kommen 10.000 Menschen zusammen, da gilt es eine ganz sensible Taktik anzuwenden, um Eskalation zu verhindern, Ausschreitungen oder Gefährdung der körperlichen Sicherheit. Das ist gelungen, es ist im Wesentlichen nichts passiert“, erklärte Pürstl am Montag in „Wien heute“.

1.700 Anzeigen sind laut Pürstl „wegen Verwaltungsübertretungen, wegen Verstößen gegen Corona-Maßnahmen“ erstattet worden: „Die Polizei ist hier konsequent eingeschritten. Es braucht immer eine gewisse Balance, aber Bilder wie wir sie aus Deutschland oder Holland kennen, das will niemand sehen. Wesentlich war ein ruhiger Einsatz ohne Verletzte, ohne Eskalation, aber doch das notwendige Einschreiten. Letztlich können wir zufrieden sein.“

Polizeipräsident Gerhard Pürstl zur CoV-Demo

Polizeipräsident Gerhard Pürstl nimmt Stellung zur Kritik an der Polizei bei der verbotenen CoV-Demo am Sonntag.

Weitere Untersagungen von Kundgebungen möglich

Auch für die nächste Zeit rechnet Pürstl mit Anmeldungen für Kundgebungen, die entsprechend geprüft werden sollen: „Die Teilnehmeranzahl bestimmt zu einem gewissen Mass auch die Anzahl der eingesetzten Polizisten, neben der Gefährdungseinschätzung. Wie beurteilen wir mögliche Gewaltausbrüche, mögliche Exzesse, demnach gehen wir vor in der Einschätzung, wie viele Beamte wir bei dem Einsatz brauchen werden.“

Dass die Demonstrationen am Sonntag nicht schneller aufgelöst wurden, da ja keine Genehmigung vorlag, argumentierte Pürstl mit „Eine Untersagung richtet sich nur an den Veranstalter, nicht an jene, die an den Versammlungsort kommen wollen. Wir müssen dann neuerlich prüfen, ob das, was sich abspielt, ident ist mit dem Untersagten und nochmals Gründe für eine Auflösung abwägen. Das haben wir auch relaitv schnell gemacht, aber wenn binnen weniger Minuten die Teilnehmerzahl von hunderten auf tausende anschwillt, dann ist es sehr herausfordernd, besonders für die Mannschaft, die draußen steht.“

Einen Vergleich mit dem Polizeieinsatz gegen 160 Personen, die in der Vorwoche gegen die Abschiebung von Wiener Schülerinnen demonstriert hatten, lehnte Pürstl ab: „Da ist es nicht um die Demonstration gegangen, sondern dass die Straße und eine Ausfahrt eines Polizeigebäudes blockiert wurde. Es gibt hier nicht wirklich Vorwürfe wegen groben Einschreitens, da muss man schon die Kirche im Dorf lassen.“

Fotostrecke mit 20 Bildern

Teilnehmer an „Spaziergang“ gegen Corona-Maßnahmen auf der Ringstraße
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Teilnehmer an „Spaziergang“ gegen Corona-Maßnahmen mit Transparenten auf der Ringstraße
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„Spaziergang“ gegen Corona-Maßnahmen auf der Ringstraße
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Teilnehmer an „Spaziergang“ gegen Corona-Maßnahmen auf der RIngstraße
APA/Herbert Neubauer
„Spaziergang“ gegen Corona-Maßnahmen auf der Ringstraße
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Teilnehmer an „Spaziergang“ gegen Corona-Maßnahmen und Polizisten auf der Ringstraße
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Teilnehmer an „Spaziergang“ gegen Corona-Maßnahmen mit Polizisten
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Polizisten auf der Ringstraße
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Teilnehmer an „Spaziergang“ gegen Corona-Maßnahmen auf der Ringstraße
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Teilnehmer an „Spaziergang“ gegen Corona-Maßnahmen auf der Ringstraße
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Polizisten auf der Ringstraße
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Teilnehmer an „Spaziergang“ gegen Corona-Maßnahmen und Polizisten auf der Ringstraße
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Teilnehmer an „Spaziergang“ gegen Corona-Maßnahmen auf der Ringstraße
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Teilnehmer an „Spaziergang“ gegen Corona-Maßnahmen beim Museumsquartier
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Teilnehmer mit rot-weiß-roten Fahnen bei „Spaziergang“ gegen Corona-Maßnahmen vor MuseumsQuartier
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Polizisten und Teilnehmer von „Spaziergang“ gegen Corona-Maßnahmen beim MuseumsQuartier
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Teilnehmer an „Spaziergang“ gegen Corona-Maßnahmen in der Mariahilfer Straße
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Teilnehmer an „Spaziegang“ gegen Corona-Maßnahmen
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Teilnehmer bei „Spaziergang“ gegen Corona-Maßnahmen am Maria-Theresien-Platz
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Teilnehmer an „Spaziergang“ gegen Corona-Maßnahmen am Maria Theresienplatz
APA/Herbert Neubauer

Großteils Verstöße gegen Covid-19-Bestimmungen

1.766 Personen wurden allein bei der Versammlung am Sonntag angezeigt, heißt es in einer Aussendung des Innenministeriums. In einer ersten Bilanz zum Polizeieinsatz war von rund 850 Anzeigen die Rede. Zusätzlich wurden laut Ministerium am Wochenende in Wien 13 Demonstranten vorläufig festgenommen – davon elf am Sonntag.

