Die Tagesklinik im KH Nord
Astrid Schlesier
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Gesundheit

Psychiatrie für Kinder ab März zu Hause

Wien setzt einen großen Schritt bei der psychiatrischen Betreuung von Kindern und Jugendlichen. Die Psychosozialen Dienste und die MedUni Wien bieten ab März für zwei Jahre für 50 Klienten Betreuung zu Hause an. Sie müssen daher nicht stationär aufgenommen werden.

"Die Grundidee ist, dass man das genau so intensiv macht, wie man das im stationären Bereich machen würde“, sagte Paul Plener von der MedUni am Donnerstag. Georg Psota, Chefarzt der Psychosozialen Dienste Wien, betonte, dass es sich bei diesem „Home-Treatment“ nicht um einen einzelnen Hausbesuch handle, es sei vielmehr „quasi eine sehr intensive Behandlung zu Hause“. Je nach Bedarf sollen Ärzte, Psychologen, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Pfleger oder auch Ergotherapeuten zum Einsatz kommen.

„Man bietet einen therapeutischen Rahmen, der einer stationären Behandlung gleicht, hat aber den Vorteil, dass man das Kind nicht aus sozialen Bezügen herausnimmt“, sagte Plener. Manchmal brauche es eine stationäre Betreuung, manchmal nicht, erläuterte der Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der MedUni (AKH).

Psychiatrische Hilfe für Kinder zu Hause

Wien setzt einen neuen Schritt bei der psychiatrischen Betreuung von Kindern und Jugendlichen. Die Psychosozialen Dienste und die MedUni Wien bieten ab März für zwei Jahre für 50 Klienten Betreuung zu Hause an. Sie müssen daher nicht stationär aufgenommen werden.

Bessere, niederschwellige Verfügbarkeit

Angesprochen auf kürzliche Berichte aus dem AKH, wo auf der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie Patienten mit Behandlungsbedarf nachgereiht werden mussten, sagte Plener, das Home-Treatment-Projekt sei schon länger im Voraus geplant und nicht auf die Coronavirus-Pandemie ausgerichtet worden. „Nun passt es aber relativ gut“, so der Mediziner, weil dadurch eine Betreuung unabhängig von einem Spitalsbett möglich ist. Da habe es am AKH im Jänner eine Dynamik gegeben, die durch den Lockdown beeinflusst wurde.

Mit dem Projekt werde auch versucht, jene Kinder zu erreichen, die den Weg in die Psychiatrie nicht schaffen, so Patrick Frottier, Ärztlicher Leiter des Extended Soulspace im Krankenhaus Hietzing. Die Home-Treatment-Teams könnten dann rasch und niederschwellig helfen, erläuterte Projektkoordinatorin Sidonie Seywald. Wie häufig dann eine Behandlung zu Hause notwendig ist, hänge vom Krankheitsbild ab. Mögliche Betroffene könnten die Psychosozialen Dienste kontaktieren, sagte deren Chefarzt Georg Psota. Dann werde abgeklärt, „welche Maßnahme die beste ist“.

Rund 550 Kinder jährlich

In Wien gibt es jährlich rund 550 stationäre Aufnahmen von unter 18-Jährigen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, berichtete Ewald Lochner, Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt. Die Verweildauer beträgt im Schnitt 30 Tage. Wenn es die Ressourcen zulassen, sei es möglich, auch mehr als die 50 geplanten Kinder innerhalb des zweijährigen Zeitraums daheim zu betreuen.

Finanziert werde das Projekt von der Landeszielsteuerung der Stadt. Lochner richtete aber auch einen Appell an die Gesundheitskasse, sich zu beteiligen, „um eine dauerhafte Behandlung sicherzustellen“. Die MedUni wird die Effektivität des Home-Treatments mit einer Begleitforschung evaluieren.