Van der Bellen würdigte den Verstorbenen für dessen lebenslangen „Willen zu einem aufrechten Gang“. „Eine Stimme ist verstummt. Und es war nicht irgendeine Stimme“, sagte Van der Bellen. Brauer habe stets Stellung bezogen, aber ohne, dass seine Stimme laut oder aggressiv gewesen wäre. „Sie war gut vernehmbar, aber sie war leise – früher hätte man gesagt: nobel. Und nobel war seine ganze Person“, so der Bundespräsident.
Er erinnerte an Brauers Kindheit, die von Verfolgung durch die Nationalsozialisten geprägt gewesen sei. „Eine solche Kindheit kann niemand vergessen und soll auch niemand vergessen.“ In Brauers Fall sei sie „der Ausgangspunkt für eine Lebenshaltung, die von einem unerschütterlichen Humanismus geprägt war“, gewesen.
Familienmitglieder lasen Gedicht
Bei der etwa halbstündigen Trauerfeier, die wegen der coronabedingten Personenhöchstzahl von 50 unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, waren vorrangig Familienmitglieder anwesend. Brauers Töchter Timna, Talia und Ruth lasen während der Zeremonie „Die Freiheit“, ein Gedicht ihres Vaters, der auch Musiker, Maler, Grafiker und Bühnenbildner war.
Pianist Rudolf Buchbinder verneigte sich ebenfalls. „Freundschaft ist so selbstverständlich, wenn sie da ist. Wenn ich mir vorstellen soll, dass diese Selbstverständlichkeit nicht mehr möglich sein soll, erst dann spürt man, wie unselbstverständlich es ist, einen Freund zu haben“, sprach er zur Trauergemeinde. Er habe Arik Brauer immer für sein „Menschsein“ bewundert. Dieser sei für ihn wie ein Regenbogen gewesen – und ein Regenbogen sei auch mit Freundschaft zu vergleichen: „Es gibt keinen Anfang und kein Ende. Und es sind viel zu viele Farben, um sie zu beschreiben.“
Abschied von Arik Brauer
Drei Wochen nach seinem Tod haben sich am Dienstag Freunde und Familie von Arik Brauer verabschiedet. Bei der Trauerfeier am Zentralfriedhof war auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen anwesend.
Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler, das Ehepaar Samy und Haya Molcho und Danielle Spera, Direktorin des Jüdischen Museums Wien, fanden sich ebenfalls unter den geladenen Trauergästen. Im Anschluss an die Feierlichkeiten sollte die Urne im kleinen Familienkreis in einem Ehrengrab der Stadt Wien beigesetzt werden.
Brauer über seine jüdische Kindheit im „Dritten Reich“
Der Wiener Künstler Arik Brauer (1929–2021) erzählt, wie er den Zweiten Weltkrieg als Kind eines jüdischen Vaters und einer nicht jüdischen Mutter in Wien erlebte. Das Bild von einer gerechten Welt wurde für den damals Neunjährigen durch den „Anschluss“ Österreichs an Nazi-Deutschland jäh zerstört. Brauer erzählt, wie seine Mutter mit ihm und seiner Schwester auf der Flucht vor dem NS-Regime vergeblich versuchte, dem Vater in die Emigration zu folgen. Während sein Vater das NS-Regime nicht überlebte, entkam Arik Brauer mit viel Glück einer Deportation ins KZ und erlebte die Befreiung Wiens im Versteck als „U-Boot“. Brauer starb 2021 im Alter von 92 Jahren.
Kondolenzbücher am Vormittag in Halle 2
Die Öffentlichkeit hatte am Mittwoch ebenfalls Gelegenheit, von dem Maler, Grafiker, Bühnenbildner und Sänger Abschied zu nehmen. Zwischen 9.00 und 12.00 Uhr war die Halle 2 dafür geöffnet. Unter anderem wurden Kondolenzbücher aufgelegt. Auch dabei waren die CoV-Bestimmungen wie FFP2-Maskenpflicht und ausreichend Abstand einzuhalten. Ein Kondolenzbuch liegt auch bis 21. Februar im Jüdischen Museum (Dorotheergasse 11) auf.
Brauer verstarb am Abend des 24. Jänner im Alter von 92 Jahren. Am 4. Jänner 1929 in Wien als Erich Brauer geboren, hat er sich als großer „Universalkünstler“, wie ihn etwa auch Danielle Spera nannte, etabliert. Als Maler war er einer der Hauptvertreter der Wiener Schule des Phantastischen Realismus, Brauer reüssierte aber auch als Grafiker, Bühnenbildner und nicht zuletzt als Sänger („Sie ham a Haus baut“).