Als Grund für den Anstieg bei den Anzeigen-Zahlen wird der hohe Personalaufwand bei dem Einsatz genannt. Daher räume man den Polizeistäben genügend Zeit ein, um die Statistiken in allen eingesetzten Einheiten genau zu erheben, hieß es.

Von den 1.766 Anzeigen am Sonntag waren 24 nach dem Strafrecht, 442 nach dem Verwaltungsrecht und der Rest wegen Verstößen gegen die Covid-19-Bestimmungen. Neun der elf Festnahmen am Sonntag erfolgten nach der Strafprozessordnung (worunter Widerstand gegen die Staatsgewalt fällt), zwei nach dem Verwaltungsstrafgesetz.

252 Neuinfektionen in Wien

Am Montag wurden in Österreich binnen 24 Stunden 1.124 CoV-Neuinfektionen gemeldet – davon 252 in Wien. Der Sieben-Tages-Schnitt beträgt in Österreich somit 1.400 Neuinfektionen täglich – somit doppelt so viele, wie als Zielvorgabe für das Ende des harten Lockdowns ausgegeben wurden.

Fünf Polizistinnen und Polizisten verletzt

Bei dem Einsatz am Sonntag wurden außerdem fünf Polizistinnen und Polizisten verletzt. „Es kann und darf nicht sein, dass Einsatzkräfte von gewaltbereiten Gruppierungen angegriffen werden. Das ist eine absolute Grenzüberschreitung“, übte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) erneut Kritik.

Der Einsatz sei ganz besonders herausfordernd gewesen. Die Aufgabe hätte die Polizei "mit Konsequenz und Entschlossenheit gelöst“, befand Nehammer. Die rechtsextreme wie auch die linksextreme Szene in Österreich würden die besonderen Herausforderungen der Pandemie nutzen, um die rechtsstaatlichen Strukturen auszuhebeln und im Hintergrund ihre Ideologie zu transportieren. „Das Ziel dieser Gruppierungen ist die Schwächung der österreichischen Demokratie“, meinte Nehammer.

ÖVP fordert Rücktritte von FPÖ-Abgeordneten

Die nicht genehmigten CoV-Demonstrationen am Sonntag sorgten am Montag unterdessen weiter für hitzige Debatten. Nach ihrer Teilnahme an den Versammlungen am Sonntag sind für die ÖVP drei freiheitliche Nationalratsabgeordnete rücktrittsreif. Sicherheitssprecher Karl Mahrer nannte Christian Hafenecker, Dagmar Belakowitsch und Petra Steger in einer Aussendung ein „Corona-Leugner-Trio“. Diese hätten stolz ohne Einhaltung des Mindestabstands sowie ohne Mund-Nasen-Schutz für ein gemeinsames Gruppenfoto posiert.

Mit ihrer Anwesenheit und den im Vorfeld initiierten Aufrufen zur Demo-Teilnahme seien die FPÖ-Abgeordneten verantwortlich für die Ausschreitungen gegenüber Einsatzkräften sowie Passanten. Sie seien zudem offensichtlich bewusst zu „Gehilfen“ der rechtsextremen Szene mitsamt ihrer Interessen und Ideologien geworden: „Ihr Rücktritt ist die einzig logische Konsequenz“, findet Mahrer.

Nehammer für FPÖ „Lachnummer“

Die FPÖ sieht hingegen die Regierung, von ihr „Kurz-Truppe“ genannt, als rücktrittsreif. Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer erkannte bei der Volkspartei „geifernde Wortspenden“, die Ausdruck der durch die ÖVP forcierten und gleichzeitig gescheiterten Eskalationstaktik seien. Innenminister Nehammer bezeichnete der stellvertretende Klubchef überhaupt gleich als „Lachnummer“.

Die FPÖ hätte laut Amesbauer gerne die Verantwortung übernommen und im geordneten und sicheren Rahmen dem Protest eine Plattform geboten. Nachdem die „ÖVP-Truppe“ selbst davor nicht mehr zurückschrecke, erstmalig in der Zweiten Republik eine politische Kundgebung einer Parlamentspartei zu untersagen und das verfassungsmäßig verbriefte Grundrecht auf Versammlungsfreiheit mit Füßen zu treten, liege die alleinige Verantwortung für die Geschehnisse bei jenen, die diese Untersagung betrieben hätten.

Übergriffe auf Journalisten

Auf Twitter kursierten am Sonntagabend Videos, die Übergriffe auf Journalisten zeigten. Bisher habe kein Medienvertreter Anzeige erstattet oder sich bei den Kontaktbeamten der Wiener Polizei gemeldet, die störende oder rechtswidrige Handlungen gegen Pressemitarbeiter unterbinden sollen. „Die Journalisten sollen diese bitte in Anspruch nehmen und bei Vorfällen Anzeige erstatten“, sagte Polizeisprecher Daniel Fürst.